„Eines der schwierigsten Problem der Geschichte stellt sich darin, wie der Aufstieg Roms zu erklären ist und wie sein Untergang. Das Verständnis dieser Weltgeschichtlichen Vorgänge wird erleichtert, wenn man sich vorstellt, dass nicht eine sondern viele Ursachen hatte. Der Untergang des römischen Reiches war kein Ereignis sondern ein Prozess, der sich über 300 Jahre erstreckte. Es gibt Nationen die nicht so lange existiert haben, wie Rom brauchte alleine unterzugehen“. Einleitung zu Der Untergang des Römischen Reiches.
Der Titel klingt sehr ambitioniert. Historiker würden viele Stunden, wenn nicht Tage benötigen um den Untergang des römischen Weltreiches zu erklären. Hollywoods Traumfabrik benötigt dafür nur rund 177 Minuten. Dabei gehen die Filmemacher genauso mit historischen Tatsachen um, wie es einige Jahrzehnte später Ridley Scott mit Gladiator tun würden. Beide Filme haben auch gewisse Ähnlichkeiten in der Handlung, die man nicht leugnen kann. Wer historische Genauigkeiten bei beiden Filmen sucht, sucht sie vergeblich.
Wir schreiben das Jahr 180 nach Christus. Vor einer großen Schlacht gegen die Barbaren aus dem Norden versammelt der römische Philosophen-Kaiser Marc Aurel (Alec Guiness) Herrscher aus allen Teilen seines Reiches in seiner Alpenfestung. Er möchte den Feldherrn Livius (Stephen Boyd), statt seinen Sohn Commodus (Christopher Plummer) zu seinem Nachfolger bestimmen. Senatoren und andere hohe Beamte des Reiches fürchten um ihre Macht und beschließen den Kaiser zu töten. Der Anschlag gelingt und Commodus wird zum Kaiser ausgerufen. Livius schwört Commodus die Treue. Doch bald bereut er dies, denn er und Marc Aurels Tochter Lucilla (Sophia Loren) müssen bald zusehen wie der größenwahnsinnige Commodus Rom in den Untergang treibt …
Schon durch die Inhaltsangabe erkennt man die Ähnlichkeiten zu Gladiator. Gelingt es Ridley Scott aber die klassische Held/Bösewicht Konstellation aufrecht zu erhalten. So scheitert Regisseur Anthony Mann genau daran bzw. versucht zu sehr alle möglichen politischen und sozialen Ursachen darzustellen warum denn dieses Weltreich unterging. Bis zur Intermission gibt eine stringente Handlung, dann verzweigt sich die Geschichte in mehrere Handlungsbögen. So wirkt der Film chaotisch und strebt langsam einem apokalyptischen Ende entgegen. Gab es in der ersten Hälfte auch nur einen Ort der Handlung (Alpenfestung und die Wälder rundherum). So gibt es nach der Intermission plötzlich drei: Grenze im Norden, Rom und irgendwo im Nahen Osten. Langsam werden die Handlungsbögen verknüpft. Wie sagt schon das Sprichwort: „Alle Wege führen nach Rom“, daher treffen sich alle zum Finale in Rom wieder. Dieses Finale hat es durchaus in sich, denn anders als andere Hollywoodproduktionen bleibt ein recht mulmiges Gefühl zum Schluss. Ein recht düsteres Ende, denn Rom scheint komplett im Chaos zu versinken.
Als leichten Vorwarf kann man sicher auch die Vielzahl der Handlungsträger und Figuren nennen, die einem das ganze doch recht unübersichtlich erscheinen lässt. Alec Guiness ist eine Klasse für sich und er gibt mit seiner Darstellung des Marc Aurel der Figur wahre Größe. In einer sehr schönen Szene werden Marc Aurel die einzelnen Herrscher seines Reiches vorgestellt, und ein Beamte muss ihm immer wieder erklären, wen der Kaiser da gerade grüsst. Mit Marc Aurels Tod stirbt auch der einzig wahre Sympathieträger des Films. Livius mit seiner starrsinnigen Loyalität gegenüber Commodus nervt mit der Zeit. Hinzukommt dass Stephen Boyd als Livius wahrscheinlich nicht die richtige Wahl war. Gegen Christopher Plummer als Commodus wirkt er blass und etwas hölzern. Nicht gerade zur Sympathie seines Charakters sorgt, dass er vermeintlich „feige“ Legionäre hinrichten lässt. Zwischen ihm und Lucilla (Sophia Loren) fehlt mir auch der Funken der überspringen sollte. So schön Sophia Loren auch sein mag, leider vergaß man ihre Vorzüge zu zeigen. Ihre Kostüme wirken recht bieder und züchtig. Ihr häufigster Satz mag wohl „Oh, Livius“ sein. Christopher Plummer als Commodus ist neben Alec Guiness, wohl das nächste schauspielerische Highlight des Films. Charismatisch und immer an der Schwelle des Wahnsinns gibt er gekonnt den megalomanischen Kaiser. Die anderen Schauspieler wie James Mason als ehemaliger griechischer Sklave und Omar Sharif als armenischer König und Ehemann Lucillas, haben zwar gute Nebenrollen, aber ihre Charaktere bleiben unterentwickelt und wenig interessant. Bei beiden gäbe es Anknüpfungspunkte zur Vertiefung, doch sind beide Figuren nur weitere Puzzleteile in der Darstellung des Untergangs von Rom. Etwas peinlich wirkt die Rolle von Anthony Quayle der plötzlich gegen Ende eine Überraschung liefert, die aber zu diesen Zeitpunkt des totalen Chaos wohl niemanden mehr vom Hocker haut. Die typischen eindimensionalen römischen Intriganten dürfen natürlich auch nicht fehlen. So wird durch zwielichtige Charaktere unter den Römern ein pessimistisches Bild vom Imperium gezeichnet.
