Review

Viele
Geschichten kreisen um die heroische Schlacht des Königs von Sparta gegen die
Perser. Leonidas verteidigt sein Volk, sein Sparta und ganz Griechenland mit
nur 300 „Spartaten“ gegen über 100.000 persische Krieger des Xerxes. Ruhm, Ehre
und Pflichterfüllung bis in den Tod, gekrönt von seinem Satz „Wanderer, kommst
du nach Sparta, verkünde dort du habest uns hier liegen sehen, wie es das
Gesetz befahl!“

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Wir
schreiben das Jahr 481 v.Chr. und Xerxes hat begonnen, das Persische Reich gen
Europa auszubauen. Vielschichtig sind die Überlieferungen der Perserkrieger,
die genauso oft falsch interpretiert wurden. Richtig ist, dass sie der Beginn
eines neuen „griechischen Gedankens“ waren und unmittelbar zur Blütezeit der
„Griechen“ geführt haben. Falsch dagegen sind Interpretationen von
Gegebenheiten und Gesagten. „Wanderer, kommst du... wie es das Gesetz befahl“
ist der meistüberschätzte Satz der Antike. Seit über 1000 Jahren gilt er als
Synonym für Opfertod, Vaterlandsliebe und militärische Pflichterfüllung. Sein
Einfluss reicht über den Amerikanischen Bürgerkrieg bis zum Zweiten Weltkrieg
ins Deutsche Reich. Doch wenige recherchieren über dieses hinaus, was wirklich
am Thermopylenpass geschah und warum.

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Kurze
historische Richtigstellung
: Die Schlacht gab es, laut Überlieferung, wirklich. Leonidas, König von
Sparta, zog mit 300 Spartaten (oder Spartanern) zum Pass von Thermopylen und
bekämpfte dort das übermächtige persische Heer. An seiner Seite kämpften rund
5600 andere Krieger Griechenlands. Jedoch ist die Vorgeschichte weitaus
bedeutsamer. Bereits 500 v.Chr. eroberten die Perser griechische Gebiete in
Kleinasien und drangen bis nach Makedonien (492 v.Chr.) vor. Zu der Zeit
verlangte Xerxes die Unterwerfung der griechischen Stadtstaaten („Wasser und
Land“). Bereits 490 v.Chr. zerstörten die Perser Eritrea, doch unterlagen sie
schon kurz darauf bei Marathon den Athenern. Die Perser zogen sich nach
Kleinasien zurück, wo sie ihren zweiten Zug vorbereiteten. Nun kommt der
wichtige Clue: 481 v.Chr. schlossen die Hellenen, unter der Führung von Sparta,
einen Kampfbund (die sogenannte Hellenische Symmachie). Nach einer
unentschiedenen Seeschlacht am Kap Artemision opferte sich Leonidas mit seinen
Männern, um den Rückzug des griechischen Heeres zu sichern.

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Nun
erscheinen viele Dinge in ganz neuem Licht. Auch das oben genannte Zitat erhält
eine neue Bedeutung. Das Gesetz das befiehlt, ist das Gesetz Spartas und des
griechischen Kampfbundes. Nicht die Aufopferung oder Pflichterfüllung sind
ausschlaggebend, sondern das höhere Ziel.

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Dieser
kleine Exkurs scheint fehl am Platz, jedoch soll er eine Grundlage für meine
nun endlich folgenden Kritik bilden. Snyder distanziert seinen Film völlig von
politischen Ansichten und betont die Anlegung an die Comicvorlage von Miller.
Jedoch hat die Comicvorlage wiederum den 60er Jahre Film „The 300 Spartans“ zum
Vorbild genommen. Nun gibt es einen riesigen Unterschied zwischen Comics und
Filmen. Der Comickünstler hat weiterreichenden Spielraum um historische Muster
mit künstlerischer Freiheit zu kombinieren. Er kann seine eigene Vorstellung
(ob eine düstere oder abweichende) einbauen, ohne dass das Comic an
Authentizität oder Spannung verliert. Ein Film dagegen braucht eine klare
Linie, eine Storyline, die den Film von Anfang bis Ende verknüpft und ihn so
zum Ende hin nicht „lächerlich“ erscheinen lässt (soll heißen nicht völlig aus
der Luft gegriffen und irgendwie zusammengewürfelt).

