Der finnische Schriftsteller Antti Tuuri lieferte bereits zweimal die Buchvorlage für preisgekrönte finnische Kriegsfilme: 1989 erschien das Monumentalepos Talvisota über den finnisch-sowjetischen Winterkrieg 1939/40, zehn Jahre später dann Rukajärven tie ("Die Straße nach Rukajärvi"), der leider vom deutschen DVD-Herausgeber mit dem schwachsinnig-reißerischen DVD-Titel "Ambush 1941 - Spähtrupp in die Hölle" bestraft wurde. In beiden Fällen war Tuuri auch als Co-Autor in die Drehbucherstellung eingebunden.
War Talvisota noch ein überlanges Drama mit zahlreichen Massenszenen von wahren Komparsenheeren inklusive zeitgenössischen Panzern, so ist Rukajärven tie quasi das genaue Gegenteil. Der Film basiert auf den authentischen Erlebnissen einer finnischen Aufklärungseinheit im sogenannten "Fortsetzungskrieg" von 1941, als Finnland im Bündnis mit Nazideutschland die im Jahr zuvor von Stalin geraubten Gebiete Ostkareliens zurückerobern wollte. War die echte Einheit allerdings noch über 50 Mann stark, so schrumpfte sie für die Verfilmung auf ganze 14 Soldaten zusammen. Dieser mit Fahrrädern ausgerüstete Zug erhält in der zweiten Kriegswoche den Auftrag, ein abgelegenes und weitgehend menschenleeres Waldgebiet zu durchqueren und nach möglichen Spuren sowjetischer Truppen abzusuchen. Im Mittelpunkt des Filmes stehen daher nicht Kampfszenen, sondern die ständige Anspannung der völlig auf sich allein gestellten Soldaten und die gruppeninternen Konflikte der Männer untereinander.
Die Hauptfigur ist der Zugführer, Leutnant Eero Perkola, der mit der weiblichen Hilfswilligen ("Lotta") Kaarina Vainikainen verlobt ist. Als er nach Beginn des Unternehmens die Nachricht erhält, dass Kaarina bei einem Überfall sowjetischer Partisanen getötet worden sei, ändert sich Perkolas Charakter. Von Fatalismus und Rachegefühlen getrieben beginnt er damit, sein Leben und das seiner Soldaten durch riskante Entscheidungen aufs Spiel zu setzen. Die Leistung von Hauptdarsteller Peter Franzén bleibt allerdings hinter den Möglichkeiten zurück, die diese interessante Figur und ihr Persönlichkeitswandel eigentlich geboten hätten. Sein Perkola reagiert zumindest für meinen Geschmack auf den Erhalt der Todesnachricht zu emotionslos, der Wandel vom fürsorglichen Gutmenschen zum rücksichtslosen Draufgänger hätte hier noch viel eindringlicher herausgestellt werden können. So aber scheint sich der alte Perkola vom neuen charakterlich gar nicht so sehr zu unterscheiden.
Dieses kleine schauspielerische Manko wird jedoch durch die überzeugende Leistung der Nebendarsteller wieder ausgeglichen, besteht doch der Rest des Zuges aus sehr unterschiedlichen, teilweise gegensätzlichen Charakteren. Unteroffizier Saarinen (Taisto Reimaluoto) ist sozusagen die "gute Seele" der Einheit. Als tiefgläubiger Christ verkörpert er Mitgefühl, Nächstenliebe und Menschlichkeit. Auf der anderen Seite könnte man Korporal Lukkari (beunruhigend lebensecht gespielt von Kari Heiskanen) als den "bösen Geist" des Zuges bezeichnen, ist er doch ein zynischer und gefühlskalter Nationalist, der alle Russen abgrundtief hasst und auch vor der Ermordung verwundeter Kriegsgefangener nicht zurückschreckt. Sein Lieblingsopfer ist der Soldat Raassina (Pekka Huotari), dessen Vater im finnischen Bürgerkrieg 1918 als Kommunist von den siegreichen "Weißen" hingerichtet wurde und den Lukkari deshalb wiederholt verdächtigt, verborgene Sympathie für den Gegner zu hegen. Soldat Heikkinen (Petri Manninen) ist so etwas wie der "Klassenclown", der sich ein unbekümmertes Gemüt bewahrt hat und ständig Scherze auf Kosten seiner Kameraden macht. Der junge Soldat Karppinen (Tommi Eronen) dagegen leidet seit dem Winterkrieg an einer posttraumatischen Belastungsstörung (wie man es heute ausdrücken würde), die sich in Angstzuständen, plötzlichen Stimmungsschwankungen und einer an Hysterie grenzenden Nervosität manifestiert. Und schließlich wäre noch Unteroffizier Tauno Snicker (Kari Vääänänen) hervorzuheben, ein altgedienter Veteran, der nun mit seinem jugendlichen Sohn Ville (Arttu Kapulainen) in derselben Einheit dient und diesen einerseits nicht vor den anderen Soldaten bevorzugen, andererseits aber auch lebend mit nach Hause bringen will.
Vor dem Hintergrund der eindrucksvollen karelischen Seenlandschaft radelt diese kleine Schar durch gewaltige Nadelwälder und über zahllose Wasserläufe von einem menschenleeren Dorf zum nächsten, jederzeit einen sowjetischen Hinterhalt befürchtend. Im Gegensatz zur historischen Wahrheit wurde als dramaturgischer Höhepunkt der Geschichte ein selbstmörderischer Angriff auf eine weit überlegene Einheit der Roten Armee eingebaut (wenngleich diese durch einen gleichzeitigen Frontalangriff anderer finnischer Truppen abgelenkt wurde). Gerade diese Schlachtszene fällt jedoch im Vergleich zum bisherigen Niveau des Filmes deutlich ab. Orangerote Benzinfassexplosionen sollen Granateinschläge darstellen, automatische Waffen müssen auch bei Dauerfeuer grundsätzlich nie nachgeladen werden, und eine Armada von neun (!) Soldaten kann nicht nur die gegnerische Stellung aufrollen, sondern anschließend auch noch schwimmend und unter feindlichem Beschuss einen Fluss durchqueren, um das rettende finnisch besetzte Ufer zu erreichen.
Dennoch vermag auch diese aufgesetzt wirkende Szene den positiven Gesamteindruck des Filmes nicht nachhaltig zu schmälern. Landschaft, Drehbuch, Kameraführung und Darsteller verbinden sich zu einem der besten Kriegsfilme über eine zahlenmäßig kleine Einheit überhaupt, der zusätzlich auch noch auf einem eher ungewöhnlichen und selten behandelten Kriegsschauplatz spielt.