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Der Literat, Poet und Undergroundfilmer Walter Gutman (1903 - 1986) liefert in seinem ersten abendfüllenden Spielfilm "Die Tochter des Traubenhändlers" ein Selbstportrait ab, welches er mit seinen Wünschen und Sehnsüchten filmisch umsetzt.

Gutman selbst übernimmt die Hauptrolle dieses Filmes. Er kommentiert die Filmhandlung und möchte seine Lebensphilosophie dem Zuschauer nahebringen, indem er über seine Erfahrungen mit Frauen, Golfsport und Judentum berichtet.
Daneben übernimmt er die Rolle des Bacchus, der der Völlerei und der Wollust frönen will. Im Film verwirklicht er seinen Traum, eine lukullische Sexorgie im römischen Stil zu inszenieren. Er befiehlt seiner Tochter, einen Berg Weintrauben aufzuschichten.
In den Trauben vollzieht er die geplante Orgie mit seinen nackten Gespielinnen.

Gutman sieht sich als der Libertin einer hedonistischen Wunschgesellschaft.

Einige Kritiker beurteilten dies allerdings anders. Sie sahen in Gutman lediglich einen Dirty Old Man, der ein sexorientiertes Machwerk in Szene setzte.

Der WDR sah dies offenbar nicht so und gliederte diesen Film ein in seine "Testbild"-Reihe, die dem unkonventionellen Experimentalfilm gewidmet war und Beiträge von Andy Warhol, Jonas Mekas, Ed Emshwiller, Mark Rappaport oder Werner Nekes präsentierte.

Erstaunlich war, dass "Die Tochter des Traubenhändlers" im Gegensatz zu allen anderen (untertitelten) Beiträgen in einer professionell deutsch synchronisierten Fassung gesendet wurde. (Walter Gutman wurde gesprochen von Arnold Marquis).
Dies läßt darauf schließen, dass für den Film zunächst eine Kinoauswertung geplant war, sich aber wohl kein Verleih fand, diesen ungewöhnlichen Film zu präsentieren. Ein breites Publikum hätte auch kaum Zugang zu diesem Film gefunden.

Den Film gerecht zu bewerten, ist kaum möglich. Er ist ganz auf die Person Gutmans zugeschnitten und bietet weder Voyeuren noch Cineasten ausreichend Qualitätskriterien. Er erfordert vielmehr ein völlig anderes Filmverständnis. Ein Experimentalfilm eben.

Fürs Fernsehen 1976, lange bevor es Videokassetten und Privatsender gab, war der Film ungewohnt freizügig, da die Sexszenen sehr explizit in ihrer Darstellung waren.

In jedem Falle ist "Die Tochter des Traubenhändlers", der nach seiner TV-Premiere bis heute nie wiederholt wurde, einer der obskursten Filme der Fernsehgeschichte.

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