Review

Diary Of A Cannibal
(Sunfilm Entertainment)

Regisseur Ulli Lommel ist schon ein Phänomen. Nahezu talentfrei übersteht er die Jahrzehnte im Dunstkreis erfolgreicher Kollegen. Sei es als Darsteller unter anderem in Russ Meyer Filmen Anfang der 60er, ab Anfang der 70er dann seine darstellerisch produktivste Phase als permanentes Ensemblemitglied der Fassbinder-Crew, später dann nur noch punktuell in einigen unbedeutenden C-Filmen. Das er dazu seit etwa 35 Jahren ständig selber Filme dreht, macht ihn zu einem der produktivsten Filmschaffenden der letzten Jahre, wobei sein Werk einen allerdings fragwürdigen Ruf genießt, ist es doch im Normfall nie über den Amateurstatus hinausgekommen. Sein wohl größter Erfolg dürfte The Boogey Man aus dem Jahre 1980 sein, dem er allerdings dann auch nichts gleichwertiges mehr nachlegen konnte.
Seit Anfang 2000 nun folgte wieder eine unglaublich produktive Schaffensperiode, aus der zum Teil bis zu fünf Filme pro Jahr entstehen können.
Seit geraumer Zeit nun macht er im filmischen Sektor durch eher fragwürdige Filme über berühmte Serienmorde (Zodiac, BTK Killer, Son Of Sam) von sich reden, so liegt auch dem vorliegenden Film offensichtlich in Gedanken der bekannte Fall zu Grunde. Dass es Ulli Lommel dabei weniger um eine authentische Abhandlung als eher eine absolut freie Interpretation geht, versteht sich von selbst. So haben weder die Zodiac – Filme, als auch Diary of a Cannibal auch nur im entferntesten etwas mit den realen Fällen zu tun.
So wird hier der in der Realität männliche Part der Internetbeziehung durch eine etwas verträumt wirkende, jedoch sehr nett anzusehende Frau namens Noelle ersetzt, die von Adam gebeten wird, ihn zu verspeisen, um dadurch für immer vereint zu sein. Nun kann der Zuschauer verfolgen, wie sie sich eine Lagerhalle mieten, um dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen.
Der gewollt künstlerisch inszenierte Film ist, wie wir es von Lommel gewohnt sind, sehr amateurhaft digital erstellt worden. Er wirkt steril und künstlich, so dass es dem Zuschauer sehr schwer fällt, auch nur im Ansatz mit den Protagonisten mit zu fühlen (was einem bei dieser Geschichte eh schon schwer fällt). Verstärkt wird dieses Problem natürlich noch durch die aufgesetzt wirkenden, vereinzelt auftretenden Dialoge, insgesamt ist Diary of a Cannibal jedoch ein sehr dialogarmer Film. Unterbrochen wird der Filmfluss dabei noch durch vereinzelt eingestreute Schrifttafeln mit Zitaten über Kannibalismus.
Es fällt schwer, Diary of a Cannibal objektiv zu bewerten, da er ein extrem schwierig zu erschließender, sperriger Film ist, der mehr will, als er zeigen kann. Lommel versucht dies dann durch naive psychologische Einschübe zu kaschieren, was den Genuss aber noch erschwert.
Diary of a Cannibal ist ein Film, der definitiv nicht jedermanns Geschmack ist, Lommelfans sollten jedoch einen Blick riskieren.

CFS

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