Review

Nach Konsum dieses Filmes ist man geneigt, auf den Titel “Schlimmer geht’s immer” zu antworten:
Sicher dat! Aber so im ersten Moment braucht man schon ein bisschen Fantasie, um sich das Ergebnis unter den gegebenen Umständen noch schlimmer vorzustellen.

Andererseits ist die strukturell etwas von der Norm abweichende Buddy-Komödie - hier bekriegen sich die Buddies auf Distanz anstatt in einer Zwangsgemeinschaft - natürlich nicht ganz so schlimm geworden, wie sich das nun anhören mag. Nur ist alles, was Martin Lawrence neben der “Bad Boys”-Reihe und dem Ausnahme-Glücksgriff “Nix zu verlieren” so angepackt hat, allenfalls ordentliche Unterhaltung (“Der Diamanten-Cop”), in den meisten Fällen aber kaum erträglicher Blödsinn (“Ritter Jamal”). “Schlimmer geht’s immer” reiht sich trotz Danny DeVito eher in die zweite Kategorie ein.

Woran es nicht unbedingt liegt, das ist der Plot. Zwar hört sich die Story um den Kleinkrieg, ja fast Rosenkrieg, zwischen Kleinganove und Geschäftsmann nicht allzu innovativ an, aber das Aufwiegen dieses Kriegs an einem einzigen kleinen Gegenstand ist herrlich “macguffinesk” und hätte durchaus zu einer Schlacht mit vollkommener Überreaktion auf beiden Seiten ausarten können. Was auch durchaus die Absicht war, aber etliche Defizite verhindern eine effektive Entfaltung der Wirkung.

Da wäre zunächst das eher biedere Drehbuch, das komplett die Schemata durchackert. Einbruch, Festnahme, Ausbruch, Rache, peinliche und blöde Situationen, zwischendurch ein paar Parallelschnitte zur Verdeutlichung der Gemeinsamkeiten vom Kleinkriminellen und dem Geschäftsmann. Nebeneinander werden ganz klassisch die Vorgänge gezeigt, die in die Wege geleitet werden, um dem jeweils anderen das Handwerk zu legen. Die Tatsache, dass es hier um den Kampf um ein Stück Metall geht, wird nicht ausgereizt; es fehlen einfach ein paar Kniffe, die das Ganze außergewöhnlich erscheinen lassen.
Stinkordinär bleiben auch Optik und Setting. Im Wesentlichen wildert Lawrences Charakter Kevin im Revier von DeVitos Max herum, weil er zunächst in dessen Haus einbricht und sich später den Ring wiederholen will. Zu sehen bekommt man also opulente Feste, eine prunkvolle Villa und Manager-Büros. Dies alles ist eingetaucht in sonnig-warme Miami-Farben, so wie man es eben aus Lawrence-Komödien gewohnt ist.

Enorm störend ist jedoch die Charakteranordnung, wogegen der prominente Cast leider nur bedingt ankämpfen kann. Als vollkommen blödsinnig entpuppt sich die Figur der neuen Freundin von Kevin, gespielt von Carmen Ejogo. Gewöhnlich ist eine solche Figur dazu da, zunächst enttäuscht zu werden, um mit dem Schlussgong wieder Versöhnung feiern zu können, und so beginnt die Beziehung zwischen Lawrence und Ejogo auch mit einem ziemlich dämlichen Zwinkern-beim-Lügen-Spiel. Jedoch ist sie den ganzen Film über derart verständnisvoll, dass sie quasi für den Plot vollkommen ohne Belang ist. Hinzu kommt, dass Ejogo ihre Sache sowieso eher durchschnittlich macht, was aber neben dem Hauptdarsteller kaum auffällt. Denn der spult sichtlich routiniert einfach nur sein Programm ab, ohne sich was abzubrechen. Tatsächlich fielen mir die klassischen Lawrence-Tänze und Verrenkungen in diesem Film erstmals wirklich als nervtötend auf, während ich sie in seinen vorherigen Filmen eigentlich immer ganz gut tolerieren konnte, mich teilweise sogar darüber amüsiert habe. Inzwischen ist Lawrences Comedy allerdings ohne Zweifel ausgelutscht, wofür dieser Film der beste Beweis ist.
Ähnlich verhält es sich mit seinem Gegenstück DeVito. Seit “Twins” hat auch er sich nicht sonderlich weiterentwickelt, spielt nach wie vor den Giftzwerg, der hübschen Frauen auch mal gerne in den Hintern kneift. Im Gegensatz zu Lawrence stören dessen Eigenarten jedoch nicht, sondern sind und bleiben immer genießbar. Auch wenn der kleine Mann keine Bäume ausreißt, er ist und bleibt der perfekte Spielball für einen Kollegen, und da Lawrence selbst einer der Schauspieler ist, die im Doppelpack besser aufgehoben sind, passt das schon ganz ordentlich, wenn halt auch keine besondere Magie zwischen beiden zu beobachten ist.
John Leguizamo kann man in einer Nebenrolle gerne immer wieder erdulden (bloß aber nicht in einer Hauptrolle... “The Pest”! Aaaargh! “Super Mario Brothers”! Uuuurgh!), aber auch er hat nicht wirklich etwas zu tun. Seine Fans dürfen sich halt freuen, dass er dabei ist; mehr nicht.

