Review

 Der Film beginnt und man befindet sich im einen Kiosk. Der Kiosk ist voller Leute die alle entgeistert auf einen Fernseher starren, dort wird gerade von einem Mord Berichtet. Baby Diego wurde getötet, Baby Diego war 18 Jahre 4 Monate 20 Tage 16 Stunden und 8 Minuten alt, Baby Diego war der jüngste Mensch der Welt. Theo (Clive Owen) hat sich einen Cafe zum Mitnehmen geholt, um ihn herum fangen Leute an zu weinen, betroffen als wäre das eigene Kind gestorben, Baby Diego war das Kind der Menschheit. Er bahnt sich einen weg durch die Menge, irgendwie Gedanken versunken und geht raus, im Hintergrund wird über den Vorfall und Baby Diegos Leben berichtet, man erblickt ein futuristisches England, Busse fahren mit animierten Werbetafel und auch die Gebäude sind von Bildschirmen mit Werbung und Nachrichten übersät, Informationen an jeder Ecke. Aber ansonsten wirkt alles irgendwie zerfallen und dreckig. Es macht einfach keinen schönen Eindruck, sondern ist nur deprimierend. Wir schreiben das Jahr 2027 voller Trauer. Theo geht ein kleines Stück vom Kiosk weg zu einem Kasten der sich am Straßenrand befindet, stellt sein Cafe darauf um ihn in aller Ruhe ein wenig irischer zu machen…Kawumm! Der Kiosk in dem Theo eben noch war ist plötzlich mit einer Explosion in die Luft geflogen und er hat wegen der unmittelbaren Nähe und der Explosionsschockwelle nur noch ein Piepen auf den Ohren, viele Menschen sind dabei gestorben, ein Frau kommt mit ihren verlorenen Arm in der Hand zu vorschein und geht im Schockzustand in unsere Richtung. Theo ist völlig benommen und CUT! Hier endet die erste Szene in einem wunderbaren langen Take in Perfektion und voller deprimierender Atmosphäre, ein Indikator für die ganze Welt im Film.

 Nach dieser Anfangsszene war ich schon im Film und wollte nicht mal mehr blinzeln.
 Gerade die Kameraarbeit ist der helle Wahnsinn mit einer meisterlichen Anwendung die sich durch den ganzen Film zieht. Lange schöne Takes, ruhige Schwenker, ein Lichtspiel mit der Umwelt, einfach der perfekte Einsatz! Emmanuel Lubezki hat einen unvergesslichen Stil. Er hat mich auch schon in The New World und Ali vollstens überzeugt. In seinem Repertoire gehören unter anderen noch Rondezvous mit Joe Black, Burn After Reading, Sleepy Hollow und der kürzlich mit der Goldenen Palme ausgezeichnete The Tree of Life. Lubezki gehört zu den besten seines Fachs! Dazu hat Alfonso Cuarón einen fantastischen Schnitt abgeliefert und allein durch diese technische Inszenierung ist der Film schon was Besonderes.

 Auch der Score ist hier was ganz besonderes und mehr als nur passend zum Film. Zu einem wegen der melancholischen und deprimierenden Atmosphäre zu anderem auch von der Bedeutung des Soundtracks. Das Kindertotenlied, Nun will die Sonn‘ so hell aufgehn von Gustav Mahler. Gustav Mahler musste viel Leid ertragen da nicht nur viele seiner Geschwister im Kindesalter starben sondern eins seiner Kinder. Friedrich Rückerts hat hunderte Kindertotengedichte geschrieben nachdem zwei seiner Kinder gestorben sind. Von denen hat Gustav Mahler ein paar zu Musikstücken komponierte, da er seinem schmerzlichen Leid mitfühlte.

 Ich zitiere Nun will die Sonn‘ hell aufgehn:

Zitat: Nun will die Sonn' so hell aufgehn,
 Als sei kein Unglück die Nacht geschehn!
 Das Unglück geschah nur mir allein!
 Die Sonne, sie scheinet allgemein!
 Du mußt nicht die Nacht in dir verschränken,
 Mußt sie ins ew'ge Licht versenken!
 Ein Lämplein verlosch in meinem Zelt!
 Heil sei dem Freudenlicht der Welt!

