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Ich habe es gesehen…

Nein, nicht das Licht – das sehen nur Jennifer Love Hewitts Schützlinge in „Ghost Whisperer“ – sondern dieses Vakuum an guten Gags, dieses unterste Ende im Fass der Fässer für Dummheiten, diese Zeitverschwendung, dieser gequirlte Blödsinn, dieser Garant fürs Absterben jeglicher Gehirnzellen. Wer dachte, dass das mit „Kopf-auf-etwas-Hartes-schlagen“ am schnellsten geht, sehe sich, entgegen aller Warnungen, diese Anhäufung von Albernheiten an, denn das geht noch bedeutend schneller.

Solch einen Film wie „Little Man“ kann das Kino in der Sneak aber auch nur zu einer Zeit zeigen, in der theoretisch viel Gutes anläuft, der Saal mit großen Erwartungen ausgestattet und gefüllt ist und dann mit diesen Hoffnungen wie eine volle Windel, die eine Klippe heruntergeworfen wird, am Boden zerplatzt und nur Dreck hinterlässt.

Dreck – gutes Stichwort.
Was dem Publikum hier aufgetischt wird, ist als nichts anderes zu bezeichnen. Abgestandene, niveaulose und alberne Gags, die in einer hirnrissigen Verpackung präsentiert werden – irgendwo zwischen Gangsterrap und Vorschulhumor und zu Recht am oberen Ende der Bottom Top 100 in der IMDb.

Nach einem Überfall auf einen Juwelier versteckt Calvin (Marlon Wayans; „Scary Movie“), ein ca. 50cm großer, frischer Ex-Knacki, den Diamanten in der Tasche von Vanessa (Kerry Washington), deren Freund Darryl (Shawn Wayans; „Scary Movie“) gerne ein Kind mit ihr hätte. Doch sie will erstmal ihre Karriere auf Vordermann bringen und da passt ein Baby gar nicht in die Planung. Da trifft es sich gut, dass Calvin mit seinem Partner Percy (Tracy Morgan) plant, den Diamanten als Baby verkleidet wiederzubeschaffen. Dumm nur, dass die beiden noch Kinderlosen Gefallen am kräftigen, tätowierten und alle Frauen angrabschenden Kleinwüchsigen finden…

Man kann nicht mal postulieren, dass es immerhin gut anfängt.
Anfangs wird einem ein Haufen Klischees des Hip Hop präsentiert, leider unterstrichen durch eine komplett fehlgeschlagene deutsche Synchronisation, die die kurz eingestreuten Songs ins Lächerliche ziehen, was überdeutlich wird, als Percy „seinen“ Hit „Metzgerei“ (mit der Musik von 50 Cents „Candy Shop“) singt. Ob sich das auf Englisch besser anhört oder auch dort die Dummheit ein erstes Mal zu leuchten beginnt, kann man ohne Kenntnisse des Originals kaum sagen. Auf Deutsch aber geht der Witz völlig nach hinten los – aber immerhin reimt er sich.
Das Spiel mit den Hip Hop Klischees („Ich wurde zwar noch nie angeschossen, aber man hat mich schon mit einem Brecheisen verprügelt…“) wäre da schon besser, wenn es nicht bald ein jähes Ende fände, sobald die beiden „Ganxtas“ vor dem Haus der Diamanten aufbewahrenden Familie stehen, und schon kurz vorher von der Juwelierangestellten, einer etwas älteren Dame, die sich bestens im Hip Hop-Jargon auszukennen scheint und Percy „battlet“, einfach unglaubwürdig und dick aufgetragen wirkt.

Und danach überkommt einem nur noch ein Gefühl, wie auf der Titanic zu sein. Calvin wird als Baby verkleidet in einem Hundekorb vor die Tür von Darryl und Vanessa gestellt. Bevor er eingelassen wird, kommt ein Hund an und pinkelt ihn voll. Das ist der Moment, in dem der Film sinnbildlich den Eisberg rammt und von nun an beginnt, etwas schneller als die Titanic, zu sinken und spätestens zur Halbzeit schon verwest zu sein.

Gross Out-Humor scheint die bevorzugte Art und Weise der Wayans-Brüder zu sein, die Leute „zu unterhalten“. Dabei ist er hier vergleichsweise zu anderen Werken ihrerseits, wie zum Beispiel der „Scary Movie“-Reihe, etwas seltener vorhanden. Wenn er denn dann kommt, dann kommt er aber richtig, dazu richtig laut. Die Szene, in der Calvin bei Bauchschmerzen eine ganze Flasche… ich habe schon wieder vergessen, was genau es war… trinkt und es dann nicht mehr auf Toilette schafft, sondern mit schmerzverzerrtem Gesicht eine Minute lang vor Vanessa und Darryl steht und die Windel lautstark vollmacht, gab dem ganzen Blödsinn dann den letzten Rest. Das ist dermaßen übertrieben und unnötig ausgefallen, noch dazu ohne Sinn für Humor, und lässt selbst „The long Weekend“ und „Van Wilder“ verblassen, bei denen es nicht ganz so derb zuging. Und wenn doch, dann verteilt über den Film, in einzelnen Szenen aber dezenter.