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Und hier
soll der Anknüpfungspunkt zur Kritik liegen. Selbst bei Comicverfilmungen muss
man sich dessen bewusst sein, welche Geschichte eigentlich erzählt wird. Hier
ist es eine historische Überlieferung, die audiovisuell nicht zu sehr
ausgereizt werden darf und sich dennoch auf Fakten berufen sollen könnte. Aus
diesem Grund fällt es besonders schwer den Film einzuordnen, da er Epos,
Fantasy, Action und kriegerische Elemente verbindet. „300“ bietet von Beginn an
einen kleinen Exkurs in die spartanische Gesellschaft. Diese werden jedoch zu
sehr ausgereizt, also übertrieben. Sicherlich gab es die Selektion der Neugeborenen
und strenge Kriegsausbildung der Jugendlichen und Kinder, aber unter anderen
Faktoren und Bedingungen (nicht jedes schon „schwächliche“ Baby wurde
ausgemustert und Kinder kämpften so gut wie nie bis zum blutigen Ende, nicht zu
vergessen, dass damals die Menschen selten ihr 60tes Lebensjahr erreichten und
man schon als 10, teilweise als 7jähriger, als Erwachsen galt). Man kann dies
als künstlerische Freiheit oder (Comic-) Interpretation auffassen, jedoch
bricht es dem Film den Halt. Sind Spartaner nun von Geburt an harte Kämpfer,
die nichts kennen außer Überleben und Töten oder Menschen mit Gefühlen und
Hoffnungen. In „300“ wird beides subgestiert, was eine Inkonsequenz der
Geschichte zur Folge hat (Leonidas Vater prügelt beim Kampftraining auf ihn ein,
er wird gepeitscht... Leonidas streichelt seinen Sohn, schickt
„Nicht-Kampffähige“ fort um ihr Leben zu schonen u.s.w.).

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Gut ist,
dass Snyder Erklärungen eingeht. So erfährt man neben dem geschichtlichen
Hintergrund auch eine Reihe weiterer interessanter, antiker Tatsachen. Zum
Beispiel wird die Phalanx (eigentlich Hopliten) samt ihrer Taktik erklärt, die
Elitegarde der „10.000 Unsterblichen“ wird eingeführt oder es wird die Stellung
der Ephoren kurz erklärt (eigentlich angedeutet). Aber auch hier gibt es
massive Übertreibungen. Die Ephoren waren mitnichten alte, entstellte
Lustmolche, die nur an die Götter und ihr Orakel glaubten (so lange sie nicht
ausreichend von der Gegenseite bezahlt wurden), sondern die Leiter der
spartanischen Innen- und Außenpolitik. Und die „Unsterblichen“ waren auch kein
Haufen von Entstellten Superkriegern. Ob dies nun Teil einer Dramatisierung der
Geschichte oder eine Übernahme aus dem Comic sein soll, kann ich nicht
erörtern. Fakt ist, dass der Zuschauer einen „Herr der Ringe“ – Effekt zu
spüren bekommt, indem er sich fragt „was haben diese Kreaturen dort zu
suchen?“. Überhaupt quillt „300“ von „Zombies“ a la „Dawn of the Dead“ bzw.
„Resident Evil“ über. Die Ephoren, die „Unsterblichen“, der in Sparta geborene
Begleiter, das „Schoßhündchen“ der „Unsterblichen“ und Xerxes Henker. Mit ein
oder zwei solchen Entstellten könnte man noch leben, aber diese Fülle macht den
Film unglaubwürdig und versetzt den Zuschauer sehr schnell in eine
„Überdrüssigkeit“. Ebenso verhält es sich mit den 300 Spartanern an sich. Ein
Haufen Bodybuilder auf dem Weg zur Mr. Universum-Wahl. Dagegen wirken alle
anderen Griechen wie aus einer fremden Welt. Die klare Überlegenheit der
Hopliten begründet sich nicht auf ihre alleinige Muskelkraft, sondern auf ihre
taktische Überlegenheit. Aber der Übertreibungen sind keine Maßstäbe gesetzt.

