Kat Skinner (Emily Barclay) ist 19 Jahre, hat eine Tochter, der Vater hat sich verpisst, und so wohnen Mutter und Tochter beim Vater. Kats Mutter wiederum hat ihren Vater verlassen und taucht nur völlig verwahrlost gelegentlich auf, wenn sie Geld haben möchte. Kat hat noch nie gearbeitet, aber weiß, wie man die Männer der australischen Kleinstadt gegeneinander ausspielt, sich Vorteile verschafft und außerdem noch genug Freizeit hat, weil man einen sehr gutmütigen Freund namens Rusty (Michael Dorman) hat, der sich um die kleine Barclay kümmert, als wäre es seine eigene Tochter. Da Kat nie arbeiten will, sie aber chronisch knapp bei Kasse ist, spielt sie mit dem Gedanken, ihren an sich sehr toleranten und netten Vater umbringen zu lassen, um das große Haus zu verkaufen, um somit endlich mit ihrem geliebten Bruder Danny, der wegen Mordes im Knast ist, entweder im versprochenen Strandhaus zusammenzuleben oder ihm zumindest einen so guten Anwalt zu besorgen, so dass er auf Bewährung raus kommt...
Szenen aus der (nicht nur) australischen Kleinstadthölle bietet der 2006 entstandene Film "Suburban Mayhem" von Paul Goldman nach einem Drehbuch von Alice Bell. Kat, überzeugend von der fiesen, verführerischen und schlampigen Emily Barclay verkörpert, ist mehr Egomane als sozialer Mensch, ein Mensch ohne Grenzen, mit dem der Zuschauer sicher kaum sympathisiert und doch verfolgt man das bittere, aber z. T. auch fast schon amüsante Geschehen mit großem Interesse.
In dem Film hineingeschnitten sind Interviews mit dem Beteiligten, den Nachbarn, Kat selbst, ihren Sex-Partnern, den Manipulierten und der Polizei und ihrer Maniküre Layla (Mia "Alice im Wunderland" Wasikowska in einer ihrer ersten Rollen), die sie auch schamlos als Babysitterin ausnutzt und er beginnt mit der Beerdigung des Vaters, so dass er schön die allmähliche Eskalation der vorortlichen Exzesse aufzeigt. Und da dies kein Hollywood-Film ist, ist kein erhobener Zeigefinger zu sehen und keine plakative Moral am Ende der Geschichte. Nur das Porträt einer geradezu verstörend selbstsüchtigen, manipulativen jungen Frau, die nur Gefühle für ihren großen Bruder zu empfinden scheint und der selbst am Ende sich von ihr im Gefängnis abwendet. In diesem Moment brechen alle Dämme, geistige Behinderte werden für ihren Vernichtungszug rekrutiert und schließlich gibt es sogar zwei Mörder ihres Vaters.
Dabei schwankt der Film manchmal etwas unentschlossen zwischen rabenschwarzer Komödie, Thriller und Drama und auch das Stilmittel der Interviews (also der Reportage) wird nicht sonderlich konsequent durchgehalten. Die Interviews zeigen eigentlich nur, wie sehr sich alle Beteiligten in die Tasche lügen und sich gegenseitig anlügen. Eine Sozialstudie ist "Suburban Mayhem" auch ganz sicher nicht und hat auch dankenswerterweise nicht diese Absicht - das kann man dann Ken Loach und anderen Engländern überlassen. Die Ursachen ihres Verhaltens werden somit nie ganz klar - der Vater war nett, kein Schwein, sie wurde nie missbraucht. Vermutlich hat Autorin Alice Bell einfach ihrer Wut auf die Vorstadt freien Lauf gelassen.
Insgesamt eine ziemlich faszinierende Studie einer entfesselten Vorort-Hölle, in deren gepflegter Spießigkeit Katrinas Person umso grenzenloser und vernichtender wirkt. Ich werde nach solchen Filmen wohl noch weiter auf meinem Aussie-Film-Trip bleiben!