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Ursprünglich als Chuck Norris' Debüt in der Rolle des Colonel Braddock gedacht, endete der Gefangenenlager-Radau „Missing in Action 2 - Die Rückkehr" schließlich als ein Jahr später releastes Prequel zum Joseph-Zito-Klassiker „Missing in Action", welcher zunächst als Fortsetzung veranschlagt war. Die Änderung der Reihenfolge erweist sich als Glücksgriff, denn so ist die „Missing in Action"-Reihe geprägt von einer steten qualitativen Steigerung: Zwischen dem eher lahmen, hauptsächlich vom Kultbonus zehrenden ersten und dem den vielleicht besten sämtlicher Norris-Kracher markierenden dritten Teil nimmt „The Beginning" eine gefällige Position unterhaltsamen oberen Genredurchschnitts ein. Viel kann ohnehin nicht schiefgehen, wenn Chuck Norris für Cannon in die Schlacht zieht.

Während des Vietnamkriegs wird der Helikopter von US-Colonel Braddock (Chuck Norris) und seinen Leuten in der grünen Hölle abgeschossen und sie geraten in Kriegsgefangenschaft. Zehn Jahre später versauern die Amerikaner lange nach Kriegsende noch immer als Gefangene in einem vietnamesischen Dschungelcamp. Der Kommandant müht sich vergeblich, Braddock dazu zu bringen, ein Geständnis amerikanischer Kriegsverbrechen zu unterzeichnen. Als sich nach einer Dekade Qual und Folter schließlich die Gelegenheit ergibt, proben Braddock und seine Jungs den Aufstand und legen das Lager in Schutt und Asche...
Warum diese Gelegenheit zehn Jahre auf sich warten ließ, ist angesichts von Braddocks simpel getrickster Einleitung der Flucht und Gegenwehr zwar absolut schleierhaft und unglaubwürdig und die Story ein dezenter Hauch von nichts, doch dafür schaut man sich eine 80er-Jahre-Norris/Cannon-Kooperation ja auch nicht an.

Bis der gute Chuck allerdings loslegen darf, vergeht eine geschlagene Stunde, die der Film mit sadistischen Psychospielchen im Lager füllt, welche unter anderem die ungemein kultige Ratte-im-Sack-Szene beinhalten, weitgehend allerdings ohne grafische Folter auskommen. Gerächt wird dann in der letzten halben Stunde, jedoch bedauerlicherweise zu zerfahren, um allzu große Intensität zu entfalten: Braddock flieht in den Busch, schaltet einige Wächter aus dem Hinterhalt aus, versteckt sich wieder, sprengt ein paar Hütten in die Luft, sammelt ein paar Leute ein und kehrt in den Busch zurück und so weiter und so fort. Wo ein Film wie der fünf Jahre später folgende Überkracher „Delta Force 2" seinen Showdown ebenfalls eine halbe Stunde vor Schluss beginnen, diese dann aber auch mit Nonstop-Action ausfüllen sollte, zerhackt „Missing in Action 2" seinen absolut solide inszenierten Krawall immer wieder mit unnötigen Ruhepausen. Da wäre eine auf den unmittelbaren Schluss komprimierte Metzel-Ballung wirkungsvoller gewesen als die hier gebotene Abfolge für sich gesehen stets zu kurz geratener Einzelscharmützel. Immerhin qualitativ gibt es an diesen jedoch wenig auszusetzen: Die Explosionen sind groß und chic, die Shootouts von charakterstischem 80er-Charme und das finale Martial-Arts-Duell zwischen Braddock und dem Kommandanten einer der besten Fights der gesamten Norris-Filmografie.Dabei kickt der gute Chuck in „Missing in Action 2" nicht nur gewohnt überzeugend, einmal variiert er sogar seinen Gesichtsausdruck, als die Ermordung eines Kameraden Braddock beinahe Tränen in die Augen treibt - ein dem Weinen naher Chuck Norris, das stelle man sich einmal vor.

Fazit: „Missing in Action 2" ist besser als der erste, wenngleich weit schwächer als der großartige dritte Teil der 80er-Kultreihe und erweist sich damit als grundsolide Unterhaltung für Fans des Genres und vor allem seiner kultigen Ausprägung in dieser wundervollen Dekade: Die Action startet spät und kommt nicht geballt genug, lässt qualitativ aber wenig Wünsche offen und gipfelt in einem absolut großartigen Martial-Arts-Showdown-Duell. Ein absolut gefälliges Werk aus der Hoch-Zeit des Kampfkunst-Stoneface. Chuck Norris doesn't shower. He takes blood baths.

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