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Ohne Umschweife steigt die Geschichte direkt ein und drei Menschen werden in New York grausig getötet sowie verstümmelt. Verfolgt von einer Bestie, die zunächst lange Zeit im Verborgenen bleibt. statt dessen zeigt die subjektive Kamera mit einer Art Wärmeaufnahme und hörbar erhöhtem Pulsschlag des wolfähnlichen Wesens legendäre Eindrücke der vierbeinigen Jäger aus dem Dunkel, die auch heute noch effektvoll anzusehen sind. Zur Aufklärung der vermeintlichen Morde wird der eben noch suspendierte Dewey (Albert Finney) in den Dienst zurückbeordert, ein rauhbeiniger, exzentrischer Großstadtcop. Ihm anheim gestellt ist die Expertin Rebecca (Diane Venora), die hingegen wohlsortiert auftritt. Warum beide kaputte Beziehungen hinter sich haben ist zwar kein großes Geheimnis, doch ansonsten bietet „Wolfen“ die Spannung des Ungreifbaren. Was Regisseur Michael Wadleigh mit seinem einzigen Spielfilm abliefert, ist ein packender Horrorthriller, fast in bester Manier eines John Carpenter. Zunächst lässt er die Vermutung von internationalem Terrorismus aufkommen, der den Mogul Van der Veer und seine Frau auf dem Gewissen hat, doch das Drehbuch schickt den Zuschauer wie die Ermittler nicht nur einmal auf die falsche Fährte. Tatsächlich treibt sich etwas durch die Ghettos von New York, zwischen den schmuddeligen Abrisshäusern der Southbronx, eine klasse Kulisse mit morbidem Charme, mit der der Van Der Veer Komplex in postmoderner Optik kontrastiert. Neben den berühmten Jagdszenen tauchen geradezu Schwindel erregende Brückenszenarien auf, am Arbeitsplatz einiger Indianer, die unter Verdacht stehen. Die Dialoge sind eine amüsante Mischung aus lockeren Sprüchen, gepaart mit sozialpolitischem Zeitgeist, manchmal auch mit kritischen Untertönen, gerade wenn es um das Verhältnis von Mensch und Tier geht. Der Zuschauer wird lange Zeit darüber im Unklaren gelassen, was dran ist am Gestaltenwandel, das Thema Werwolf fällt übrigens gar nicht, obwohl dieser sehenswerte Streifen oftmals fälschlich in dieses Subgenre gepresst wird. Letztlich ist es nicht nur ein phantastischer, mythologischer Hintergrund, vor dem einige (angedeutet sichtbare) blutige Abgänge inszeniert werden, sondern auch nachvollziehbarer, wenngleich kaum erhellender oder tiefgreifender Ökohorror. Dieser spiegelt die Angst wieder, die Natur würde sich am Menschen rächen, denn wie in einem Guerillakrieg merzen die Wölfe kranke Teile der Stadt aus, die ursprünglich ihr Territorium war. Und die wiederum ist so herrlich apokalyptisch menschenleer bei Michael Wadleigh, sowohl in der Bronx, als auch in der nächtlichen Wall Street. Bleibt noch zu erwähnen, dass die erst sehr spät sichtbaren Tieraufnahmen jenseits so manchen Kitsches mit Masken etc. dieses Genres beeindruckend sind, die Wölfe, wenngleich es wohl eher Wolfshunde sind, wirken nachhaltig. Dazu trägt vor allem die stimmige Atmosphäre bei, in einigen Szenen auch erstaunlich blutige bis pathologische Ansichten für eine Freigabe ab 16 Jahren.

Fazit: Kultiger Tierhorror mit Ökomessage, atmosphärisch eine Klasse für sich. Ein Spielfilmdebüt, das mit seinen Effekten auch heute nicht angestaubt wirkt. 7/10 Punkten

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