BATTLEGROUND
“Battleground” ist die einzige Episode, die dem Band “Nachtschicht” entnommen wurde. Sie klingt auf dem Papier recht spektakulär, versprach tatsächlich allerdings, verfilmt eine Witznummer zu werden. Miniatur-Plastiksoldaten, die einen Profikiller in seiner eigenen Wohnung attackieren, das ruft Assoziationen zu den heute eher amüsanten als schreckenerregenden Fünfziger Jahren hervor - nur dass wir nun die Perspektive des Monsters einnehmen.
Mit der Macht des geschriebenen Wortes lässt sich das noch recht einfach zu einer beunruhigenden Situation umschreiben. Stephen King gelang es, aus einer harmlosen, ja skurrilen und vom Opfer fast schon mit spielerischem Interesse verfolgten Ausgangslage einen Kampf ums Überleben zu zaubern. Die zermürbende Penetranz der kleinen grünen Wichte und ihr immer destruktiver werdendes Arsenal bringen den Riesen zum Wanken, sie fügen ihm mit Mini-Bajonetten winzige Schnittwunden zu und reißen mit Stecknadelkopf-Kügelchen unsichtbare Löcher in die Haut des Mannes, dessen Perspektive wir einnehmen.
Die perspektivische Ausrichtung war schon Herz und Seele des russischen Kurzfilms “Srajenie”, der die King-Story per Rotoskopverfahren bereits in den Achtziger Jahren verfilmte. Hier galt es, den angegriffenen Mann einer permanenten Welle von Attacken auszusetzen, so dass das rationale Denken für das instinktive Handeln Platz machte. Einfach die Haustür zu öffnen und das Apartment über die Treppe zu verlassen, war keine Option, denn der Blick auf die Tür wurde von Sperrfeuer abgelenkt, das unter dem Sofa hervortrat, und Hubschraubern, deren Rotorenblätter empfindliche Schnitte in die Kopfhaut des schreienden Giganten setzten.
Die totale Intensität und hektische Egoperspektive geht der Verfilmung für die Kurzgeschichten-Anthologie “Nightmares & Dreamscapes” nun zwar ab, ansonsten ist das Resultat aber erfreulich seriös geworden. Die Entscheidung, keine Figur auch nur einen Satz sprechen zu lassen, wird dazu beigetragen haben, denn lässige Oneliner haben nun keine Chance - Schmerzens- und Überraschungsschreie sind die einzigen Töne, die dem Munde William Hurts erfahren.
Hurt, dessen Nachname in etwa schon andeutet, worum es im folgenden geht, ist vermutlich der entscheidende Faktor, wegen dem das ganze Spektakel überhaupt funktioniert. Das überzogene Spiel, das man ihm in Cronenbergs “A History of Violence” noch zur Last gelegt hatte, kommt hier in keiner Sekunde zur Anwendung - im Gegenteil, selbst in Anbetracht der kuriosesten Situation weiß er seine Rolle stets authentisch zu gestalten. Das Verhalten in der Wohnung wird durch die Einführung seiner Person bei einem Auftrag schon vorbereitet und entwickelt sich entsprechend logisch fort. Unser Wissen um die Tatsache, dass die Hauptfigur beruflich Menschen tötet, lässt sie im Kampf der - wie man es in der Biologie formulieren würde - “r-Strategen” gegen die “k-Strategen” (hohe Anzahl gegen Größe und Stärke) als gewitzten Gegner dastehen, der durchaus dazu in der Lage ist, seine strategischen Vorteile zu erkennen und sie entsprechend einzusetzen.
Wer nun aufgrund von Kings hektischer Beschreibung der Aktivitäten der grünen Kriegsarmada ein Effektespektakel erwartet, könnte sich getäuscht sehen; das “Spiele-Set” in der Verfilmung enthält leider viel weniger Figuren als in der Short Story. Abgesehen von Fußsoldaten, Jeeps, Hubschraubern und Granatenwerfern traut sich nichts aus dem Paket heraus. Allerdings ist alles angenehm unaufdringlich getrickst. Reale, im Plastiklook aufgemachte Darsteller wurden über weite Strecken schlicht, aber effektiv auf den Apartment-Fußboden kopiert, sich mit Absicht in künstlichen Gesten fortbewegend, um dem Szenario einen betont phantastischen Anstrich zu verleihen. Wenn aufwendigere Perspektiven zum Einsatz kamen, bemühte man auch mal CGI-Figuren, aber auch das stets mit der nötigen Diskretion.
Was bei allem Amüsement für das absurde Kriegsspektakel letztendlich ein wenig fehlt, ist die zentrale Einbindung des Zuschauers mitten ins Kampfgeschehen. Leider fungiert man trotz der totalen, die Atmosphäre fördernden Dialogstille und der sehr guten Performance Hurts eher als Beobachter aus der dritten Person. Das schadet der Effektivität der Geschichte, die eigentlich davon lebt, dass man sich so fühlt, als würde man selbst beschossen werden. Nun schaut man eher dabei zu, wie jemand anders beschossen wird. Die Attacken sind zudem nicht zwingend genug, so dass manchmal tatsächlich Fragen nach logischen Ungereimtheiten aufkommen; weshalb der Mann nicht auf der Stelle sein Apartment verlässt; weshalb er nach dem Erlebten den Aufzug besteigt und nicht den sicheren Weg über die Treppe nimmt und ähnliches.
Auch wenn die ursprüngliche Intensität des Dauerbeschusses nicht ganz reproduziert werden kann - “Battleground” macht sich in der Summe ganz gut. William Hurt legt sich mächtig ins Zeug, der Kampf erscheint taktisch ausgeglichen und somit spannend und die Effektearbeit ist unaufdringlich und solide. Zu dem originaluntreuen Anhang im Aufzug kann man stehen, wie man will; Fakt ist, durch das Hulk-Rambo-Geschöpf, das zum Mini-Endgegner aufgebaut wird, weckt man schließlich inkonsequenterweise doch noch den Humor aus dem Tiefschlaf und der große Knall am Ende kann niemanden mehr überraschen. Trotzdem ein ansprechender Auftakt für die 8-teilige Serie, der die hohe Wertschätzung der Leser gegenüber der Vorlage zumindest ansatzweise auf die Verfilmung übertragen kann.
6.5/10