Schafft es der Mensch der Verlockung grenzenloser Macht zu wiederstehen, oder wird er moralisch schwach?
Glaubt mir: Eine Serie zu finden die genauso komplex und durchdacht ist wie Death Note, sollte eigentlich unglaublich schwer sein. Doch wenn man sich genauer umhört fällt immer wieder der Namen „Code Geass“. Um zu überprüfen ob die Serie tatsächlich diesem Vergleich standhält, hatte ich sie schon vor einer Weile zum ersten Mal auf den Prüfstand geschickt. Und die zweite Sichtung möchte ich mir nun zum Anlass nehmen, den Anime endlich mit einem Review zu jeweils beiden Staffeln entsprechend zu würdigen.
Ich fange wie immer mit der groben Handlung an: Die Geschichte versetzt uns in eine Zukunft, in der Britannien nahezu die gesamte Welt erobert hat. Unter den besiegten Ländern befindet sich natürlich auch Japan, das als Dreh- und Angelpunkt der Handlung fungiert. Japan selbst wird ab sofort nur noch als „Area 11“ bezeichnet und die Bürger abfällig als „Elevens“. Die Japaner wurden ihrer Menschenrechte beraubt und in ein Ghetto eingesperrt. Aufstände werden von Britannien sofort mit eiserner Härte bestraft und im Keim erstickt. Die Menschen stehen dem machtlos entgegen. Eher zufällig wird der Brite Lelouch Vi Britannia in die Geschehnisse verwickelt. Doch dann macht er die schicksalhafte Begegnung mit der Hexe C.C. Diese verleiht ihm eine unvorstellbar praktische Gabe, das sogenannte „Geass“. Mithilfe dieser Macht ist es Lelouch also möglich, die Gedanken eines Menschen durch einen Blick in seine Augen zu beeinflussen. Dadurch ist sein Gegenüber dazu gezwungen seinen Befehlen bedingungslos zu folgen. Da Lelouch seit einem traumatischen Kindheitserlebnis immer noch eine Rechnung mit der Regierung des britannischen Reiches offen hat, schließt er sich einer kleinen Widerstandsbewegung an und führt diese als maskierter Rächer „Zero“ gegen sein eigenes verhasstes Land an.
Das Erzähltempo von CG ist geradezu rasant, denn in fast jeder Folge passiert etwas Bedeutendes. Das führt dazu, dass man als Zuschauer nur allzu oft einfach mit offenem Mund vor dem Fernseher sitzt. Bei der ersten Staffel steht vor allem die Frage im Mittelpunkt, wer sich hinter der Maske von Zero versteckt. Denn außer C.C. ist niemand in das Geheimnis von Lelouch eingeweiht. Das führt natürlich auf längerer Sicht zu Misstrauen in den eigenen Reihen. Das Potential und die inszenatorischen Möglichkeiten die durch eine fiktive Kraft wie das „Geass“ möglich sind, werden von der Serie voll ausgeschöpft. Dadurch gelingt es, sehr viele intelligente, hochspannende, bzw. auch extrem dramatische Szenen in die Handlung mit einfließen zu lassen. Vor allem das Kalkül und die Skrupellosigkeit vom Hauptcharakter Lelouch tragen zu unangenehmen Wendungen bei. Es ist wirklich verblüffend wie analytisch er vorgeht, um seine Ziele zu erreichen. Dabei schreckt er natürlich auch nicht vor unmenschlichen Handlungen zurück. Also ist der oftmals vorgenommene Vergleich mit Light Yagami aus Death Note nur berechtigt.
Neben dem Genie Lelouch und der sehr undurchsichtigen C.C., gibt es aber noch eine ganze Horde an weiteren interessanten Charakteren. Allen voran natürlich Suzaku Kururugi, ein langjähriger Freund von Lelouch, der allerdings auf dem Schlachtfeld der erbittertste Gegner seines alten Egos „Zero“ ist. Der Charakter der sympathischen Wiederstandkämpferin Kallen Stadtfeld ist auch sehr interessant angelegt, schließlich führt sie wie Lelouch ein gefährliches Doppelleben. Eine weitere tolle Figur auf dem „Code Geass-Schachbrett“ ist Lelouchs kleine Schwester Nunally Lamperouge. Da sie blind und an den Rollstuhl gefesselt ist, versucht sie ihr Bruder unter allen Umständen vor der grausamen Welt voller Krieg und Unterdrückung zu beschützten. Gerade durch diesen Charakter wird Lelouchs innere Zerrissenheit besonders deutlich aufgezeigt. Somit fällt es trotz seiner vielen unmenschlichen und schlimmen Entscheidungen extrem schwer, ihn in die Schublade Gut oder Böse zu stecken.
Neben den ganzen psychologischen Figuren und Problemen, kommt in GC aber auch die Action nicht zu kurz. Diese wird hauptsächlich durch Mecha Fights ausgetragen. Für alle Fans der stählernen Ungetüme erfüllt sich also ein Traum, denn die fetzigen Schlachten sind auf allerhöchstem (Evangelion) Niveau. Dieser Level wird natürlich hauptsächlich durch die grandiosen Animationen erreicht. Die Kämpfe wirken sehr realistisch und intensiv, auch die taktische Raffinesse von Lelouch kommt dort voll und ganz zur Geltung. Das ansprechende Charakterdesign von Clamp hat mir übrigens sehr zugesagt, das ist aber letztendlich eine sehr subjektive Sache.
Komme ich nun zur Musik: Mit dem Opening und Ending Song hat die Serie zwei richtige Kracher im Sortiment. Auch die sonstige Musikuntermalung klingt kurz gesagt mitreißend.
Insgesamt gesehen bietet die Serie also eine anspruchsvolle Geschichte, mit vielen unangenehmen Fragestellungen und Parallelen. Schafft es der Mensch der Verlockung grenzenloser Macht zu wiederstehen, oder wird er moralisch schwach?
Mein Schlusswort:
Code Geass – Staffel 1 ist der Auftakt einer Geschichte die niemanden mehr loslassen wird. Mit einem mächtig lauten Knall fällt der Vorhang für Staffel 1 und das gezeigte stimmte mich einfach nur sprachlos. Die Spannung und Vorfreude auf Staffel 2 war also somit unermesslich hoch. Allerding hatte mich die Serie bereits nach der ersten Season schon voll in der Tasche.
Einen Nachteil gibt es allerdings: Die erste Staffel ist nicht abgeschlossen! Wer wissen will wie alles endet muss auch R2 schauen.