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Die Schlacht bei den Thermopylen – Stoff für Mythen und Geschichten seit Jahrtausenden. Ob Historienfilm oder Comicverfilmung, die militärische Leistung der Spartaner im Jahre 480 v. Chr. sucht in der Antike ihresgleichen und kann sich mühelos auch mit den großen Taten Alexanders, hundertfünfzig Jahre später, und denen Roms messen. Die dreihundert Spartaner unter ihrem König Leonidas, dem Halbbruder des berühmten Kleomenes, welcher dreißig Jahre zuvor Athen von den Tyrannen befreit hatte, lieferten den anstürmenden Persern einen Kampf, der zurecht Legende geworden ist. Auch wenn es in den Siebzigern und Achtzigern in Deutschland nicht populär war: Auch militärisch herausragende Leistungen sind herausragende Leistungen und verdienen Bewunderung.

Wie geht man nun an eine solch erhabene Geschichte aus der Geschichte als Regisseur bzw. Comiczeichner heran? Die Antwort ist schwer, denn eine solche Thematik genuin und wirklichkeitsverliebt umzusetzen, ist nicht leicht. Stones „Alexander“ ist ein trüber Beweis, wie schnell eine allzu sture Fokussierung des historischen Stoffes fehlschlagen kann. „300“ wird von einigen Kritikern mangelnde Dramaturgie vorgeworfen. Wer Stones Griechenstreifen gesehen hat, erkennt schnell, dass dieser Vorwurf an Substanz verliert, sobald man „300“ mit „Alexander“ vergleicht. Ein Vergleich und ein Verhältnissetzen erübrigen oftmals weitere Diskussionen – so auch hier.

Zack Snyder, der uns bereits mit seinem Romero Remake „Dawn of the Dead“ von 2004 einen in jeder Hinsicht ausgezeichneten Film vorsetzte, ließ Filmfreunde und –experten schon seit zwei Jahren auf „300“ warten. Und das Warten hat sich gelohnt. „300“ ist ein spektakulärer, bahnbrechender Film und zurecht der bisher erfolgreichste dieses Jahres. Er ist übrigens auch der beste Film bisher. Denn einen solchen Bilderrausch, eine solche Ästhetik, solche Choreographien, eingebettet in Dialoge, die zwar schwer anachronistisch wirken, doch sich genau deshalb vom tumben Zeitgeist abheben, hat man im Kino schwerlich bisher gesehen. „300“ ist Krieg, Blut, Gewalt, Pathos, Tod und Ruhm pur. Igitt! Das Kinopublikum stört sich daran offenbar überhaupt nicht – im Gegenteil. Warum auch? Die Dialoge des Leonidas und seiner Mannen bringen frischen Wind in die Kinos dieser Welt. Lässt man sich auf diese Zeitreise ein, machen sie ungeheuer Spaß. Und genau das sind sie übrigens auch: Spaß! Einige Wenige, die das alles so bierernst nehmen, werden im Laufe der Jahre vielleicht erkennen, dass wir es nicht mit einem Politfilm, sondern einem Frank Miller Comic zu tun haben. Und das wurde weit vor dem 11. September gezeichnet. Andererseits ist es natürlich jedermanns Recht, einen Film wie „300“ nicht zu mögen.

„300“ tritt nahezu zwei Stunden Gemetzel los. Dabei wird nicht geweint, nicht debattiert, nicht konzessioniert und kein Anstoß genommen. Die Rollen sind klar verteilt: Hier die Elite, dort die Massen. Hier die Guten, dort die Bösen. Es wird beispiellos schwarz-weiß gemalt. Doch ist das in einem „anspruchsvolleren“ Film wie etwa „Der ewige Gärtner“ anders? Auch dort sind die Rollen klar verteilt. Jedes Vorurteil der politischen Couleur des Films wird bedient. Die Quintessenz lautet etwa: gutes Afrika, böser Westen. Einem Film wie „Der ewige Gärtner“ wird das von Seiten vieler Feuilletonisten verziehen. Einem „300“ offenbar nicht. Dabei ist es doch gerade so, dass der Gärtner - im Gegensatz zum Spartastreifen - für sich beansprucht, anspruchsvoll zu sein. Diesem Anspruch wird das Afrikapseudoepos nicht gerecht. „300“ auch nicht, doch war es hier nie intendiert. Wenn man den Vergleich anstellen mag und Filme wie diese beiden auf ihre Intellektualität hin prüft, dann versagen beide. „300“ ist dennoch der wesentlich bessere Film. Nicht nur, weil die Umsetzung ein Meilenstein ist, sondern weil er ehrlicher ist. Er behauptet nicht, die Realität darzustellen. Wer filmische Ware für mangelnden Wirklichkeitsbezug kritisieren möchte, sucht bei „300“ am falschen Ort.

„300“ ist offenbar ein Film, der die breite Masse in einer Weise erreicht, mit der nicht zu rechnen war. Wie ist das möglich? Ist es das Kontroverse des Inhalts, das die Zuschauer ins Kino lockt? Wohl kaum, denn diese Diskussion ist bei der Masse des Publikums überhaupt nicht präsent genug, als dass das eine entscheidende Rolle spielen könnte. Dass „300“ für einen Erwachsenenfilm so unglaubliche Gewinne einfährt, liegt schlicht und ergreifend daran, dass Zack Snyder ganze Arbeit geleistet und ein Meisterwerk abgeliefert hat, das übrigens noch Jahre in punkto unkonventioneller Unterhaltung Maßstab sein wird.

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