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Vor einer britischen Küste läuft ein Frachtensegler auf ein Riff, an Bord befindet sich nicht nur die tote Mannschaft, sondern auch einige Kisten und in einer von denen ein sonnenscheuer Passagier. Ähnlich wie in "Nosferatu" und manch andere Adaptionen von Bram Stokers Romanvorlage verschlägt es den Grafen Dracula nun unter fadenscheinigen Gründen nach England, wo er eigentlich hinter einer attraktiven, jungen Unschuld her ist, deren Liebe ihm das höchste Glücksgefühl der letzten Jahrhunderte verschaffen soll. Auch die anschließende Einführung der Charaktere klingt namentlich vertraut, Lucy, Mina, Van Helsing, Renfield, Harker und Dr. Seward, Vater des weiblichen Blutopfers und gleichzeitig Arzt, der in regelmäßigen Abständen willkürlich jedes Leiden mit Laudanum behandeln will, außer das seiner Tochter ("Bin ich verrückt?"). Donald Pleasance geht in der Rolle auch mit etwas unfreiwilligen Humor auf, während die Erscheinung von Frank Langella ("Brainscan") als Vampirfürst mit Koteletten, Föhnfrisur und behaarter Brust nicht selten den Sexappeal von Machos aus zweitklassigen 70er Jahre Krimis versprüht. Anziehend wirkte das damals anscheinend schon und zudem verfügt diese 79er Ausführung des berühmtesten Filmexports Transsylvaniens über übersinnlich hypnotische Fähigkeiten mit seinem Blick und kleinen Handbewegungen, welche die Kamera nur zu gern in Großaufnahen wie Krallen abbildet. Diesen Film nun als Trashfilm abzustempeln würde ihm Unrecht tun, dafür gibt es zu viele Indizien für einen seiner Zeit entsprechend altbackenen, doch auch immer wieder gruseligen Vertreter seines Genres. Anfang des 20. Jahrhundert dürfte etwas unentschlossen die Handlung spielen sollen, dass die US-Produktion im britischen Cornwall gedreht wurde macht sich dagegen ebenso bezahlt, wie die in einem Londoner Studio gemalten Landschaftskulissen, wie man sie auch von Hammer Produktionen kennt. Die stürmisch-regnerische Nacht zu Beginn ist leider auch schon die atmosphärisch dichteste Sequenz, die zwischen der rauen Küstenlandschaft und der Psychiatrie mit ihren aufgebrachten Patienten hin und her wechselt, dagegen ist das Carfax-Schloss wie eine Geisterbahn ausstaffiert, kaum eine Ecke ohne Spinnweben. Das Nebelaufkommen, in dem sich Spinnen, Ratten und Fledermäuse tummeln, ist beträchtlich, letzteres Getier wird sogar mit subjektiver Kamera im Flug besonders in Szene gesetzt. Weitere Highlights sind Szenen in der altertümlichen Nervenheilanstalt und quasi schwerelose Wandklettereien des Nachtgeschöpfes, wenn sich dieses nicht gerade in Fledermaus oder Wolf verwandelt hat. Nicht nur für den Gothicfan hat "Dracula '79" von allem ein wenig, was eine Verfilmung des Themas als kurzweilige Unterhaltung braucht. Einen wirklich ausgenommen düsteren Schocker wird wohl keiner erwarten, der im Vorspann bereits den Namen John Badham als Regisseur entdeckt, der ein Jahr zuvor die Teenieklamotte "Nur Samstag Nacht" drehte. Zwischen seiner Entstehungszeit und der gespielten Epoche mischend hat es ein wenig von Rätselraten bei der zeitlichen Einordnung. Bezeichnend dafür sind Verfolgungsjagden mit Kutsche und Auto, Tradition und Moderne, beides im Zeitraffer, statt in nostalgisch anheimelnder Schaueratmosphäre. Dafür erscheint Dracula selbst im 70s Outfit mit extragroßem Kragen am Umhang, ganz anders die Mina, die untot in einem erstaunlich herberen Look wie ein Zombie aussieht. Innovativ im positiven Sinne ist das finale Ableben des Grafen Dracula, wenn es denn eines ist. Spektakulär ist es auf jeden Fall, zumal auch seine krähende Synchronstimme für Aufsehen sorgen kann, um es einmal wertungsfrei zu formulieren. Das Beste ist allerdings immer wieder dieser Dr. Seward, als beispielsweise Mina mit zwei Wunden am Hals gestorben vor ihm liegt und er betroffen feststellt: "Das sieht nicht gut aus". So oder ähnlich wurden Schauspieler wie Donald Pleasance zu Genrelegenden.

Fazit: Auch mal wieder mehr ein Kind seiner Zeit, als eine nahe am Roman orientierte Verfilmung des bekannten Blutsaugers. 70er-Fans kriegen einiges geboten, der Gruselfan nur sehr bedingt. 5/10 Punkten

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