Review
von Alex Kiensch
Nachdem die Welle amerikanischer Teenie-Splatter Ende der 80er-Jahre abgeflaut war, herrschte einige Zeit lang Ebbe im Genre. Beinahe sah es so aus, als hätte der Horrorfilm eines seiner erfolgreichsten Subgenres verloren. Erst 1996 hauchte Wes Cravens ironischer Schocker "Scream" dem Slasher neues Leben ein, löste eine Welle neuer Horrorstreifen aus - und avancierte zum modernen Klassiker.
Und vergleicht man "Scream" mit den meisten anderen Teenie-Schockern, ist es nicht schwer, zu erraten, worin das Geheimnis dieses Erfolgs liegt. Denn die Geschichte um Sidney Prescott (Neve Campbell), die Zielscheibe eines unheimlichen Mörders wird, der seine Opfer per Telefon mit Fragespielen zur Horrorfilmgeschichte quält, bevor er sie umbringt, ist in annähernd perfekter Weise mit Blut, Ironie und schwarzem Humor inszeniert.
Tatsächlich dürfte es der Humor sein, der den Film so weit über den Genre-Durchschnitt erhebt. Dabei reicht hier die Palette von Selbstironie über Filmzitate und Anspielungen quer durch die Horrorfilm-Historie (der Hausmeister im grün-rot gestreiften Pullover heißt natürlich Fred) und wirklich schwarzen Humor bis hin zu einigen sanften Slapstick-Szenen in Zusammenhang mit dem etwas vertrottelten Kleinstadtpolizisten Dewey (David Arquette). Diese Masse an gut getimten Gags und immer wieder hervorbrechender Selbstironie sorgt durchgehend für gute Laune und macht "Scream" zu einem der unterhaltsamsten Beiträge seines Genres.
Darüber hinaus zeichnet sich der Film durch einen vergleichsweise zurückhaltenden und reflexiven Umgang mit Gewalt aus. Weder sterben so viele Figuren wie in den meisten "Freitag, der 13."-Filmen, noch wird sich so offensichtlich an der dargestellten Gewalt erfreut. Vielmehr bleibt der Film in der ersten Hälfte größtenteils ruhig - vielleicht sogar ein wenig zu gemächlich - bevor er dann im spektakulären Schlussteil umso heftigere Blutbäder anrichtet. So entwickelt sich die letzte halbe Stunde zu einem Musterbeispiel an Horror-Hochspannung - nicht zuletzt dank der überraschenden Auflösung, die gekonnt mit den Konventionen des Genres bricht.
In diesem Zusammenhang ist es ein kleines Ärgernis, dass der Film in technischer Hinsicht streckenweise doch recht konservativ bleibt. So werden wie auch bei fast allen anderen Horrorfilmen die Schockszenen durch lautstarken Musikeinsatz erzeugt, was angesichts eines sonst so selbstreflexiven Werkes ein kleines Versäumnis ist. Und wenn die ganze Zeit über die fehlende Notwendigkeit eines Motivs für den Mörder in Splatter-Streifen geredet wird, und dann am Ende doch noch lang und breit über eben dieses lamentiert wird, scheint hier die Ironie ein wenig fehlzuschlagen.
Nichtsdestotrotz ist "Scream" ganz klar einer der großen Horror-Klassiker, der mit ebenso viel Humor wie Blut, packender Spannung, einem starken Soundtrack und überzeugenden Jungstars erstklassiges Unterhaltungskino darstellt.