Schade, dass so eine Szene direkt nach der witzigsten, besten, einzig passablen kommen muss. Denn das Geburtstagsfootballspiel ist dank einem Vater, der das Spiel sehr ernst nimmt und seinen Sohn zusammenscheißt, wenn er den Touchdown nicht erzielt, unterhaltsam. Aber nach ebenfalls einer Minute ist es auch schon wieder vorbei. Damit hat man aber alles Lustige gesehen, das seinen Weg in diesen Streifen fand.

Denn abgesehen vom seit Jahren nicht mehr lustigen Gross Out-Humor der hier eingestreuten Art, schaufelt „Little Man“ das Grab weiter, in dem „Scary Movie 4“ schon einige Zeit liegt: im Grab der sich unzählige Male wiederholenden Witze, die nicht beim ersten Mal ziehen und das am Ende des Filmes, nach dreistelliger Anwendung, auch nicht tun. Hier gibt es einige Actionszenen, bei denen immer jemand zu Schaden kommt – gegen den Kopf oder das beste Stück oder sich sonst irgendwie verletzt.
Bestes Beispiel dafür: Darryl und Calvin sind auf dem Spielplatz – Sport steht auf dem Plan. Darryl gibt dem Kleinen einen überdimensionalgroßen Baseballschläger für Kleinkinder in die Hand und Calvin beginnt, den Baseball zu vernachlässigen und kümmert sich um andere Bälle. Gleiches Spiel direkt danach mit einer Spielzeugrakete, die man in den Himmel schießen kann… oder weiter südwärts. Gefolgt wird das ganze von einem Spielzeugflugzeug, das bumerangartig natürlich wieder zurückkommt und die Weichteile Darryls malträtiert.
So groß die eigene Schadenfreude auch sein kann (meine ist es nicht im Übermaß), dass man 90 Minuten über so was lachen kann, ist einfach unverständlich. Gerade in Anbetracht, dass „Scary Movie 4“ an genau der gleichen Krankheit litt, immer und immer wieder ein und denselben Witz wiederzukäuen und damit kläglich scheiterte.

Direkt nach dem Knast hat Calvin natürlich schon lange keinen Spaß mehr gehabt – jedenfalls nicht ohne sich auf die Knie zu begeben (wobei er das bei seiner Größe wahrscheinlich nicht mal machen musste). Deshalb gräbt und grabscht er an allen gut aussehenden weiblichen Charakteren rum, schläft zwischenzeitlich mit Vanessa und will der blonden Freundin von Vanessa, Brittany (Brittany Daniel), an die Wäsche. Dass diese das bei ihrem negativen IQ nicht zulässt, wundert einen dann ein wenig. Aber das wäre wohl etwas, das nicht mal die Wayans-Brüder zeigen würden – dumme Blondine mit als Baby geglaubten Kriminellen. Aber selbst da merkt natürlich niemand, mit wem man es hier eigentlich zu tun hat. Dass er Wortfetzen kennt, die er gebraucht, wenn er es gerade als notwendig empfindet, liegt natürlich auch an der Intelligenz des Babys. Und dass Vanessa und Darryl ihn niedlich und sympathisch finden, dient auch nur der Story…

Man kann nicht einmal von handwerklicher Klasse, Güte oder wenigstens Durchschnittsarbeit sprechen, da Marlon Wayans als kleinwüchsiger Krimineller oder Baby nicht mal richtig als solches zu erkennen ist, da es ab und zu einfach wie eine Paint-Collage aussieht, wenn sein Kopf auf einen Kinderkörper gepappt wird. Somit zeichnet sich noch mal überdeutlich die Dummheit aller beteiligten Personen ab, die einfach nicht merken, dass das hier kein Baby ist – abgesehen vom Opa, der dann in die Klappse gesteckt wird, da er einen an der Waffel haben soll. Was für eine Ironie, gehören doch alle anderen dorthin…

Freundin: „Hast du schon einen schlechteren Film gesehen?“
Ich: „Eine Hand voll schon, aber sicher keine Komödie…“
Ein kurzer Dialog nach Ende der Vorstellung, obwohl „Amy’s Orgasm“, „Hanging up“ und „Siegfried“ sich noch ordentlich um den Titel schlagen könnten. Aber das Sinnieren da drüber wäre der Ehre zu viel…

Wurden die Drehbücher zu den „Scary Movie“-Filmen einzig durch den manchmal durchschimmernden guten Ansatz von Filmparodien gerettet, so fehlt der hier völlig, wobei der Humor ein ähnlicher ist – nur ohne Filmzitate. Das ist dann genauso geschmacklos, unlustig, debil und infantil, dass man sich nachher besser ein gutes Buch schnappt, um nicht kurze Zeit später in der Gummizelle zu landen und den Intellekt wenigstens ein bisschen zu erhalten.
Unlustig, wobei der in Relation zum Rest gute Ansatz der Verarsche von Hip Hop Klischees nie ausgenutzt wird, dumm, geschmacklos und bis ins kleinste Detail veraltet. Die Dummheit der Charaktere schreit an jeglichen Enden, da keiner bemerkt, was hier eigentlich Sache ist.
Manche im Kinosaal hätten sich an ihrem Lachen zwar fast verschluckt, aber die können nur eine ganz große Portion Galgenhumors von Gott mit auf den Weg bekommen haben.

Apropos Gottes Weg – abschließend rückblickend hätte ich doch lieber das Licht gesehen…

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