Review

"Inspired by a true story." Durch diese einleitenden Worte wirken Filme meist auch nicht glaubwürdiger, als die Zahnpasta, die alle Zahnärzte empfehlen. Denn abgesehen davon, dass es irgend eine Person, ein Ereignis oder gewisse Umstände im Film eine Rolle spielen, die es irgendwie so ähnlich auch tatsächlich mal gab. So auch geschehen auch bei Flyboys. Um es vornweg zu nehmen: Flyboys bietet nicht mehr historische Korrektheit als "The Texas Chainsaw Massacre" – und damit sogar noch weniger als "Pearl Harbor".



Die Flugstaffel "Lafayette Escadrille" gab es wirklich und in ihr flogen auch amerikanische Piloten. Damit erschöpft sich auch die historische Genauigkeit. Es wird auch nichts weiteres Wissenswertes über die Geschichte des ersten Weltkrieges dargeboten – nicht mal etwas Fiktives. Auch nicht in Hinblick auf die Tatsache, dass dies der erste Krieg war, in denen Flugzeuge als Kampfinstrument zum Einsatz kamen. Alles war der Film darüber preisgibt, dürfte jedem hinlänglich bekannt sein. Es gab einen Krieg, der fand auch in Frankreich statt, die Alliierten kämpften gegen die Deutschen, ein paar Soldaten stehen irgendwo im Schützengraben und es gab Flugzeuge und Zeppeline. Mehr gibt der Film nicht preis.



Das Grundprinzip ist bekannt und ähnelt sehr stark dem von Michael Bays Hochglanz-Action-Epos. Ein paar junge Männer, in der Blüte ihres Lebens stehend, melden sich als Piloten zum Krieg, um draufgängerische Helden zu werden, ohne dabei zu bedenken, dass im Krieg ja auch mal Menschen sterben. Natürlich steht hinter jedem der Jungen auch ein persönliches dramatisches Schicksal - doch dazu später mehr.



Da dieser Film ja nur durch die Geschichte inspiriert wurde, habe ich meine Ansprüche vorsichtshalber herabgesetzt und erwartete ein recht anspruchsloses aber modern in Szene gesetztes Action-Adventure; und so beginnt der Film auch. Die wenigen wichtigen Charaktere werden knapp vorgestellt und nach weniger als 15 Minuten stecken wir schon mitten in den Vorbereitungen zum Luftkampf.



Doch halt. Da war ja noch etwas. Richtig. Als wäre Pearl Harbor der Filmwelt keine Lehre gewesen, muss man natürlich auch hier wieder eine kitschige Romanze hineingestrickt werden, die im späteren Verlauf für immer mehr Logikfehler sorgt und den ohnehin schon schlechten Filmfluss weiter unterbricht.



Positiv sei jedoch anzumerken, dass eben diese Love Interest mit dem wohlklingenden Namen Lucienne (gespielt von Jennifer Decker) di wohl vielschichtigste und beste Schauspielerische Leistung des ganzen Films darbietet. Alle anderen Darsteller bleiben komplett austauschbar – leider auch Jean Reno. Schuld daran ist aber maßgeblich das Drehbuch, denn außer dem Liebespaar darf kaum ein Darsteller mehr als ein paar Sätze von sich geben. Die Dialoge bestehen meist nur aus wenigen Zeilen und sollen wohl in Kombination mit den aufdringlichen Score für etwas Dramatik sorgen – vergebens. So hat praktisch jeder der Nebendarsteller seine 60 Sekunden, in denen er etwas Dramatisches aus seinem Leben erzählen darf. Aber wen interessiert das schon, handelt es sich doch sowieso nur um Statisten.



