Review

Hazard
Sion Sono


Hazard ist Sion Sonos düsterer, beinahe schon distopischer Ausflug ins Land der Träume. Amerika.

Das ist kein einfacher Film. Und auch nicht unbedingt eine Meisterleistung von Sion Sono. Es ist bisher der einzige Spielfilm des provokanten japanischen Regisseurs den ich mir erst jetzt angesehen habe. In meinem Besitz befindet sich die DVD bereits länger. Habe ich den Film bei der ersten Sichtung jedoch nach einer Weile wieder ausgemacht. Nicht unbedingt weil er schlecht ist, sondern weil mich Hazard runtergezogen hat.

Was ist Hazard?

Was genau Sion Sono uns damit sagen will bleibt wohl sein Geheimnis. Er schickt den jungen Studenten Shinichi, der hier praktisch nur der Beobachter ist, in ein Land voller Träume und Gefahren. Shinichi, der hat keine Lust mehr auf sein langweiliges Leben in Japan. Ihm fehlt die Action. "Existiert eine Welt außerhalb Japans?", fragt sich Shinichi. Sein großer Traum ist es in die USA zu reisen. Ein Land wo er endlich so frei leben kann wie er es sich vorstellt. Doch kaum in New York angekommen merkt Shinichi das er alles andere als Willkommen in diesem Land ist, und lernt nach einigen schlechten Erfahrungen Zwei Landsleute kennen. Zwei kleinkriminelle. Shinichi lernt nun die reale Seite von Amerika kennen, die so völlig anders ist als die in seinen Träumen, und ihn doch so sehr fasziniert.

Sion Sono zeigt uns ein New York, so düster und hoffnungslos wie es schon lange kein Regisseur mehr getan hat. Alle Bilder wurden in einem seltsamen Dokumentarstil eingefangen. Die Bildqualität schaut daher aus als wäre der Film mit einer 5 Megapixel Handykamera gedreht worden. Bei den Dialogen (auch wenn kaum welche vorhanden sind), muss man genau hinhören weil sie sehr leise sind. Das alles während man verwackelte Bilder sieht. Ein sehr eigensinniger Stil, manchmal originell und ungewöhnlich, teils aber auch sehr nervig.

Es ist Sonos ganz persönliche Botschaft an all die jungen Leute in Japan. Der will mit seinem Film abschrecken, und doch lust auf mehr machen. Auf der einen Seite stellt er Amerika so da das es rüberkommt wie: "So wird es euch ergehen wenn ihr euer sicheres Nest verlasst". Auf der anderen Seite will er aber auch ausdrücken wie viele Freiheiten man hat, ist man erst einmal unabhängig von jemanden. Hier geht es viel weniger um Amerika oder New York an sich, hier geht es um Hazard. So könnte man Hazard als fiktionale Zwischenwelt sehen. Für jeden rastlosen stellt sie etwas anderes dar. Für Shinichi wäre es hier New York. Sono will darauf aufmerksam machen das auch das eigene Heimatland immer noch einiges zu bieten hat, und man längst noch nicht alles gesehen hat. Verlässt man seine Heimat erst einmal, geht seinen Träumen nach, bemerkt man schnell das es die Welt aus dem Bilderbuch gar nicht gibt. Eine Illusion die sich bereits viele deutsche Otakus geschaffen haben und das gleiche über Japan denken, während sie sich in ihrem eigenen Land fremd und missverstanden vorkommen.

Natürlich könnte ich hier auch etwas zu viel interpretiert haben. Das sollte letztendlich jeder für sich selbst entscheiden wie er Hazard sieht, oder als was. Leider kommt Sion Sonos Botschaft nur selten an in diesem Film. Er ist schwer zugänglich. Man bekommt keinen Einblick in die Charaktere, und eine spannende Geschichte will sich ebenfalls nicht aufbauen, da es immer hektische wechsel der Schauplätze gibt, und alles zusammenhangslos wirkt. So sollte man Hazard vielleicht wirklich mehr als eine Dokumentation ansehen. Aber wenn das eine Dokumentation ist, fragt man sich natürlich auch wieso diese Jungs bei all ihren Raubzügen immer so dreißt davonkommen. Die Flucht vor dem Polizeiwagen nach dem Raub in der Jazz Bar wurde da schon beinahe surreal in Szene gesetzt. Was auch immer Sono damit ausdrücken wollte: Nicht einmal in Amerika würde man das jemanden durchgehen lassen.

Für keinen der Charaktere habe ich sympathie empfunden. Schauspielerisch enttäuscht hier praktisch jeder. Der sonst so charismatische Jo Odagiri spielt hier jenen beobachter, gefühlskalt und ohne charme. Jai Wests Charakter Lee hingegen ging mir das ein oder andere mal ziemlich auf die Nerven. Obwohl die Präsentation der Charaktere zu Sion Sonos ganz großen Stärken gehört (meisten gibt es ja immer einen Ich Erzähler der die Geschichte aus dem Off heraus kommentiert), scheitert er in Hazard damit. unsympathische, kühle Charaktere mit denen man sich einfach nicht anfreunden will. Und genau das bezweckt Sono damit auch. Leider funktioniert das in Hazard aber nicht. Es ist schön das sich Sono diesen Erzählstil schon längst wieder abgewöhnt hat.

Fazit:

Hazard ist in der Tat kein schlechter Film. Er ist sogar sehr kurzweilig. Wie alle Filme von Sion Sono. Was Cover und Trailer allerdings versprechen ist hier aber eher ein Actiondrama wie Takeshi Kitanos Brother. Und natürlich kann Sion Sonos Hazard mit einem Brother nicht mithalten.

So bleibt Hazard ein sehr fragwürdiges Werk von Sion Sono. Vielleicht sogar das ungewöhnlichste seiner Karriere als Regisseur. So kommt es einem doch vor, als sei der Regisseur hier selbst unentschlossen und kann sich nicht entscheiden ob er glücklich mit seinem Leben ist, oder lieber in sein eigenes Hazard flüchten würde. Wenn das Sion Sono zur Selbstfindung geholfen haben sollte, dann hätte der Film also doch noch einen Zweck erfüllt. Für den Zuschauer ist das leider nichts Halbes und nichts Ganzes. Und dafür kann zumindest ich nicht mehr als 6 von 10 Punkte vergeben.

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