Das Gedicht fasst den leiblichen schmerz des Verlustes zusammen und verdammt den Fortlauf des Lebens. Auch verstehe ich darin, dass man das Leben nicht verdammen sollte, sondern versuchen sollte weiterzumachen und die Kostbarkeit des jungen Lebens zu schützen und zu ehren.
 Selbst wenn alles in tiefer Trauer versinkt, sollte man die Hoffnung nicht aufgeben und alles tun um das Leben zu schützen und zu retten. Der Film zeigt genau das, das am Ende noch Hoffnung existiert und man für diese kämpfen sollte.

 Aber auch die weiteren Songs im Film sind positiv und passend zu erwähnen, dabei sind unter anderen Lieder von John Lennon, Paul McCartney, Deep Purple und Radiohead. Auch der Titelsong Fragments of a Prayer von John Taverne hat eine ganz besondere Atmosphäre.

 Die Geschichte basiert auf dem Buch The Children of Men (dt. Titel ist Im Land der leeren Häuser) von Phyllis Dorothy James und die Idee mit der kinderlosen Welt ist so sehr faszinierend. Das Buch kenne ich leider nicht, aber der Plot wurde prima im Film umgesetzt und er ist dramatisch und mitreißend. Aber auch die Action ist genau richtig eingesetzt. Die Welt ist wie bereits gesagt dreckig und kalt gestaltet und bietet dazu auch viele Details. Besonders interessant ist da, wenn man auf irgendwelchen Zeitungsauschnitte liest, dass z.B. Afrika und Kasachstan Nuklear angegriffen wurden und Millionen von Menschen dabei starben. Auch lässt sich aus einem Gespräch ableiten, dass in New York wohl ähnlich schlimmes passiert ist.

 Politisch ergreift Alfonso Cuarón mit Children of Men nicht wirklich Partei. Er stellt Regierung und Opposition (in diesem Fall das unzufriedene Volk) gleichermaßen positiv und negativ dar. Er bewegt sich auf menschlicher Ebene und beklagt den Umgang untereinander. Er als Mexikaner kennt sich wahrscheinlich gut mit dem Umgang von illegalen Einwanderern aus. Nicht weil er persönlich damit Erfahrung gemacht hat, aber die Situation zwischen der USA und Mexiko sollte ja bekannt sein.
 Er steht mit dem Film hinter dem Menschen und dem Leben, da gibt es eine Schlüsselszene relativ am Ende in einem Haus in dem man sehr schön sieht, wie gleich der Mensch ist und dass das Leben einen verzaubert.

 Alle Schauspieler liefern eine Tolle Performance ab und besonders Clive Owen hat hier die Rolle seines Lebens. Er überzeugt zu 100% und ist in solchen Rollen besser aufgehoben als in Actionstreifen wie Shoot ‘em up.

 Der Film bietet so viele unvergessliche Szenen. Einige sind einfach beeindrucken inszeniert, andere sind unglaublich herzergreifen und bewegend. Die Anfangssequenz, die Autofahrt, Die Flucht, Japsers letztes „Zieh an meinem Finger“, Im Haus am Ende und die Übernachtung mit dem Ereignis in der Nacht davor. Es gibt noch mehr, der ganze Film ist eigentlich unvergesslich und ist nicht ohne Grund mein Lieblingsfilm. Die drei Oscarnominierungen, Schnitt, adaptiertes Drehbuch und Kamera hat er voll und ganz verdient und ich hätte ihm auch alle gewünscht.

 Mein persönliches absolutes Meisterwerk, kein Film habe ich so oft gesehen und er begeistert mich immer wieder. In der besagten Szene im Haus habe ich auch jedesmal Tränen in den Augen, da ich diese emotional einfach nur wunderbar finde und sie mich tief wegen der Menschlichkeit berührt. Children of Men strahlt für mich Hoffnung auf was gutes aus, am Ende gibt es immer noch einen Funken Glück! 10/10

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