Nachdem weder Story, Charaktere, Schauspieler noch historischer Hintergrund geboten werden, sollten wenigstens die Luftkämpfe überzeugen. Doch auch das geschieht nur bedingt. Die Flugszenen sind kurzweilig und schaffen zumindest ansatzweise etwas Spannung aufzubauen, auch wenn sie im Wesentlichen sehr vorhersehbar sind. Die CGI liefert zum Teil recht schöne Bilder, aber auch immer wieder einige Sequenzen, die qualitativ an die Zwischensequenzen eines 4 Jahre alten Videospiels erinnern. Der Realismus bleibt ganz klar auch hier auf der Strecke, denn die Flugzeuge vollführen einige Flugmanöver, die selbst mit den meisten Maschinen anfangs des zweiten Weltkrieges nicht möglich gewesen wären. Die Physik wurde bei der Modellierung der Flugszenen meist völlig vernachlässigt. Auch ist alles plötzlich immer zu schnell vorbei. Erst trifft niemand etwas und dann ist in wenigen Sekunden die ganze Sache erledigt und Sekunden später ist man schon wieder im Flieger-Pub oder bei der Geliebten. Solche unpassenden Szenensprünge gibt es immer wieder.



Doch damit nicht genug. Abseits der eigentlichen Luftkämpfe gibt es immer wieder Szenerien, die so dumm, naiv und unrealistisch sind, dass man nicht weiß, ob man lachen oder weinen soll. Wobei die ganz Dicken Dinger nur noch angedeutet und dann als geschehen dargestellt werden. So zum Beispiel Landungen bei finsterer Nacht, mitten in der Pampa, ganz allein, in mitten von Feinden, ohne Instrumente, ohne Beleuchtung, ohne vorherige Planung, ohne Erfahrung und vor allem ohne Motor (!!!). Dass das Flugzeug heil bleibt und der Pilot danach wieder startet setzt dem ganzen die Krone auf. Mehr Beispiele als Spoiler im Anhang.



Interessant wird auch jeden Fall die FSK Einstufung, denn generell ist der Film eindeutig auf die 12er/PG-13 Kategorie zugeschnitten. Doch viele Piloten werden hier von Maschinengewehrsalven regelrecht zersiebt. Für heutige Verhältnisse zwar recht unblutig, aber nicht ganz ohne. Auch das Abtrennen einer Hand welches ansatzweise gezeigt wird, könnte für jüngere etwas verstörend sein. Ich bin mal gespannt.




Fazit:

Unterm Strich bleibt also ein mäßig unterhaltsames Action-Adventure mit einer Portion Romantik, die den Film im Grunde weder besser noch schlechter, sondern nur länger macht. Die Handlung ist uninteressant, die Charaktere auch, die CGI meist zweitklassig, die SFX reisen keinem vom Hocker, der Score kennt nur zwei Stufen (extrem unauffällig oder extrem heroisch/dramatisch) und Spannung wird nur ansatzweise während der Kämpfe erzeugt. Einen Spannungsbogen, der sich durch den Film zieht, gibt es nicht. Der Film nimmt sich zudem viel zu ernst um locker unterhalten zu können und die Realismusschraube derart zu lockern. Auf der Habenseite steht noch eine solide Kameraarbeit, die uns einig schöne Aufnahmen am Boden und während der ruhigen Flugszenen beschert. Aufgrund letzerem bekommt der Film von mir ganz knappe 4 von 10 Punkten. Da lieber noch einmal Memphis Belle oder Top Gun anschauen. Ersterer kann wenigstens mit etwas mit Realismus, Geschichte und Dramatik aufwarten. Letzterer hingegen ist pure Unterhaltung.


p.s. Es gibt im Film eine Aufnahme in einer französischen Stadt, die man fast genauso (jedoch leicht digital überarbeitet) aus Tim Burtons "Sleepy Hollow" kennt. Zwischen beiden Schauplätzen liegen jedoch mehr als 100 Jahre und 10000 Kilometer.
Selbst wenn die Stadt tatsächlich in Frankreich liegt, hätte ein guter Location Scout eine solche Assoziation vermeiden sollen.



Anhang:

Hier eine kurze Auflistung der Szenen, die derart unrealistisch sind, dass sie selbst einem anspruchlosen Action-Adventure schaden können. Achtung SPOILER!!!



- Den Piloten ist es erlaubt private Flüge mit den Kampfmaschinen zu unternehmen, um die Geliebte zu besuchen und mit ihr einen Rundflug zu veranstalten - und das mitten im Krieg.

- so schwach und klapprig die Maschinen auch sind, sie schaffen es dennoch innerhalb weniger Sekunden mehrere hundert (vielleicht sogar tausend) Meter senkrecht nach oben zu steigen.

