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Zufällig trifft Ismael eine junge Frau, die als kleines Mädchen mit ansehen musste, wie er bei einem Überfall ihre Mutter erschoss. Der Muttermörder befürchtet nun, die psychisch angeschlagene junge Frau könne sich an seine Tat erinnern. Anderseits ist er mehr und mehr von ihrer kindlichen Unschuld fasziniert. In Juanma Bajo Ulloas visuell aufregendem zweiten Spielfilm «La madre muerta» entwickelt sich eine bizarre Beziehung zwischen dem brutalen Mörder und dem unschuldigen Entführungsopfer.

Der skrupellose Verbrecher Ismael (Karra Elejalde) erschiesst bei einem Einbruch die Frau des Hauses. Leire, die kleine Tochter der Toten, schaut verängstigt zu, bevor sie ebenfalls angeschossen wird. Jahre später begegnet Ismael der mittlerweile erwachsenen, aber traumatisierten jungen Frau, die weder spricht noch verstehen kann, was andere ihr sagen. Trotzdem hat er die fixe Idee, die schöne junge Frau könne eines Tages doch noch als Zeugin gegen ihn aussagen. Seine Freundin Maite (Lio) drängt ihn, die Sache in Ordnung zu bringen, und das kriminelle Pärchen entführt die hilflose Leire. Ismael kann sich jedoch nicht dazu durchringen, die junge Frau gleich zu beseitigen, und fordert Lösegeld vom Waisenhaus, in dem sie lebt. Während sie auf die Antwort warten, entwickelt sich zwischen dem hartgesottenen Kriminellen und der unschuldig-kindlichen Leire nach und nach eine bizarre Verbindung. Der eifersüchtigen Maite gefällt diese Entwicklung ganz und gar nicht...

Die verstörende Beziehung, welche sich zwischen dem skrupellosen Mörder Ismael und der sprachlosen Leire entwickelt, schwankt zwischen Brutalität und Zärtlichkeit. Nach Worten des Drehbuch-Koautors Eduardo Bajo Ulloa muss man sich die Verbindung etwa so vorstellen, wie wenn sich der böse Wolf mit Rotkäppchen einlassen würde. Der Regisseur meint dazu: «Wir leben in einer chaotischen Welt. Wenn ein Mensch, der ein bewusster und aktiver Teil dieser Welt ist, durch Zufall auf die absolute Unschuld trifft, hat er nur zwei Möglichkeiten: Er kann diese Unschuld bestreiten, sie in Frage stellen und versuchen, sie zu zerstören; oder er kann sie akzeptieren und sich selbst zerstören. Der Mörder Ismael ist das Versuchskaninchen dieses qualvollen Experiments mit Menschen.» Mehr noch als Ulloas Erstling «Alas de mariposa», den «Delikatessen» eine Woche zuvor zeigte, ist «La Madre muerta» ein bildstarkes Beispiel einer sehr eigenwilligen Form von moderner Schauergeschichte. Die eleganten Bilder stammen denn auch vom Amenábar-Kameramann Javier Augireesarobe. Der baskische Thriller wurde an mehreren Festivals ausgezeichnet.

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