Der aus drei Episoden bestehende Pilotfilm zu Rod Serlings "Night Gallery" hat mich auf angenehme Weise positiv enttäuscht. Da mir keine näheren Informationen zu der nun doch schon recht betagten Serie vorlagen, schraubte ich vorsorglich meine Erwartungshaltung etwas zurück. Im Gegensatz zu der Vorgängerserie "The Twilight Zone" sind die Inhalte bei "Night Gallery" eher im Horrorbereich zu verorten, als im Bereich von Science Fiction. Sowohl inhaltlich, als auch qualitativ erinnerten mich die drei Episoden des Pilotfilms an die großartigen Kurzgeschichten von Robert Bloch (den Autor von "Psycho").
Rod Serling himself moderiert auf sehr charmante Art, indem er zu jeder Geschichte vorab eine Einleitung erzählt. Aufhänger ist dabei jedesmal ein Gemälde, welches inhaltlichen Bezug zu der jeweiligen Episode besitzt und in der Regel ein seltsames, düsteres, makabres, oder phantastisches Motiv zeigt. Die einzelnen Episoden sind dabei sinnvollerweise nicht an eine bestimmte Länge gebunden, sondern fallen mal länger oder kürzer aus, je nachdem wie es der Story dienlich ist. Dabei hebt sich Mr. Serlings Kommentar wohltuend vom reisserischen Ton jüngerer TV-Formate ab. Ein schlichtes "believe me" am Ende einer Episode entfaltet dadurch erheblich mehr Wirkung, als die aufgesetzte, pathetische Effekthascherei bei der Anmoderation, wie sie heutzutage leider üblich ist.
In "Eyes" geht es um eine Augenoperation, die ein Arzt gezwungenermaßen durchführen soll, um es einer reichen, aber umso unsympathischeren blinden Dame für ein paar wenige Stunden ermöglichen wird zu sehen - auf Kosten des Spenders, der dafür für den Rest seines Lebens blind sein wird. Diese Episode hatte eine vergleichbare Wirkung auf mich, wie der Film "Extrem ... mit allen Mitteln", welcher ja auch moralische und ethische Fragen im Kontext medizinischer Möglichkeiten aufwirft und eine echte Gänsehaut beim Zuschauer hinterlässt. (8.5 / 10)
"The Cemetery" hat zum Thema einen schnöseligen Erbschleicher und eine Rache aus dem Jenseits. Obwohl die Handlung recht dünn und vorhersehbar ist, kann diese Episode mit einem netten "double twist" am Ende aufwarten. Sehr schön auch, wie das Gemälde in die Handlung integriert wurde. Richtig gruselig ist das Ganze zwar nicht, aber liebevoll umgesetzt. (6.5 / 10)
In "The Escape Route" dreht sich die Handlung um einen Nazi-Kriegsverbrecher, der sich in Südamerika versteckt hält und dort mittels eines Gemäldes in einem Museum mit seiner Vergangenheit und seinem Schicksal konfrontiert wird. Hier überzeugt vor allem auch wieder die Besetzung, bis hin in die Nebenrollen. (8.5 / 10)
In allen drei Episoden wurde die Spielzeit sehr optimal ausgenutzt. Die typischen Defizite des Formats (z.B. das obligatorische Mißverhältnis beim Handlungsaufbau, durch eine zu lange Exposition und einem daraus resultierenden, gehetzten Finale) wurden sehr gekonnt vermieden. So wird beispielsweise das Verstreichen von Zeit durch Glockenschläge methodisch sehr einfach aber sinnvoll angedeutet. Dadurch wird keine Zeit für die Erklärung von Nebensächlichem verschwendet, was wiederum der eigentlichen Handlung und einer straffen Dramaturgie zugute kommt.
Ausstattung und Locations sind ebenfalls sehr gut und stimmig geraten. Namhafte Schauspieler wie Larry Hagmann, Diane Keaton, Joan Crawford, oder die Beteiligung von Regisseur Steven Spielberg bürgen überdies für Qualitätssicherung. Wenn die einzelnen Folgen von "Night Gallery" das Niveau des Pilotfilms halten können, ist die Serie auch heute noch eine echte Empfehlung wert und wesentlich besser gealtert, als etwa die völlig anachronistischen "Gefrierschocker" der "Hammer House of Horror" Reihe, die zudem noch über 10 Jahre später entstanden ist. Von deren Naivität, dem trashigem Charme oberflächlicher Dialoge und stellenweise peinlichem Overacting hebt sich "Night Gallery" qualitativ jedenfalls deutlich ab.
Der Horrorfaktor beschränkt sich in allen drei Episoden vornehmlich auf die psychologische Wirkung der Protagonisten (und natürlich deren Handlungen) im Kopf des Zuschauers, d.h., blutige Effekte, CGI-Ektoplasma, oder irgendwelche Monster sind hier nicht zu finden. Gerade aber deshalb stellt sich bisweilen eine Gänsehaut ein, weil die dargestellten Handlungen und deren Konsequenzen eben durchaus glaubhaft und realistisch wirken.
Fazit: Ich freue mich nach diesem gelungenen Pilotfilm einfach auf die weiteren Folgen der Serie und kann mir sehr gut vorstellen, dass der nostalgische Stil und die hintergründigen Inhalte von "Night Gallery" auch in Zukunft noch ein besonderes, wiederholbares Sehvergnügen darstellen werden. 8 / 10 Punkten.