Review

Kurze Anmerkung vorneweg: Dieses "Review" habe ich erstmals als Kommentar auf wortvogel.de geschrieben, nun aber einige Änderungen vorgenommen.

AN AMERICAN CRIME (im folgenden AAC genant)

Also, ich habe mir sowohl AAC als auch Evil angesehen, welches auf der gleichen Geschichte basiert (auf die beiden Filme bin ich durch Jack Ketchums Buch "The girl next door", bei Heyne unter dem Titel "Evil" veröffentlicht, gekommen), und gebe definitiv AAC den Vorzug.
Nicht nur, dass Evil das Buch immens verfälscht, auch muss man ganz klar sagen dass es nicht nachvollziehbar ist, warum man auf der einen Seite das (unangenehme Buch) noch brutaler macht (Bunsenbrenner) im letzten Moment dann aber nicht den Mut hat aufs Ganze zu gehn und dann auch visuell “Klar-Schiff” zu machen. War auf jeden Fall für mich die Enttäuschung des Jahres. Es muss ja nicht unbedingt Muttertag sein, aber wenn schon so ein Thema aufgreifen und ein SOLCHES Buch verfilmen, dann bitte mehr Mut!

AAC rettet sich was das angeht durch den Realitäts-Bezug. Das Thema ist höchst aktuell (wundert mich eigentlich, dass es keine deutsche oder österreichische Produktion ist) und Ellen Paige (Hard Candy, Juno) eine nachwievor verdammt gute Schauspielerin, die allerdings hier und da etwas zu sehr auf Tränendrüse macht. Manch einer vermisste während des Films eine befriedigende Erklärung, einen Grund für die abartige Bosheit, die ein ansonsten geistig normal wirkender Mensch einem schwächeren und unterlegenen, ja abhängigen Wesen anun kann. Was die “logischen Erklärungen” für ein solches Verhalten, sowohl der Mutter als auch der (Nachbars-)Kinder angeht, so ist deren Fehlen kaum verwunderlich. Denn wie ließe sich auch ein solches Verhalten bitte erklären (kommt mir jetzt bloß nicht mit dem “er wurde als Kind geschlagen und vergewaltigt”-Argument, aus irgendeinem Grund kann trotz alledem ein großer Teil der Menschheit, denen solches Leid widerfahren ist immer noch zwischen rechtens und unrechtens entscheiden). Abgesehen davon wird ja genau das noch einmal ganz am Ende des Filmes (”Karussel”) angesprochen - eben nämlich diese Erklärungsnot für solcherlei Fälle.

Der Film braucht eine ganze Zeit bis er in "Fahrt" kommt, die Regie legt viel wert auf eine saubere Einführung der Charaktäre - und das tut ihm gut. Zu Beginn mag zwar alles ein wenig zu sehr nach Friede, Freude, Eierkuchen aussehen, doch der Schein trügt (die liebevollen Eltern der beiden Mädchen haben auch ihre Schattenseiten, wie in ein zwei kleinen Sätzen angedeutet wird). Gerade wenn man, und das fällt bei einer wahren Geschichte nicht schwer, das Ende kennt, wirkt das Verhältnis der Likens Kinder und der Kleinen der Ziehmutter am Anfang extrem irritierend. Doch was wäre der Mensch wenn er dem anderen nicht - wie das Sprichwort so schön sagt - ein Wolfe wär.
Alles in allem ein sehr guter, schauspielerisch einwandfreier - naja, so richtig anämisch sah die böse Mutter jetzt nicht aus, im Gegenteil zum Original - schön fotografierter Film, der tatsächlich ans Herz (weniger an die Nieren, aber für diese Abstumpfung kann der tägliche Blick in die Nachrichten verantwortlich sein) geht und einen wunderbaren Soundtrack besitzt.

Also lieber eine sensible und verblüffend unexplizite Herangehensweise, als ein Film der sich nicht zwischen Drama und Exploitation entscheiden kann (Evil) oder einem der mittlerweile echt ausgelutschten puren Exploitationern (Saw und Hostel Teil Tausend - ist ja schon fast wieder wie in den 70ern, kommt jetzt als nächstes die Kannibalen-Remake-Welle inkl. Tiersnuff auf uns, oder eine “Faces of Death 2008? Reihe). Oscar wäre in diesem Fall das richtige Stichwort, aber der wird - Dank an die “unabhängige” Academy sicher an den nächsten Blockbuster (vll “Shakespeare in Love 2? ?) gehen. Auf jeden Fall spreche ich hiermit eine klare Leih-/ Seh- und Kaufempfehlung aus!

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