Nur weil es ein paar Nahaufnahmen des Vollmondes gibt, ist "Wolfen" noch lange kein Werwolf Film. Der Titel lässt aber genau das vermuten. Bei Michael Wadleighs (Woodstock) zweiter Regiearbeit handelt es sich um einen einmaligen Horrorfilm, deutlich aufgewertet durch die kreative Kamera von Gerry Fisher. Als Vorlage diente die Novelle von Whitley Strieber (The Hunger, Communion), welche vom unbekannten David Eyre und Wadleigh selbst in ein gelungenes Screenplay umgeschrieben wurde.
Der Millionär Christopher van der Veer (Max M. Brown) will einen Slum in New York in ein modernes Viertel umfunktionieren. Doch eines Nachts werden er und seine Frau Pauline (Anne Maria Pohtamo) bestialisch ermordet. Detective Dewey Wilson (Albert Finney) übernimmt den Fall und ist erstmal ratlos. Bald gibt es weitere Opfer und immer werden Wolfshaare gefunden. Dewey ist sich nicht sicher, ob vielleicht die Indianer etwas mit den Morden zu tun haben, oder geht in New York wirklich ein Werwolf um ? Mit der Psychologin Rebecca Neff (Diane Venora) stößt er bald auf die unglaubliche Wahrheit.
Der Titel "Wolfen" könnte passender gar nicht sein, verrät aber eigentlich schon zuviel. Der Zuschauer weiss so von Anfang an, dass es sich entweder um einen normalen Wolf, oder eben einen Werwolf handelt. Oder ist es doch ein menschlicher Killer, der sich wie ein Wolf fühlt ? Und hier kommen die Indianer ins Spiel, welche sich bei gewissen Ritualen in verschiedenen Tiere verwandeln. So kann man sich absolut nicht sicher sein, wer in den Slums diese furchtbaren Morde begeht. Aus der Sichtweise des Tieres oder des Killers bekommen wir die Morde zu sehen, welche ziemlich blutig von Statten gehen. Blutige Bisswunden, abgetrennte Körperteile in Nahaufnahme, ausserdem setzt Wadleigh die Morde sehr atmosphärisch in Szene.
Überhaupt weiss "Wolfen" kontinuirlich Spannung aufzubauen, leider ist das Erzähltempo zu niedrig. Vielleicht sind 109 Minuten Laufzeit auch einfach zu lang. So sind die Ermittlungen von Dewey zu langwierig, obwohl interessante Informationen zu Tage gefördert werden. Völlig unnötig ist die Romanze zwischen Dewey und Rebecca, der Wadleigh aber nicht sonderlich viel Zeit opfert. Gelungen hingegen ist der Hauptcharakter Dewey Wilson, den man anfänglich überhaupt nicht für einen hochrangigen Detective hält. Er ist Durchschnittsmensch, zieht sich gerne an wie ein Obdachloser, ist ein wenig zynisch und hört sich selbst gerne reden. Seine Onliner peppen das ernste Geschehen auf, eigentlich ist Dewey dem Zuschauer auf Anhieb sympathisch, Wadleigh nimmt sich die Zeit und geht bei seiner Hauptfigur in die Tiefe. So erfahren wir, dass Dewey einen Nervenzusammenbruch hatte und ein Alkoholproblem. Doch für diesen kniffligen Fall wird er reaktiviert.
Die heruntergekommene Kulisse passt prächtig zu diesem düsteren Film. Die gewollt monotone Großstadt in den 80er Jahren wirkt auch dank des schlechten Wetters alles andere als einladend. Die Slums sind reinste Müllhalden mit vielen Ruinen, dort wird mit Drogen gedealt und wer vermisst dort schon einen Menschen ? Mit tollen Kamerafahrten und kreativen Platzierungen wirkt die Kulisse noch bedrohlicher, unterstützend kommt noch James Horners Score dazu, der rein instrumental ist und in vielen Szenen vordergründig. So hat "Wolfen" viele spannende Sequenzen zu bieten, Höhepunkte sind die perfekt vorbereiteten Morde, während Wadleigh in der letzten halben Stunde mehr auf Action setzt. Erst dort enthüllt er den oder die wahren Übeltäter. Obwohl man des Rätsels Lösung schnell erahnen kann, so ist man trotzdem ein wenig überrascht. Doch kleinere Hänger kann Wadleigh nicht vermeiden, Deweys Ermittlungen hätte man ein wenig straffen können.
Die letzte halbe Stunde hat dann den nötigen Drive und sorgt obendrein noch für Gänsehaut und ein wenig Dramatik. Hetzjagden, weitere Morde und ein wenig Action runden das Ganze perfekt ab, ein bisschen Mystik darf dabei nicht fehlen.
Als Zuschauer ist man erst ein wenig skeptisch, ob Albert Finney (Miller´s Crossing, Oceans Twelve) einen glaubwürdigen Cop abgibt. Er ist die nicht die übliche Art Filmheld, die man gewohnt ist, doch Finney macht seine Sache wirklich hervorragend. Edward James Olmos (Miami Vice, Das Gesetz der Gewalt) ist als Indianer und potentieller Täter Eddie Holt kaum wieder zu erkennen,. Die junge Diane Venora (Ein wahres Verbrechen, Der 13te Krieger) kann sich auch sehen lassen, nebst Gregory Hines (Diese Zwei sind nicht zu fassen, Mr. Bill) und Tom Noonan (RoboCop 2, Last Action Hero).
Sehr spannend, atmosphärisch und ein wenig mysteriös. Wadleigh ist hier ein fesselnder 80er Jahre Horrorfilm gelungen mit einem eher untypischen Plot, der bestens funktioniert. Wäre nur das Tempo ein wenig höher, oder die Laufzeit kürzer. Trotzdem Grusel vom Feinsten mit einigen blutigen Intermezzos und tollen Darstellern, daher 7,5 Punkte von mir.