AUTOPSY ROOM FOUR
“At some point I think every writer of scary stories has to tackle the subject of premature burial, if only because it seems to be such a pervasive fear.”
Diesem Zitat zufolge scheint Stephen King einem inneren Zwang erlegen zu sein, sich wenigstens einmal mit der Taphephobie zu befassen, einer Urangst, lebendig begraben zu werden - oder wie in diesem Fall eben eine Autopsie am lebendigen Leibe mitzuerleben. Obwohl die Kurzgeschichte selbst eher jüngeren Datums ist (Erstveröffentlichung 1997), ist der Gegenstand eigentlich als klassisch zu bezeichnen, geht er immerhin mindestens bis zu Edgar Allan Poe zurück, der die Phobie in einigen seiner Werke exzessiv verarbeitete. Außerdem hatte sie früher einen wesentlich realeren Hintergrund als heutzutage, da es heute aufgrund verbesserter Diagnosetechniken kaum mehr geschehen kann, dass man im scheintoten Zustand begraben wird.
“Autopsy Room Four” versucht, der Thematik mit Humor zu begegnen. Von Beginn an begleitet ein hysterischer Off-Kommentar als Stimme des vermeintlich Toten die Autopsie. Aufgrund der völlig überzogenen Panik des Opfers entsteht aus dem grausigen Szenario schon recht bald eine Situationskomik, die von Mikael Salomon - der auch “The End of the Whole Mess” drehte - so durchaus gewollt ist. Leider zu sehr: die Monologe sind bemüht schräg und nur selten können sie treffende Pointen generieren. Damit hat die Episode im Grunde schon verloren, denn wenn man sich auf das dünne Eis begibt, eine prinzipiell äußerst schreckenerregende Ausgangskonstellation einem komödiantischen Weg zu opfern, so muss der Humor wenigstens ins Schwarze treffen - das tut er leider nicht.
Durch den saloppen Umgangston verliert die Countdown-Situation auch noch jegliche Spannung. Als es am Ende auf jede Sekunde ankommt, sitzt man doch eher dezent interessiert als angespannt im Fernsehsessel; man wüsste schließlich, dass der Mann auf em Autopsietisch selbst dann noch einen schrägen Spruch ablassen würde, wenn sein Brustkorb mit einer Zange auseinander gezogen werden würde.
Die eingestreuten Flashbacks um die Todesursache, und noch schlimmer und belangloser: um die Beziehungssituation zwischen dem Mann und seiner in diesem Moment trauernden Frau tragen auch nicht unbedingt zum Spannungsanstieg bei. Die Todesursache ist eine Afrikanische Baumschlange, die sich während einer Golfpartie auf den Spieler fallen lässt und ihn beißt. Dass man diese Begründung für die Todesstarre so schnell auf dem Tablett serviert bekommt, ist schade, denn später hätte man einen Surprise-Effekt durch die Vorenthaltung dieser Information noch verstärken können. Weshalb in den Flashbacksequenzen auch noch auf die Beziehung zur Ehefrau eingegangen wird, ist schleierhaft, weil diese Beziehung bis zum Schlussgag vollkommen irrelevant bleibt für die aktuelle Situation in der Autopsie.
Zu allem Überfluss wird dann auch noch eine Romanze zwischen zwei Medizinern eingebaut, und das relativ offensichtlich, um die Schach-Situation über die volle Laufzeit zu erhalten - schließlich gilt es, den “Patienten” volle 40 Minuten auf dem Tisch liegen zu sehen, ohne dass Schere und Kreissäge tatsächlich zum Einsatz kommen - dann wäre die ganze Geschichte ja schließlich vom Tisch. Die Verzögerungen wirken nicht selten ziemlich künstlich, um nicht zu sagen unlogisch.
Bei alldem bleibt Richard Thomas (spielte den Bill Denbrough in “ES”) als angebliche Leiche immerhin sympathisch genug, damit man das Interesse nicht vollends verliert. Seine Performance als Lebendiger wie Toter ist ordentlich, wobei ihn letzteres nicht vor allzu große Probleme gestellt haben dürfte, und für die schwachen Dialoge seiner Off-Stimme kann er schließlich auch nichts.
Fazit: Misslungener komödiantischer Ansatz für eine Grundidee, die mir eher für eine Umsetzung mit Betonung auf den psychologischen Horror prädestiniert scheint. Dass man jedoch auch diese Thematik auf gelungene Weise mit schwarzem Humor vermischen kann, hat die “Geschichten aus der Gruft”-Folge “Abra Kadaver” mit Tony Goldwyn in der Hauptrolle bewiesen, die man im Zweifelsfall auch aufgrund der innovativeren Regie von Stephen Hopkins vorziehen sollte.
4/10