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Airport `79

Finaler Akt der Airport-Reihe, bei dem der Gaga-Gehalt der ersten beiden Sequels die Schallmauer durchbricht. Wer sich weder an derben Zoten, irren Volten noch niedlichen Modelltricks stört, der ist hier bestens aufgehoben. Der Rest sollte lieber gleich bei Leslie Nielsen ins verrückte Flugzeug steigen.

Als Stewardess Isabelle zwei schwarze Kaffee in der Kanzel mit den ehrfurchtsvollen Worten „You pilots are such … men.“ serviert, erwidert Pilotenurgestein Joe Patroni lapidar: „They don´t call it the cockpit for nothing honey.“

Ja, im vierten Airport-Kracher „The Concorde - Airport `79“ geht es zotig zu und wer darauf pikiert reagiert, der kann gleich auschecken. Wer sitzen bleibt, wird mit einem regelrechten Schlüpfrigkeit-Dauerfeuer von Einheizer Joe beglückt. Als die aktuelle Gattin seines Fluglinienchefs mal kurz vorbei schaut, klärt er die feixenden Kollegen wie folgt auf: „She's his fourth wife. He always was a horny bastard. There's this story that back in the 20's when he was barnstorming he made a bet that he could put it to this good lookin' wing walker. He boffed her right out on the wing a thousand miles above El Paso. His ass got so sunburned he couldn't sit down a week!“ Besonders gut harmoniert er mit seinem französischen Kollegen Paul Metrand - immerhin vom Womanizer Nummer 1 der Grande Nation verkörpert (Alain Delon) - , schließlich nutz der ihren Overnight-Stop in Paris nicht nur für ein Schäferstündchen mit Chef-Stewardess Isabelle, sondern vergisst dabei auch nicht den amourösen Hunger seines amerikanischen Bruders im Geilste, äh Geiste. So darf Patroni sich über eine ebenfalls allzeit bereite Freundin Isabelles hermachen, die noch dazu über erstaunliche Gemeinsamkeiten verfügt (u.a. Single und Sohn auf der Kunstakademie). Obwohl die willige Dame sogar für Schmetterlinge im Bauch des alten Schwerenöters sorgte, nimmt er es seinem Kumpel nicht krumm, als der ihm am Folgetag den professionellen Hintergrund seiner vermeintlich neuen Eroberung beichtet. Er goutiert es wies gemeint war - also als Freundschaftsdienst unter Alphatieren - und bedankt sich umgehend mit einer weiteren Kriegsgeschichte: „Gee, I remember this Eurasian gal. She had these great big blue eyes. They called her the tarantula. You ever run into her? - „No, I don't think so.“ (Metrand) -„You'd remember if you did. She was a real ball breaker!“

Ach ja, geflogen wird in „Airport `79“ auch noch - und wie. Schließlich wartet der Film mit dem seinerzeit neuesten Scheiß der zivilen Luftfahrt auf, dem ersten Überschallflugzeug der Geschichte. Dass die französisch-britische Koproduktion „Concorde“ aufgrund eines schweren Unfalls nur 25 Jahre in Betrieb sein sollte, ahnte da noch niemand. Entsprechend ehrfürchtig und glorifizierend präsentiert der Film den schmucken Vogel. Einzig Badass-Flieger Joe Patroni zeigt sich unbeeindruckt: “I've flown just about every type of aircraft through three wars and forty pounds. Only thing I'm afraid of is heights. Are you afraid of anything, Metrand?“ George Kennedy gibt diesen Aviator Diabolus bereits zum vierten Mal und ist damit die einzige personelle Konstante der Reihe. Warum dieser Meisterpilot im ersten Film lediglich als Chefmechaniker, im zweiten als Fluglinien-Offizieller und im Dritten als unbeteiligter Beobachter auftritt, wollen wir mal nicht näher hinterfragen. Jedenfalls und vor allem Gottseidank sitzt dieser Teufelskerl im Concorde-Cockpit, denn in guter alter Airport-Tradition haben es ganz böse Buben auf das schmucke Fluggerät und seine bemitleidenswerten Insassen abgesehen.