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So wird
diese in dem Aufzeigen der „Kreaturen“ fortgesetzt. Ein großer schwarzer Wolf,
der aus einem „Alien“ Film oder aus „Die unendliche Geschichte“ stammen könnte,
Elefanten so groß wie ein T-Rex aus „Jurassic Park“ und ein überdimensionales
Nashorn, das mit einem Speerwurf getötet wird?! Geht man in einen Fantasyfilm,
ist die Erwartung an solchen Bestien groß. Geht man in „300“, erwartet man ein
wenig Realitätsnähe. Es hilft auch der Dramatisierung oder dem Spannungsaufbau
des Films kein Stück weiter, es trägt nur dazu bei, ihn ins Lächerliche zu
ziehen. Gerade auch aus dem Grund, weil diese Wesen augenscheinlich leichter zu
besiegen sind, als Tausende von Soldaten.

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Auch mit
Xerxes kann man nicht wirklich zufrieden sein. Abgesehen vom historischbelegten
vollkommen anderen Aussehen des Perserkönigs, wirkt der „300-Xerxes“ wie ein
2,50m großer, homosexueller Ra aus „Stargate“. Sogar die Stimme passt zu Ra
(wobei ich nicht weiß, ob er im englischen Original ebenfalls eine solch
unpassende Stimme hat). Damit will ich nicht auf die Besetzung der Rolle
eingehen (dazu später), sondern die Übertriebenheit (und damit
Unglaubwürdigkeit) wiederspiegeln.

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Doch auch
auf anderen Ebenen kann man geteilter Meinung sein. So versucht Snyder ein
Gleichgewicht zum Schlachtfeld herzustellen. Dabei handelt es sich unter
anderem um die Abläufe in Sparta, bei denen Leonidas Frau alles versucht, um
das gesamte spartanische Heer zu ihrem König zu schicken. Wie weit dies
wirklich zum Gleichgewicht beiträgt ist fraglich. Dieser historische Nonsens
(geschehen ist es auf gar keinen Fall) nimmt dem Film jedes Mal Spannung und
flüssigen Handlungsablauf weg. Es bringt den Film auch kein bisschen weiter,
sogar die ganze Wirkung dieser Szenen verfliegt, da erst einer der 300 Leonidas
Worte verbreitet und Griechenland einigt und mobilisiert. Effektiv bleibt nur
übrig, dass Leonidas Frau „genötigt“, der Verräter entlarvt und getötet wurde
und das man gut 20 Min. länger im Kino saß. Vom heutigen Standpunkt beleuchtet
bekommen diese Szenen jedoch einen anderen, nicht-cineastischen Sinn. Unter den
Stichpunkten Emanzipation, „starke Frauen“ und „political
correctness“ ergibt das
Ganze sehr wohl einen Sinn. Zum Wohle der Kinokasse, dem Studio und den
Produzenten muss ein weitaus größeres Publikum abgedeckt werden. Eine andere
Erklärung fällt mir hierzu nicht ein. Weitaus mehr zum Gleichgewicht tragen die
emotionalen Elemente bei. Die Beziehung Leonidas zu Frau und Sohn, die
unabdingbare Loyalität der Männer zu ihrem König, die Trauer des Heerführers
nach dem Tod seines Sohnes oder die Angst der Arkadier angesichts der Schlacht
sind solche. Doch auch hier gibt es Punkte zu bemängeln. Der Großteil des
Mangels wurde schon oben beschrieben. Es geht um die inkonsequente stilistische
Einhaltung und den Konflikt „Hart oder Zart“. Ein Vater der (damals) seinen
Sohn auf dem Schlachtfeld verlor trauerte nicht dermaßen, er war stolz, denn es
war der größte Ruhm, den ein Mann erwarten konnte. Vom restlichen Standpunkt
aus gesehen ist diese Tempoverringerung und „Vermenschlichung“ der gesamten
Situation jedoch eher als positiv zu werten (zu den emotionalen Folgen später).

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Durchaus
positiv fallen in „300“ vor allem die Schlachtszenen auf. Sie wirken flüssig
und echt. So wird aus diesem Zusammenspiel von visuellen Effekten und
Choreographie ein wahrer „Schaugenuss“. Nicht nur weil es blutig zugeht, es
stimmen einfach Dynamik, Spannung und Tempo in den kurzen Kampfpausen und
während der Kämpfe. Auch „metzeln“ die Spartaner keineswegs unkontrolliert
umher. Sie setzen auf Taktik und Kraft, was authentisch rüberkommt. Und obwohl
sich die Leichenberge türmen, Gliedmaßen und Köpfe umherfliegen und das Blut
nur so spritzt, stelle ich mir eine Frage: „Wieso ist keiner blutverschmiert?“
Die Leichen nicht, die Griechen nicht, nicht einmal das Schlachtfeld (liegt es
vielleicht am gewollten Rating bzw. FSK ???). Einer der wenigen Bereiche, der
in „300“ schlichtweg als sehr gut bewertet werden kann.

