Es gibt Filme von denen man einerseits nach der Sichtung ziemlich enttäuscht ist, man aber andererseits wohlwollend überlegt, warum sie eigentlich nicht funktioniert haben. "Experiment" ist ein Beispiel für genau so einen Film, dem man aufgrund vieler löblicher Ansätze auch einen nachhaltigeren Gesamteindruck wünscht.
Die der Handlung zugrunde liegende Idee ist sicherlich nicht innovativ, aber verwertbar. Jedoch enttäuscht die Ausgestaltung und Umsetzung der Story. Regisseur Dan Turner vertraute bei seiner Inszenierung (wohl auch budgetbedingt) auf eine sehr natürliche Präsentation seiner Akteure, wodurch der Gesamteindruck im positiven Sinne unspektakulär ausfällt und der Film eigentlich nie reißerisch wirkt. Das ist nicht selbstverständlich im Hinblick auf die Story, die sich um eine äußerst perfide Verschwörung dreht und die weit über das Schicksal der beiden Hauptfiguren hinausgeht. Die finden sich nämlich geplagt von Halluzinationen und ohne Erinnerung an ihr früheres Leben in den Straßen Prags wieder und ahnen nicht, in welche finstere Machenschaften sie geraten sind, denn ihre Gegner gehen über Leichen.
Allerdings überspannt Georgina French in der Rolle der jungen Anna hin und wieder den Bogen der Schauspielkunst, denn egal ob Anna von einer Panikattacke heimgesucht wird oder einen Orgasmus hat, beides drückt sie vornehmlich in Schrei- und sonstigen Krämpfen aus, was leider viel zu aufgesetzt wirkt. An anderer Stelle leidet die Inszenierung dann wiederum an ihrer enormen Behäbigkeit, da viele Einstellungen einfach jegliches Tempo vermissen lassen. Dass Anna an Wortfindungsstörungen leidet, ergibt sich nachvollziehbar aus dem Kontext. Da aber auch ihre Gegenspieler (die sich übrigens überwiegend bereits im fortgeschrittenen Mannesalter befinden) fast nur im Schneckentempo miteinander reden, bringt dies wesentlich mehr Ruhe in den Film als dieser verträgt. Erschwerend wirkt sich dazu noch die deutsche Synchro aus, da viele Dialoge emotionsarm und monoton aufgesagt wirken, während sich die Redner im Film zudem meist bewegungslos gegenüberstehen. Da bleibt man auch als Zuschauer gerne ungerührt, ganz gleich wie aufwühlend die Inhalte auch sein mögen.
Nur selten trägt diese enorm reduzierte Art und Weise der Charakterdarstellung zu der kalten und dunklen Grundstimmung des Filmes bei, etwa wenn der Oberbösewicht seinen wahrlich diabolischen Plan seinem Opfer - einem kleinen Kind - völlig gefühlskalt ins Gesicht sagt. Diese Szene, wie auch die völlig schockierende Endsequenz, bleiben entsprechend lange in der Erinnerung haften. Leider sind diese Momente sehr selten, denn obwohl es in einigen Bildern auch ganz vortrefflich gelungen ist, die Wahnvorstellungen Annas einzufangen, haben diese visuellen Reize einfach eine viel zu kurze Halbwertszeit. Zu viel Zeit wird mit nahezu planlosem Herumlaufen oder eben mit langatmigen Gesprächen verbracht. Eine Szene, in der man den Zuschauer eine Ewigkeit lang beim Einhacken in einen PC zuschauen lässt, hat als Spannungselement vielleicht vor 25 Jahren noch funktioniert, heutzutage wirkt diese Art der Darstellung reichlich altbacken und ereignislos. Einige unlogische Handlungselemente fallen zudem negativ auf.
"Experiment" wirkt daher insgesamt zu unausgewogen um uneingeschränkt zu gefallen. Hätte man die Handlung gestrafft und ihr mehr Drive verpasst und hätte im Gegenzug die Hauptdarstellerin bei Annas Gefühlsausbrüchen etwas tiefer gestapelt, dann wäre aus "Experiment" vielleicht ein kleiner Geheimtipp geworden. So bleibt es bei einem annehmbaren, aber mittelprächtigen Versuch, eine alte Geschichte neu zu erzählen.