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Dracula, die 495. Universal, VÖ Juni 1979, Regie: John Badham, mit Frank Langella, Laurence Olivier, Kate Nelligan, Donald Pleasance

Dass gerade der Schöpfer von Saturday Night Fever sich einer stilechten Verfilmung des Bram-Stoker-Stoffes annehmen würde, mutete wohl auch 1979 seltsam an. Dennoch ist diese Mirisch-Produktion eine achtbare Adaption des Stoffes. Basierend auf dem geographisch reduzierten Theaterstück gleichen Namens verkürzt der Film die Vorlage, entledigt sich der Karpaten und des Londoner Settings.

Wie schon vielfach beschrieben ist diese Verfilmung die Urmutter der tragisch-romantisch verklärten Interpretation der Dracula-Figur. Frank Langella (der den Grafen auch auf der Bühne zum besten gab) transformiert die bis dahin noch weitgehend im Christopher-Lee-Horror-Turf angesiedelte Figur zum glutvollen romantischen Liebhaber mit dunklem Geheimnis. Das funktioniert auch wunderbar, hätte man sich bloss dazu durchgerungen, ihm den zeittypischen Tony-Manero-70s-Haarschopf zu stutzen. Die steten Assoziationen zu Tanzlehrern, Dressmen und Tanzhallen-Gigolos nehmen dem Film einiges an Durchschlagskraft, daran kann auch Langellas suggestive Darstellung nichts ändern. Eine Riege verläßlicher britische Edelmimen (Olivier, Pleasance etc.) stehen ihm versiert zur Seite und die schockschöne Fotografie (Gilbert Taylor, der kurz darauf leider verstarb) und das berückende Set Design (Albert Whitlock) tun ihr übriges, um die Schlösser, Katen, Höhlen und ein wunderbar stimmungsvolles Irrenhaus an der zerklüfteten Küste von Cornwall zum Leben zu erwecken. Einige Details der Figurenkonstellation wurden vertauscht (siehe Filmbeschreibung), was allerdings nicht viel am Grundstoff ändert. Eine Novität ist die vom Bond-erprobten Designer Maurice Binder gestaltete artifizielle Liebesszene zwischen Dracula und Lucy, die deren Vereinigung wie einen Fieberrausch in schreiendem Blutrot präsentiert. Das ganze wirkt auf heutige Augen sicher eher befremdlich, bietet jedoch einen wirkungsvollen Kontrast zu der allseits herrschenden Düsternis und gibt dem Film somit einen würdigen Höhepunkt, bevor das unvermeidliche Finale eingeleitet wird. Danach kann vor allem die Szene mit der untoten Mina punkten, die als "White Zombie" in einem Minenschacht umhertappern darf und es auf ihren Vater, Laurence Olivier in der Rolle Van Helsings, abgesehen hat. Die finale Flucht Draculas, der mit seiner erwählten Braut Lucy in den Armen durch nebelverhangene Wälder flieht, ist in Verbindung mit dem groß aufspielenden London Symphony Orchestra ebenso ein kleines Schmankerl.

Damals wie heute hat der Film unverständlicherweise harsche Kritik einstecken müssen. Zu unentschlossen und opportunistisch pendele er zwischen romantischem Kitsch, unnötigen Gewaltszenen, sei einfach nicht gruselig genug und mit einem lächerlichen Ende ausgestattet. Zur Erinnerung: in Stokers Vorlage gelingt es Dracula, über Varna zurück zu seinem Schloß zu fliehen. Erst dort gelingt es seinen Jägern, ihn mithilfe von Bowiemesser und Gurkhadolch in die Ewigkeit zu schicken. In Badhams Variante wird der Vampir effektreich an einem Mast baumelnd der Sonne geopfert, nachdem ihn Harker und Van Helsing auf dem Schiff, das gen Varna segelt, stellen können. Der daraus resultierende Kampf kostet sowohl Dracula als auch Van Helsing das Leben, während seine Tochter Lucy vom Bann des Untotendaseins erlöst wird...so scheint es. Am Ende darf des Grafen Cape vielsagend in den unendlichen Horizont segeln - ein ambivalentes Ende, dass von etlichen Zeitgenossen mit geringer Imagination natürlich als ein grober Vorgriff auf ein mögliches Sequel fehlinterpetiert wurde. Badhams Regiekommentar auf der DVD legt freilich glaubhaft dar, dass das Ende in der Tat vielseitig auslegbar sei. Während Lucys sehnsuchtsvoller letzter Blick andeuten könnte, dass sie eine Rückkehr des Grafen herbeisehnt, so kündet der tragische Streicherflor der Abspannmusik vom endgültigen Ende einer Ära.

Damit soll guter Letzt noch die grandiose Musik von Altmeister John Williams Erwähnung finden. Enstanden in der kreativen Hochphase des Komponisten (STAR WARS, THE FURY, SUPERMAN, JAWS II und CLOSE ENCOUNTERS entstanden kurz zuvor, THE EMPRIE STRIKES BACK im direkten Anschluß) bietet DRACULA eine furiose neoromantische Partitur mit einem sehr memorablen Hauptthema, das eine schier unglaubliche Anzahl an leitmotivischen Variationen durchläuft, bevor es im Abspann als hintergründig-versonnenes Klagelied auf der Oboe ertönt, um dann wie erwähnt in vollem Streichersaft die schaurige Moritat zu einem würdevollen Ende zu bringen. Bis heute leider nur auf einer dumpf klingenden MCA-Platte (nebst Varése CD) veröffentlicht, ist dies der letzte der großen Williams-Meisterwerke, die auf eine klanglich überarbeitete Komplett-Edition gehören. Die dramaturgische Schlagkraft, die Williams' Musik im Film ereicht lassen einen wehmutsvoll an jene (noch nicht mal so lange zurückliegenden) Jahre denken, in denen die Musik nicht als ständig nebenher säuselndes Beiwerk konzipiert wurde, sondern als operatives Element geradezu herausgefordert wurde, den Film musikalisch zu gestalten.

Die kürzlich erschienene DVD wurde dahingehend bearbeitet, dass die prachtvollen Farben der Kinofassung gegen ein monochromes Grün ausgetauscht wurden - angeblich schon damals der Wunsch von Regisseur John Badham. Leider kann man sich die ganze Zeit des Eindrucks nicht erwehren, einem fälschlich verstellten Farbregler beizuwohnen. Wer also die alte ARD-Aufnahme noch hat, sollte diese nicht zu vorschnell wegwerfen.

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