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Dies bringt
uns zur Story des Films. Nachdem oben der Einbezug in die „historische“
Geschichte bereits stattgefunden hat, bleibt nur noch weniges zu erwähnen. Wie
bereits erwähnt, fehlt es dem Film an Konsequenz und Glaubwürdigkeit. Viel
schwerwiegender noch ist die Verknüpfung der Story auf emotionaler Ebene. Filme
bringen immer automatisch Gefühle in den Vordergrund. Fragwürdig bleibt die
Objektivität. Diese kann Snyder, trotz aller Bemühungen, nicht einhalten. Immer
wieder betont Leonidas, dass es um Freiheit und gegen Unterwerfung und Tyrannei
geht. Doch untersagt Snyder es völlig die Gegenseite zu beleuchten, nämlich den
Wahnsinn und Unsinn gegenseitigen Abschlachtens. Nach dem oben gesagten (der
historischen Richtigstellung) ergibt der Film sogar mehr Sinn, als nach Snyders
Konzept. Danach ähnelt der Film in seinem emotionalen Verhaltensmuster STARK
anderen Produktionen aus den USA, die durch Heroisierung und Klarstellung
signalisieren wollen: „Verteidigung der Freiheit um jeden Preis, Beseitigung
von Diktatoren um jeden Preis“. Auch wenn Snyder unpolitisch bleiben wollte,
gelungen ist es ihm nicht.

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Bleibt noch
die Besetzung des Films. Diese kann durchaus als gelungen bezeichnet werden
(für einige Charakterprofile können die Darsteller ja nichts). Am besten fällt
die Rolle des Leonidas auf. Er besticht klar durch Glaubwürdigkeit und
Authentizität. Die Kämpfer, je nachdem ob Spartaner, Griechen oder Perser holen
volles Potential aus ihren Rollen. Die persischen Abgesandten zeigen ihre
Überheblichkeit und was sie von den Griechen denken. Sogar Xerxes geht voll in
seiner Rolle auf, als wahnsinniger, besessener Gottkönig. Wie bereits gesagt,
die Interpretation der Charaktere ist gut, über die Profile lässt sich streiten
(was oben in der Kritik ja auch schon geschah).

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Fazit:
„300“ ist bestimmt ein Genuss für Freunde von Schlachten und vom Abschlachten.
Durch seine Ähnlichkeit zu anderen Filmen (Braveheart, Herr der Ringe,
Troja...) spricht er bestimmt auch eine Mehrheit von anderen Genre-Freunden an.
Anspruchsvollere Konsumenten und Freunde von Epen- und Geschichtsfilmen werden
eher enttäuscht sein.

Nach
kritischer Würdigung müsste der Film in ZWEI Bereichen bewertet werden:

Vom
audio-visuellen Unterhaltungswert kombiniert mit der historischen Geschichte
und der Action verdient der Film bestimmt 8 von 10 Punkten.

Vom
emotionalen, dramaturgischen und authentischen Wert her, gepaart mit der
überwältigenden Übertriebenheit des Films (trotz Comicvorlage) wären höchsten 4
Punkte angebracht.

Daher springe ich zwischen 6 und 7 Punkten her.
Ausschlaggebend für eine bessere Bewertung des Films ist der Unterhaltungswert.
Trotz mäßiger Kritik schafft es der Film, seine Zuschauer zu fesseln und bei
Laune zu halten. Leichtere Pausen werden durch ein Effekt- und Choreographiefeuerweg
wieder gut gemacht. Und die Bilder sind wirklich beeindruckend, wenn auch oft
übertrieben. Daher, gerade noch so, die Note GUT (7/10)

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P.S.: Für alle die nicht wissen wie die
Perserkriege enden: 479 v.Chr. und 478 v.Chr. geben die Perser ihre Eroberungspläne,
nach weiteren kleinen Siegen und großen Niederlagen auf und ziehen sich zurück
nach Kleinasien. In Griechenland beginnt eine 20jährige Phase des Friedens.

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