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Das Geheimnis der Liebe ist größer, als das Geheimnis des Todes. (Oscar Wilde)

Der Originaltitel dieses Beitrags aus der Reihe mit dem Motto Films to keep you awake lässt sich mit "Heimkehr zu Moira" übersetzen, wobei mit Moira eben jenes Gespenst gemeint ist, das der deutschen Fassung ihren englischen Titel gibt. Wie schon so oft mögen sich auch hier die Geister dran scheiden, ob die Einordnung als Horrorfilm nach modernen Sehgewohnheiten zutreffend oder eher irreführend ist. Wer seinen Edgar Allan Poe kennt und schätzt, für den wird sich die Frage erübrigen, ebenso für all diejenigen, deren Erwartungshaltung ohnehin nicht (nur) von Schubladendenken bestimmt ist. Wer mit einem Horrorfilm jedoch ausschließlich grafisch dargestellte Grausamkeiten oder ähnlich explizite Darstellungen assoziiert, für den könnte "Spectre" wohl eher eine Geduldsprobe darstellen, die sich aufgrund unerfüllter Erwartungen am Ende unter Umständen nicht lohnen wird.

Zurückgezogen verbringt der Schriftsteller Tomás seinen Lebensabend, bis er eines Tages eine Tarot Karte erhält, die Karte der "Liebenden", die für ihn eine Nachricht aus der Vergangenheit darstellt - eine Erinnerung an eine alte Liebe und ein tragisches Ereignis in seiner Jugend. Noch einmal macht sich Tomás daraufhin auf den Weg in seinen Heimatort, um sich dort nach über vierzig Jahren den Geistern der Vergangenheit zu stellen.

Obwohl die Handlung in überwiegend leisen Tönen und ruhigen Bildern erzählt wird und auch der Spannungsbogen bis zum Ende des Films zwar kontinuierlich, aber insgesamt doch eher moderat ansteigt, schafft es Mateo Gil der melancholischen Schauergeschichte eine sehr einnehmende Wirkung zu verleihen. Die knapp achtzig Filmminuten vergehen wie im Flug, obwohl die Inszenierung den einzelnen Szenen viel Raum zum atmen lässt. So steht am Ende des Films auch der Eindruck einer sehr gut erzählten Geschichte, was ja durchaus eine Kunst für sich ist.

Zwar ist die Methode, innerhalb der Erzählung zwischen zwei Zeitebenen - der Gegenwart und den Ereignissen in Tomás' Jugend - hin und her zu pendeln, nicht gerade innovativ, aber die Umsetzung erzeugt durch gelungene Übergänge ein sehr homogenes Gesamtbild. Dadurch entsteht einerseits inhaltlich kein Bruch und andererseits erhält Tomás als Protagonist eine gewisse Tiefe, obwohl seine Figur - wie alle anderen Beteiligten auch - im Verlauf der Handlung kaum näher beschrieben oder charakterisiert wird.

Im Grunde ist "Regreso a Moira" eine tragische Liebesgeschichte, deren Figuren motiviert durch Liebe und Hass, Begierde und Eifersucht, Glaube und Aberglaube folgenschwere Taten begehen. Als transzendentes Element - man ahnt es bald - findet sich einmal mehr die Vorstellung einer Liebe, die über den Tod hinaus geht. Aus diesen Zutaten komponiert Mateo Gil eine wehmütig anrührende Geistergeschichte, die er in vorwiegend tristen, aber bisweilen auch sehr poetischen Bildern festhält. Exemplarisch sei eine Szene genannt, in welcher - in der leidvollen Vorstellung des jungen Tomás! - die ungezählten Liebhaber Moiras zum nächtlichen Schäferstündchen den Hügel zu deren Haus hinaufströmen. Damit erklärt Gil mit einfachsten figurativen Mitteln das Gift der Eifersucht - überzeugender, als es in manch einem dicken Buch steht.

Zur verzweifelten Tristesse des jungen Tomás, dem nicht mehr als wenige, flüchtige Augenblicke unbeschwerten Glücks vergönnt sind, gesellt sich zudem noch die morbide Faszination von Vergänglichkeit und Tod, personifiziert durch die wiederkehrende Erscheinung eines in weiße Mullbinden gehüllten Kadavers. Wer mag, kann darin auch einen Verweis auf die Macht des Gewissens und eine grundlegende menschliche Erfahrung sehen: An manche Dinge müssen wir uns erinnern, manche Dinge dürfen wir vergessen. Nicht immer können wir zwischen beiden Möglichkeiten wählen.

7,5 / 10 Leichentüchern.

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