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Die Witwe eines unter so tragischen wie mysteriösen Umständen gestorbenen Wissenschaftlers, der an seltsamen Phänomenen experimentierte, fühlt sich von dessen Geist und unsichtbarer Macht verfolgt. Um ihre Verfolgungsängste zu bekämpfen, empfiehlt ihr ein Psychiater, zurück in die Villa zu gehen, in der sie damals mit ihrem Mann lebte und dieser starb. Dass diese noch vom schwer verletzten Zwillingsbruder ihres Mannes und der verstummten Haushälterin bewohnt wird, ist nur ein Aspekt, der diesen Besuch zu einem gruseligen Horrortrip macht...

Die wenig bekannte Giallo-Perle „Mania" von 1974 ist eine wilde, psychedelische Geisterbahn-Fahrt, die unbekümmert Genre-Elemente vermischt, mit simplen, aber effektiven Spezialeffekten aufwartet und den Zuschauenden bis kurz vor Schluss völlig im Dunkeln lässt, ob hier von übersinnlichem Terror oder einer bösen Gaslighting-Geschichte erzählt wird. Neben den typischen inszenatorischen Giallo-Elementen - expressive künstliche Beleuchtung, grelle Farben, sprudelndes rotes Kunstblut - begeistert der Film dabei vor allem mit seiner rasanten, ruppigen und doch atmosphärisch gelungenen Umsetzung.

Was an „Mania" am ehesten auffallen dürfte, ist die Plötzlichkeit des Schnitts: Permanent wird ohne jegliche Überleitungen oder Pausen mitten hinein in wilde und immer wieder überraschende Szenen geschnitten. Urplötzlich liegen Menschen röchelnd am Boden und kämpfen mit einem wild gewordenen Rollstuhlfahrer; urplötzlich stehen sich zwei Frauen nackt gegenüber und verstricken sich in einen absurden Kampf um die Gunst der psychisch angeschlagenen Hauptfigur; urplötzlich wird von Geistererscheinungen im Keller zur Pflegerin im Schlafzimmer geschnitten, die verletzt am Boden liegt und sich Geräuschen an der Tür ausgesetzt sieht. Die Wechsel der Szenen (und damit verbunden auch der Stimmungen und Handlungen der Agierenden) erfolgen so abrupt, dass man anfangs echte Gewöhnungsprobleme haben dürfte - das beginnt schon mit dem radikalen Anfang, der von der allerersten Szene an die hysterische Hauptfigur zeigt, die in Rückblenden erzählt, wie es zu ihrem Zustand kommen konnte. Einleitung, Atempausen, zwischengeschnittene Landschaftsbilder: Fehlanzeige! Hier wird ein atemloses Tempo voller bizarrer Figuren, gruseliger Geistererscheinungen und später blutiger Gewalt angeschlagen.

Das alles erfolgt wie gesagt im typischen, hier vielleicht besonders drastischen Giallo-Look: Künstliche Beleuchtung taucht viele Szenen in tiefes Blau oder grelles Grün; wenn schließlich Blut sprudelt, dann knallrot und reichlich; immer wieder gibt es auch Detailaufnahmen auf Hände oder Gesichter, die starr vor Angst in die Kamera starren. Insgesamt liegt hier der Schwerpunkt mehr auf unheimlichen Erscheinungen als auf blutiger Gewalt, und auch wenn die Effekte meist recht simpel ausfallen - Doppelbelichtungen, Überblendungen, billige Grusel-Puppen, Stopptricks - erzeugen sie durch ihren brachialen Einsatz in Verbindung mit dem psychedelischen Elektro-Score doch eine intensive Atmosphäre.

Dass das alles enorm trashig inszeniert ist, inklusive hölzerner Darstellenden und oberflächlicher, oft plump erklärender Dialoge, irrwitzig unglaubwürdiger Details und weit klaffenden Logiklöchern, stört nicht nur nicht, sondern passt auf seltsame Weise sogar zur expressiven Wucht des Films und verleiht dem albtraumhaften Geschehen zwischen Wahn und Wirklichkeit zusätzliche Intensität. Selbst die haarsträubenden Anschlussfehler, die zwischen angeblichen Nachtaufnahmen und hellen Tagesbildern, die gut erkennbar nachträglich abgedunkelt wurden, wechseln (wohl aufgrund schlechter Kameratechnik, die Nachtaufnahmen unmöglich machte), trägt zu dieser surrealen Stimmung bei, ebenso wie bewusste und gekonnte Elemente wie etwa sich drehende Kamerabilder oder eben die Effekte, mit denen Geister ein- und ausgeblendet oder das schwankende Bewusstsein der Hauptfigur dargestellt werden.

„Mania" ist eine echte trashige, aber intensive und in ihrer Ausdruckskraft fesselnde Giallo-Perle, ein Geheimtipp für Freunde skurrilen bis bizarren Psycho-Horrors, der gekonnt zwischen den Polen Grusel und Gewalt pendelt, seine billige Inszenierung auf bestmögliche Art nicht kaschiert, sondern in die Handlung integriert und mit seiner packenden, atemlosen Inszenierung durchgehend zu unterhalten weiß. Für Genre-Freunde eine echte Entdeckung jenseits der bekannten Argento-Streifen.

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