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Es gibt so viele Trashvariablen bei Karzan: Master of the Jungle, daß man am Ende nur verständnisvoll darüber nicken kann, warum es dieses Beifangprodukt einer italienischen Rip-Off-Flotte offenbar nie nach Deutschland geschafft hat. Dieser Umstand hat jedoch auch zur Folge, daß man sich zu einer Beurteilung auf ein Relikt verlassen muß, welches als englisch synchronisierte Exportfassung laut IMDb schon einmal gut 10 Minuten kürzer ist als die italienische Version. Dies wäre gar nicht so schlimm, gäbe es da nicht sachliche Fehler, Verachtung gegenüber Natur und Mensch sowie dieses überaus profane Ende.
Als Regisseur stellt sich das Spaghetti Western Enfant terrible Demofilo Fidani heraus, der in Karzan: Master of the Jungle unter anderem italienischen Filmdauergästen wie Ettore Manni, Roger Brown, Attilio Severini und Attilio Dottesio seine unvergleiche Führung angedeihen läßt. Spannender scheint jedoch das offensichtliche Pseudonym des vermeindlichen Protagonisten, großspurig als Johnny Kissmuller Jr. angekündigt und immerhin von einer auch im Dschungel stets gut geschminkten Fidani-Tochter Simonetta Vitelli begleitet.

Wer sich jetzt langsam fragt, was in Karzan: Master of the Jungle eigentlich passiert, da ich doch so fleissig Namen rezitiere, dem sei gesagt, daß der Film fast schon ein Kreislauf des Lebens ist, bei dem am Ende kaum eine merkliche Veränderung auftritt. Interessant dabei ist, daß diese augenscheinlich vorgebrachte Rezeption der originalen Tarzan-Vorlage von Edgar Rice Burroughs, oder wahrscheinlicher den daraus resultierenden Comic- und Filmadaptionen, sich vollkommen auf mögliche sozial-ethische Mängel beschränkt welche diese unschwer auf dem Erfolg des Dschungelhelden basierende Umsetzung beherrschen.
Der Plot besteht zumeist aus wagen Andeutungen. So ist es eine in den 70ern allerhöchstens etwas dandyhafter wirkende Kolonialjägerrunde, welche in Schmalfilmaufnahmen Afrikas einen Lianenschwinger erblickt. Dieser blonde Affenmensch soll Ziel einer Expedition werden. Die wissenschaftliche Theorie stützt sich auf einen Zeitungsartikel über einen Flugzeugabsturz.

Was die weißen Eindringlinge nun mit ihren schwarzafrikanischen Trägern in Karzan: Master of the Jungle an den Tag legen, hat nicht viel gemein mit den naturgewandten Abenteurern unserer heutigen Vorstellung. Es sind ignorante, cheauvinistische Pussies, wie sie durch das Gestrüpp watscheln und eine auf einen Wasserbüffel gerichtete Kamera schon Grund genug ist diesen per Gewehrkugel hinzurichten, da er ja aufgeschreckt werden und die Menschen niedertrampeln könne. Kaum verwunderlich also, wenn eine Tarantel als Schwarze Witwe mißverstanden mit einem auf ihr Nervenzentrum gerichteten Blasrohr vom Körper der einzigen weiblichen Begleitung gepustet wird.
Noch deutlicher jedoch belegt Karzan: Master of the Jungle das Unverständnis der Fauna, sobald eine Würgeschlange, die nicht im Traum daran zu denken scheint, ihr vermeintliches Opfer gefährdend zu umschlingen, ebenfalls getötet werden muß. Fatal, gab es doch vorher Bilder, die betonten, wie Mensch und Tier zusammenleben konnten, als die humanoiden Eindringlinge das harmlose Wesen hinter einem Stein versteckt noch nicht entdeckt hatten.

Wer soll sich nun noch darüber wundern, daß die in Karzan: Master of the Jungle dargestellten Eingeborenenstämme nicht mit mehr Empathie begrüßt werden? Kugel um Kugel landet in den Körpern der Ureinwohner. Es ist ein Massaker ohne Nachzuladen, welches man selbst im Western seltenst in dieser menschenverachtenden Intensität zu ertragen hat. Es fällt einem vielleicht noch White Pongo als ähnlich stumpf vorgehendes Script ein.
Ab der Hälfte nun erbarmt man sich tatsächlich mit Karzan den so herbeigesehnten Affenmenschen auf der Leinwand erscheinen zu lassen. Der athletische Blondie kommt gerade rechtzeitig, um die hilflosen Großjäger aus den Fesseln der Ureinwohner zu befreien. Daß er dabei nur die Frau mitnimmt, um sich in der Isolation, die er offenbar mit seiner Freundin Shiran aufrechterhält, etwas zu durchbrechen, läßt auf Möglichkeiten hoffen, die in dieser Familienversion nur durch schemenhafte Symbolik von Kokosmilch und Banane verdeutlicht werden.

Man nimmt nun so professionell gefangen, daß immer wer ausbüchst und Karzan sich zwischenzeitlich noch auf ein Gummikrokodil und einen Mann im Gorillakostüm werfen kann. Selbstverständlich gehört auch ein Jodelschrei zu seinem Repertoire, nur daß er mit diesem offenbar gleich eines Trompetenstoßes etwas vor sich hertreibt, anstatt seine Freunde zu rufen. Freundschaft ist offenbar ein wenig geachtetes Gut in Karzan: Master of the Jungle, was diesen ungemein seltsamen Beigeschmack hinterläßt.
Genauso trocken ist deshalb auch das Finale, in dem Lord Carter schließlich über dem angeschossenen Karzan entscheidet, daß es besser wäre ihn in Afrika zu lassen, da er die abermals ausgebrochene Shiran nicht allein zurücklassen möchte. Nun wird der verwundete, blonde Einsiedler also desinteressiert über das Streben nach Jagderfolg deshalb urplötzlich fallen gelassen, weil jemand die angefallenen Kosten zu übernehmen gedenkt.

So wie man einem Splien folgend Afrika betreten hatte, so scheint es ein ohnmächtiges Verlassen zu sein, bei dem das Risiko eines weiteren Mißerfolges durch eine letzte eigene Entscheidung, den Versuch Karzan in einen Zoo zu stecken abzubrechen, umgangen wird. Die alte Welt definiert sich nun also durch selbstgefällige Lust und Käuflichkeit, was Karzan: Master of the Jungle, so man eine Ernsthaftigkeit kaum in Betracht ziehen möchte, den unbeholfenen Ansatz einer politischen Satire verleiht.
Tatsächlich muß man insbesondere derartige Eskapaden zum Verständnis der noch folgenden Schandtaten der Dschungelexploitation wohl berücksichtigen. Die Zvilisationsgrotesken der Kannibalenwelle kamen eben nicht aus dem Nichts, sondern wurden von einer Dschungelfilmtradition und dem Mondofilm eingeleitet. Wenn wie hier die unbedingte Montage von Stockfootage an jede noch so hanebüchene Bewegung zur Easy Listening Musik erforderlich scheint, um den Eindruck einer möglichst gefährlichen Umgebung zu schaffen, dann versucht man auf billigste Art, von den naiven Vorstellungen seines Publikums zu profitieren. Ob und mit welchem Effekt ein Abenteuer wie Karzan: Master of the Jungle also funktioniert, hängt von der Aufgeklärtheit seines Zuschauers ab.

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