Noch bevor Soderbergh im neuen Jahrtausend zum neuen Regie-Superstar aufstieg, hätte er ein paar Ehrungen mehr schon verdient gehabt, denn "Out of Sight" ist eine wunderbare Vermischung aus Gangsterballade, Romanze, Seventies-Style und Post-Tarantino-Feeling, die ihren kommerziellen Mißerfolg nicht verdient hat.
Allein der Mut zu einer wunderschön verschachtelten Erzählweisen mit Hin- und wieder Rückblenden, die die Aufmerksamkeit des Zuschauers erfordern, aber den eigentlich relativ unwichtigen Coup auf Umwegen ins Sichtfeld und zu Bedeutung bringen. Grundsätzlich geht es ja um einen Diamantenraub, der durch amuröse Verwicklungen (Bankräuber verliebt sich in FBI-Agentin) und diverse Widrigkeiten (unsichere Mitstreiter, gewissenlose Gegenspieler aus dem Knast) behindert werden.
Im Kometenschweif von "Pulp Fiction" erschafft Soderbergh jedoch sein ureigenste Vision vom Gangstertum, irgendwo zwischen Charme, Retro-Style und brutaler Gewalt, garniert mit einem Augenzwinkern. So gerät die Konstruktion, eh schon kompliziert durch die Erzählweise, zu einem dramaturgischen Hindernislauf mit Unterbrechungen, die Soderbergh jedoch benützt, um seinen Charakteren auch Zeit zur Entwicklung zu geben.
Clooney hat hier, neben üblicher Coolness, ein paar wirklich charmante Szenen und selbst die für gewöhnlich fehlbesetzte Jennifer Lopez nervt hier nicht allzu stark. Ving Rhames ist wieder mal top als Nebendarsteller, während sonst noch diverse alte Bekannte mal eben hereinschauen. Dabei scheint Steve Zahn, als geistlos-bekifte Labertasche direkt einem Tarantino entliehen und Michael Keatons Cameo findet sogar in seiner Rolle aus "Jackie Brown" statt.
Star des Films ist jedoch sein zwangloser und aufpolierter Look. Obwohl in der heutigen Zeit spielend, bringt Soderbergh den Look der 70er immer wieder ins Blickfeld. Allein Catherine Keeners Adele ist so widerlich retro, daß einem glatt das Augenlicht raubt.
Ansonsten dominiert ein eigenwilliges Licht und knallende Farben. Die Gefängnisszenen glänzen im hellen Sonnenschein mit leuchtendgelben Overalls, die Ausbruchsszenen im schönsten Nachtblau, der Juwelenraub in einer düsteren Verhangenheit, der folgende Schneefall wieder in strahlenden Farben. Intensiv leuchtend spricht daraus eine grundsätzliche Sympathie für diesen Film, der sich selbst nicht für so wichtig nimmt.
Weiterhin unterstützt wird das alles durch eine ungewöhnliche, aber sehr schöne Musik, die sich aus 70er-Stilen und jazzigen Themen zusammensetzt und meist so wirkt, als würden "Die Straßen von San Francisco" hier gleich durchstarten.
Gewaltausbrüche, von denen es einige gibt, werden meist durch Ironie oder Albernheiten wieder gemildert und das Ende bietet ein fröhliches Augenzwinkern in eine Zeit, die aus den Kinos leider schon lange verschwunden ist.
"Out of Sight" sieht beinahe so aus wie "Oceans Eleven", hat aber mehr Tiefe. Und mehr Herzlichkeit. (8,5/10)