Das Wort Schlachtengetümmel kommt einem durchaus auf, wenn man sich die Schlachten in diesem Film ansieht. Oftmals ist es schwer Freund und Feind auszumachen. Die Schlachten und Kämpfe sind ordentlich inszeniert, so wird auch an allen möglichen Orten gekämpft: Wald, Höhle, Wüste bis zum Finale in Rom. Blut gibt es keines oder nur sehr wenig zu sehen. Von Familienunterhaltung, kann man aber trotzdem nicht sprechen. Besonders der End-Zweikampf zwischen Commodus und Livius ist sehenswert und bleibt in Erinnerung. Den hat wohl auch Mr. Ridley Scott gesehen und mal schnell in seinem Film verwendet. Zum drüberstreuen gibt es noch als Action Einlage ein Wagenrennen. Wirklich sehenswert sind aber die prachtvollen Bauten und die Ausstattung des Films. Zur damaligen Zeit gab es noch keine CGI und es wurde auch nicht einfach irgendetwas als Hintergrund gemalt. Von Alpenfestung, Palästen bis zum Forum, Bei den Bauten wurde eindeutig geklotzt, nicht gekleckert. Toll auch die detailreiche Ausstattung von z.B. den Legionären oder den Bewohnern dieser Welt. Man fühlt sich als Zuschauer in das alte Rom (wie es sich Hollywood vorstellt) hineinversetzt und staunt über die beeindruckende Kulisse. Sehr ästhetisch und detailverliebt wirkt alles. Die Bilder sind, das was diesen Film ausmachen und hier hat Regisseur Anthony Mann und seine Truppe eine wirklich beeindruckende Arbeit geleistet. Ohrenbetäubend, stimmungsvoll und abwechslungsreich kann man auch die Hintergrundmusik von Dimitri Tiomkin nennen. Eröffnungsmusik, Intermission, Exit und immer wiederkehrende Stücke zeugen auch hier von Liebe zum Detail. Der Komponist der die Musik zu so vielen Klassikern beisteuerte, leistet auch hier wieder ganze Arbeit.
Rom wurde nicht an einen Tag gebaut, und es ging auch nicht an einen Tag unter. Der Prozess dauerte Jahrhunderte. Dem Tyrannen Commodus eine so wichtige Rolle im Verfall Roms zuzutrauen, ist schon sehr mutig von den Hollywood Produzenten. Nicht mal die Geschichtsschreiber schrieben ihm so eine tragende Rolle zu. Das römische Weltreich sollte auch noch nach Commodus Jahrhunderte bestehen. Interessant wie zwar alle möglichen Ursachen gezeigt wurden, aber das Christentum ausgeklammert wurde. Den Filmemachern ging es aber eh mehr um Unterhaltung, und die ist ihnen durchaus gelungen. Dieses langsame Absinken in eine chaotische Apokalypse, nach einer ruhigen und geordneten ersten Hälfte, mag zwar beim ersten Zuschauen befremdlich wirken, macht den Film aber in der Nachbetrachtung interessanter als andere Monumentalfilme. Vielleicht war der Film auch deshalb seinerzeit ein finanzieller Flop. Ein Genuss wohl für jeden Zuschauer sind stimmungsvolle Bilder, schöne Landschaften, beeindruckende Massenszenen, Kamerafahrten über prächtige Gebäude, Detailreichtum in der Ausstattung, passende Musikuntermalung, etc … Dank neuer Medien Technologien wie Blue Ray und DVD kommen diese Vorzüge des Films noch besser zur Geltung.
„So begann der Untergang des Römischen Weltreiches. Ein Weltreich wird von äußeren Feinden erst dann besiegt, wenn es sich von innen her, selbst zerstört hat“ Schlussworte zu Der Untergang des Römischen Reiches.