Aber da ist ja noch William Fichtner. Als Polizist, der dem Treiben der beiden schrillen Vögel auf Distanz beiwohnt und einen Versicherungsbetrug vermutet, ist auch er in einer gnadenlos festgefahrenen Klischeerolle gefangen, doch als Einziger der ganzen Gilde schafft er es, sie graziös zu schmücken. Der inzwischen (trotz “Queer as Folk”) wieder ein wenig abflauende “Schwulen-Kult” konnte mich nie auch nur annähernd interessieren, aber was Fichtner mit seiner Rolle anstellt, ist einfach nur köstlich. Es scheint nur ein schmaler Grat zwischen gelungener Parodie und dilettantischer Beleidigung der Homosexualität, die Fichtner aber eindeutig zur ersten Seite hin beschreitet. Diese halb fallenden Augen, die Kleidung, der geschwungene Gang, die Ausdrucksweise und die Angewohnheit, Hunden ins Ohr zu flüstern, das hat Fichtner brillant auf dem Kasten, und obwohl diese Auslegung der Figur für den Plot eigentlich keinen weiteren Zweck hat (das wäre wohl auch etwas zu viel verlangt gewesen), so macht Fichtner offenbar als einzigster aller Schauspieler das, was das Genre vorgibt: Komödie. Ein Maiskorn auf einem leeren Feld, möchte man sagen.

Denn ansonsten sind gerade gute Gags ein Manko des Films. Viele Szenen leben einfach nur von netten Unterhaltungen, denen einfach zu folgen ist, aber wirklich komische Szenen sind abgesehen von Fichtner eigentlich nicht dabei. Man vermisst die Schenkelklopfer, die man bei Tim Robbins in “Nix zu verlieren” hatte, ja die sogar teilweise in den “Bad Boys”-Filmen vorhanden waren. Derartiges bleibt hier außen vor. Für den skurrilen Humor von “Der Rosenkrieg”, in dessen Richtung man sich durch die Ring-Sache ja auch hätte bewegen können (Zwei Menschen, denen es irgendwann nur noch um das selbstzweckhafte Bekriegen geht), fehlt hier sowieso das Potenzial - von den Schauspielern her, vom Drehbuch, von der Regie. Ursprünglich war auch Heath Ledger für das Projekt angedacht - und die Austauschbarkeit des Casts merkt man dem Film an.

“Schlimmer geht’s immer” ist demzufolge ein Abziehbild von einer Komödie, ein klassischer Martin Lawrence-Alleingänger, auf dessen Gegenseite nicht einmal Danny DeVito Akzente setzen kann. Echte Peinlichkeiten gibt es nicht, echte Witze leider ebenso wenig. William Fichtner ist als tuckiger Cop der einzige Lichtblick in einem Nichts von Comedy, den man sich gut und gerne sparen kann, auch wenn er für den ein oder anderen Komödienfan als seichte Unterhaltung durchaus zu gebrauchen ist.

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