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Susanne Biers neuer Film ist ein typisch dänisches Familienmelodram. Zu typisch vielleicht, werden Kenner des dänischen Kinos, insbesondere seit DOGMA, einwerfen. Anders Thomas Jensens Drehbuch bietet in routiniert handwerklichem Geschick Altbekanntes: Eine dänische Familie wird kräftig durchgerüttelt, als zur Hochzeit der ältesten Tochter ihr verloren geglaubter wahrer Vater auftaucht. Zunächst scheint alles nur ein Zufall zu sein, doch nach und nach wird klar, dass der Stiefvater ihn zu einem bestimmten Zweck zurückgeholt hat. Die Beziehung zu ihren Eltern und die junge Ehe der Tochter werden dadurch auf die Probe gestellt.

In gewohnt präziser Darstellung und intimer Nähe zu den Charakteren legt die DOGMA-Regisseurin alle Hintergründe des Familiendramas frei, um den 2-Stunden-Film in ein intensives, tragisches Ende münden zu lassen. So werden viele gesellschaftliche Themen behandelt, wie etwa die sogenannten Patchwork-Familien, die fast schon altmodisch gewordene ehelich-familiäre Verantwortung oder der Umgang mit dem Tod eines geliebten Menschen. Sogar der Themenkomplex um Wohlstand und soziales Engagement wird angerissen. Man kann das dem Film vorwerfen - dass er zuviel auf einmal will und deshalb mitunter übertreibt. Einige Handlungselemente hätten für sich stehen können und wurden schon viel besser in Susanne Biers Vorgängerwerken ("Open Hearts" und "Brothers"), wie auch in anderen dänischen Filmjuwelen ("Das Fest") behandelt.

Trotzdem ist "Nach der Hochzeit" weit davon entfernt, ein schlechter Film zu sein. Wunderbare Schauspieler, darunter Wallander-Darsteller Rolf Lassgard, stellen eine glaubwürdige und mitreißende Leistung zur Schau; die Inszenierung findet immer den richtigen Ton zwischen Momenten der Stille und dialoglastigen Kammerspielsequenzen; die Kameraarbeit verdeutlicht, dass die DOGMA-Phase zwar vorbei, deren Einfluss aber ungebrochen vorhanden ist.

Alles in Allem ist Susanne Bier und dem dänischen Drehbuch-Wunderkind Anders Thomas Jensen ein ernstzunehmendes Melodram weit jenseits des unsäglichen TV- oder "Großes Gefühlskino"-Niveaus gelungen. Lediglich Kenner werden bedauern, dass die gleichen Macher schon besser waren.

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