- Unser Held evakuiert seine Geliebte und ein paar Kinder als die Deutschen einfallen. Dazu klaut er sich mitten in der Nacht ein Flugzeug und macht los. Zur damaligen Zeit war ein Nachtflug schon ein Kunststück – die Orientierung ist schwer, man kann die Instrumente nicht lesen und eine Landung war nur auf einem gut vorbereiteten Landeplatz möglich. Dann aber noch in mitten von Feinden auf einem Feld zu laden – ohne Motor. Dies wird aber nicht gezeigt, sondern es wird einfach angenommen, dass er das schafft. Als er vor dem Start dann doch den Motor anlässt, fragt man sich, ob die Drehbuchautoren wieder zu Verstand gekommen sind, oder ob sie das weniger aus Realismus, vielmehr aus spannungstechnischen Gründen so arrangiert haben, denn die Deutschen werden jetzt auf ihn aufmerksam und ein weitere spannende wie unrealistische Szene folgt...

- Als unser Held nämlich mitten in der Nacht abhebt, stehen deutsche Soldaten vor dem Flugzeug auf der Landebahn und schießen. Diese werde mit der Bordkanone erledigt. Dumm nur, dass diese eigentlich gen Himmel zeigt. Selbst bei höherer Geschwindigkeit ist es praktisch unmöglich diese leicht nach unten zu neigen, so lang das Flugzeug noch nicht in der Luft ist und genügend Höhe hat. Das wäre jedoch nötig gewesen, bedenkt man in welche Höhe sie am Flugzeug montiert ist

- Ein Pilot legt eine Notlandung mitten auf einem zerbombten Schlachtfeld hin, auf dem ein Stellungskrieg tobt. Er ist unter seinem Flugzeug eingeklemmt. Dass die Alliierten nicht zur Hilfe kommen ist logisch, denn nicht ohne Grund saß man damals Wochenlang in den Gräben, da ein Verlassen den sofortigen Tod zu folge hätte. Doch unser Held landet etwas abseits der Geschehnisse – was natürlich wieder nicht gezeigt wird, weil es in dem Zerbombten Gebiet nicht möglich wäre. Sekunden später rennt er mitten übers Schlachtfeld zwischen den Fronten durch, um seinen Kameraden zu helfen – keine einzige Kugel trifft ihn auch nur ansatzweise.

- Als der abgestürzte Pilot nicht befreit werden kann, wird ihm vom Held mal eben schnell die eingeklemmte Hand mit einem Spaten abgeschlagen. Damit dies gerechtfertigt ist, wird das Wrack Sekunden später von einer Granate getroffen und explodiert. Kitsch pur. Es vergeht eine Ewigkeit, in der nicht auf das Wrack gefeuert wird, aber in exakt der richtigen Sekunde wird es getroffen - und irgendwie hat unser Held das auch noch geahnt.

- Der Pilot, der seine Hand "verloren" hat, taucht vorm finalen Kampf auf der Rollbahn mit einem Piraten-Haken auf und fliegt gleich wieder mit in den Kampf – ohne zuvor zu üben. Hätte man dann noch Leslie Nielsen im Rollstuhl mitfliegen lassen, wäre das nicht weniger realistisch, aber wenigstens etwas komisch gewesen.

- Natürlich schießt der Einhändige auch gleich ein paar deutsche Flugzeuge ab, die zuvor immer als überlegen dargestellt wurden.

- Nach dem finalen Großkampf landen alle restlichen deutschen in ihrer Basis – nur der Erzfeind nicht, der landet ohne ersichtlichen Grund auf sichere Distanz mitten im Grünen. Der Grund wird aber schnell klar: unser Held zerschießt mal eben die ganzen Flugzeuge und so bleibt nur Fiesling übrig, um sich im Duell zu stellen.

- Der Fiesling wird im Flug mit einem gezielten Schuss aus einem Revolver ins Auge getroffen. Selbst ein guter Schütze hätte beim beidhändigen Schießen am Boden Probleme auf diese Distanz überhaupt einen Menschen mit einer solchen Waffe zu treffen. Doch hier erschießt unser Held einhändig, während er sein Flugzeug fliegt, den Piloten eines anderen Flugzeugs – ohne dass ersichtlich ist, dass er jemals überhaupt eine Handfeuerwaffe benutzt hat – auch wenn er aus Texas stammt.

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