Schon nach wenigen Minuten merkt man gegebenenfalls, dass LITTLE CHILDREN nicht ein gewöhnliches 08/15 US-Drama ist. Spätestens an der charmant ironischen Männerstimme aus dem off die durch die ersten Bilder führt, und auch dramaturgisch später immer wieder mal eingesetzt wird, merkt man, dass es sich hier um eine teils rabenschwarze, offenherzige, amüsante, aber auch stark melancholische Satire auf die amerikanische Durchschnittsehe bzw. -familie handelt. In der Romanverfilmung des gleichnamigen Buches von Tom Perrotta wechseln Humor und Tragik von einer Sekunde auf die andere in unheimlich eleganter Form.
Insgesamt überzeugt LITTLE CHILDREN durch seine einerseits sehr legere Art des Herangehens an die Geschichte die fast an eher europäische Filme erinnert. Andererseits werden aber auch tiefgreifende Problemschichten ohne Rücksicht und voller Härte und mit aller Deutlichkeit angeschnitten ohne den Ballast der Schwestern üblicher Dramen wie Konflikt, Lösung der Probleme, Harmonie und Happy End. LITTLE CHILDREN wechselt auch die Perspektive, von mikroskopisch zu makroskopisch in abrupter Form. Mal sind die Probleme lächerlich, klein und nebensächlich, mal sind sie von großer Tragweite und lebensbedrohlich.
Insbesondere der Umgang mit Sexualität und entsprechenden Vorlieben oder auch Abarten der sexuellen Orientierung werden ohne Scheuklappen und "full frontal" dargeboten. Kate Winslet ist hier für mich in der Rolle ihres Lebens und ist erstaunlich un-selbstverliebt in der Rolle der Sarah die sich in den jungen Brad (Patrick Wilson) verliebt. Ihre Zerrissenheit in der angelegten Rolle, ihre Normalität und die Angst ungekannte Grenzen zu überschreiten, wird wirklich zum Zuschauer transportiert und Patrick Wilson steht ihr als charmanter und etwas naiver Beau in dieser Intensität nichts nach. Auch weitere Nebenrollen - um nicht auf alle einzugehen - sind fabelhaft besetzt.
LITTLE CHILDREN gelingt jederzeit die Balance zwischen charmantem Witz und Anflügen von nachhaltiger Verstörung des Zuschauers in Bezug auf die Szenen mit dem Pädophilen. Über allem schwebt eine leicht Eleganz und trotz deutlicher Überlänge beste Unterhaltung von Anfang bis Ende. Ich wurde auch an andere US Klassiker wie BIG FISH, AMERICAN BEAUTY oder auch FORREST GUMP, natürlich nur was die entspannte, aber jederzeit packende Erzählweise und die interessante Geschichte angeht erinnert. Allenfalls das etwas abrupte Ende war suboptimal. Dies schmälert allerdings nicht den großen Unterhaltungswert dieser gekonnt mehrgleisigen Story mit fast märchenhaftem Charme.
6,5/10 Narrenkappen….äh,….Punkten