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Nach "Platoon" schickt man Tom Berenger erneut in den Dschungel. Diesmal ist es nicht Vietnam, sondern Kolumbien. Berenger gibt hier den eiskalten Sniper Tom Beckett, der schon jahrzehnte durch den Dschungel robbt und sich dort auskennt, wie kein Zweiter. "Sniper" stammt noch aus der Zeit, wo Berenger noch nicht wie ein Hefeteig auseinandergequollen war. Neben "Mörderischer Vorsprung" und oben genannten "Platoon" gibt er hier seine beste Leistung. Mit seinen 44 Lenzen auf dem Buckel erledigte er alle Stunts selbst und wirkt trotz beschränkter Mimik und Gestik immer glaubwürdig. Auch mit Billy Zane als Richard Miller hat man einen guten Fang gemacht. Die Beiden bilden ein gutes Team, wobei sie sich gegen Ende sogar selbst mit den Snipern beharken. J. T. Walsh ist in einer Nebenrolle zugegen.
Das Drehbuch von Crash Leyland (The Final Cut, Sniper 2,3) und Michael Frost Beckner (Spy Game, Sniper 2,3) gestaltet sich als wesentlich tiefgründiger als man zunächst vermutet. Beckett soll mit dem Rookie Miller durch den kolumbianischen Dschungel wandern, um einen machtgierigen General zu ermorden. Doch schon der Fußmarsch zu dessen Standort wird ein Abenteuer.
Natürlich treffen sich mit dem erfahrenen Beckett und dem Vorschriftenfutzi Miller zwei völlig unterschiedliche Charaktere. Beckett verlässt sich auf seine Instinkte und Erfahrungen, während Miller einfach nur mitgeschleift wird. Hinter jeder Ecke wartet eine neue Gefahr auf das Duo, auch ein von Beckett selbst ausgebildeter Sniper ist hinter den Beiden her. So muss sich Beckett mit den Indianer arangieren, welche ihn und Miller an den Rebellen vorbeischleußen, auch der durchgeknallte Sniper muss erledigt werden.
Den Charakteren lässt man sehr viel Platz. Selbst der klotzige Beckett taut immer mehr auf, während Miller mehr der Bürohengst und Draufgänger ist und selbst noch keinen Kill vorzuweisen hat. Das Verhältnis der Beiden bleibt bis ins Finale rätselhaft, denn Miller hat noch nicht den Schneid einen solchen Trip durchzustehen und verliert gegen Ende völlig die Nerven. Diese ganzen Elemente verhelfen größtenteils über die Actionarmut hinweg.
Regisseur Luis Llosa lässt es hier zu ruhig angehen. Die Shootouts sind oft schneller vorbei als sie angefangen haben und erst in der letzten halben Stunde darf ausgiebiger geballert werden. Die Morde mit den Snipern fallen auch durch die Bullettime immer recht spektakulär und blutig aus. Llosa spendiert Beckett auch einen kleinen Faustkampf. Nur hätte ich mir bei der finalen Befreiungsaktion mehr Action gewünscht. Drei kurze Morde und die Sache ist gelaufen, wobei man dem Film eine gewisse Härte nicht absprechen kann, zumindest in der ungekürzten Fassung. Zum Beispiel die Folterung kann man zwar mit der heutigen Kost nicht mehr vergleichen, jedoch wirkt sie dank Llosas Inszenierung trotzdem ganz schön hart.
Ein weiteres Plus ist die authentische Dschungelkulisse. Llosa nutzt den Urwald für viele tolle Einstellungen und kann ihm auch immer etwas Unheimliches abgewinnen. Trotz des schwachen Budgets wirkt "Sniper" nie billig, nur an Sachschäden wird sehr gegeizt. Der Score Gary Chang klingt wirklich gut, ist aber auf die Dauer etwas eintönig.

Etwas actionschwacher Sniperfilm mit toller Dschungelatmosphäre und stets spannend inszeniert. Tom Berenger und Billy Zane liefern eine glaubwürdige Performance und Regisseur Llosa nutzt die Zeit um seinen zwei Hauptcharakteren ein wenig Tiefe zu verleihen, Klischees natürlich nicht ausgeschlossen. Es müsste trotz aller positiver Aspekte mehr Action vorhanden sein, denn die Ein- oder andere Länge tut sich schon auf.

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