Diesmal heißt der Party-Pooper Kevin Harrison (Robert Wagner auf Schmierlappen-Autopilot), der uns als Vorsitzender eines Rüstungskonzerns schon per se suspekt ist. Und natürlich hat der schmierige Kerl Dreck in Form von illegalen Waffengeschäften mit dem Feind am Stecken. Als die Journalistin Maggie Whelan (Susan Blakely) droht das ihr zugeschanzte, vertrauliche Material zu veröffentlichen, sieht sich Kevin plötzlich allein im Glas-Haus. Zum Glück testet seine Firma gerade eine neue Kampfdrohne zur Vernichtung feindlicher Jets. Durch eine zarte Umprogrammierung wird diese nun auf die Concorde angesetzt, mit der Maggie nach Paris unterwegs ist. Das Schicksal des schicken Überschall-Fliegers scheint besiegelt, schließlich hat die Drohne schon eine Reihe erfolgreicher Tests absolviert. Leider ist Kevins selbstgefälliges Grinsen nur von kurzer Dauer, denn Pete „Maverick“ Mitchels Großvater im Geiste bewirbt sich noch nachträglich für Top Gun. Der aufmerksame Leser hat es längst erraten, Flieger-Magier Joe Patroni pfeift auf den überforderten Autopiloten und ringt der ehrwürdigen Concorde ungeahnte Luftkampfqualitäten ab. Nachdem er mit allerlei Loopings und plötzlichen Ausweichmanöver die nervige Verfolgerin zur Weißglut getrieben hat, eilt die beflügelte US-Kavallerie herbei und ballert Kevins Spielzeug in die ewigen Jagdgründe. 

Der so schnöde Düpierte zeigt sich indes unbeeindruckt, schüttelt sich kurz und bläst umgehend zur zweiten Runde, schließlich weiß er, was sich gegenüber sensationslüsternen Airport-Fans gehört. Dank bester Beziehungen schickt er nun einen bemannten Spielverderber in Form einer bestens ausgestatteten Phantom ins Rennen. Diesmal darf Paul Metrand Tollkühnheit hinter dem Steuerknüppel zelebrieren und die Concorde auf ihre Flugshow-Tauglichkeit testen. Irgendwann hat Patroni allerdings genug vom untätigen Bewundern des Flug-Gebalzes seines französischen Kumpels. Also öffnet er kurzerhand das Cockpit-Fenster und feuert Leuchtmunition als Täuschkörper ab, bis diesmal die französische Luftwaffe den Fangschuss geben darf.

Der arme Kevin hat also erneut versagt, was nicht heißt, dass er nicht noch ein finales Ass im schmutzigen Ärmel hat. Dank monetärer Überredungskunst kann er zwei Wartungstechniker zur Anbindung einer Bombe mit Zeitschalter motivieren, die während des Weiterflugs nach Moskau die Frachtluke wegsprengen soll. Aber wir ahnen es schon, die zwei glorreichen Halunken mit Pilotenschein bestehen auch ihre dritte Crash-Prüfung mit aufreizend lässiger Bravour und landen die schwer beschädigte Maschine auf einer von Skilehrern in Rekordzeit präparierten, alpinen Piste. Da Maggie sich und die bösen Papiere retten konnte, erweist sich Kevin als Kenner altjapanischer Rituale bei erfolgtem bzw. drohenden Gesichtsverlust. Auch für die Concorde endet es mit einem Knall, aber immerhin in einer malerischer Schneelandschaft.

Ja, technisch gesehen ist das alles natürlich völlig Gaga. Aber in einem Szenario, in dem zwei nicht mehr ganz junge Schürzenjäger zwischen tödlichen Gefahrensituationen reihenweise launige Anzüglichkeiten austauschen, die Tricktechniker unbedingt einmal ihr Material aus der Filmhochschulen-Experimentierzeit auf der großen Leinwand sehen wollten und Softporno-Legende Sylvia Christel („Emanuelle“) mit Nouvelle Vague und Noir-Ikone Alain Delon anbandelt, sind die Flugkunststückchen der Concorde das Sahnehäubchen auf einer knallbunten Kindergeburtstagstorte.

Auch im Kontext der Airport-Serie macht Teil 4 absolut Sinn. Vom vergleichsweise geerdeten Personen- und Situationen-Drama (Airport, 1970), ging es über den Macho-Knaller mit Stewardess-Feuertaufe (Airport `75) zum Achterbahn-Tauchtrip mit Boing-Wasserung (Airport `77). Da bleibt eigentlich nur noch ein Actionthriller im 007-Stil, zumal man dabei die in den ersten beiden Sequels etablierten Ballaballa-Zutaten wunderbar untermischen kann. Die Übergänge zur unfreiwilligen Parodie sind damit selbstredend fließend, was dem Spaß je nach Erwartungshaltung abträglich oder aber eben ganz besonders zuträglich ist. Rein qualitativ bildet der finale Airport-Film sicherlich das Schlusslicht, aber eines mit besonders leuchtendem Rotlicht.

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