Review

Ja, er ist wirklich grandios. Helge Schneider spielt Adolf Hitler mit vollem Elan.

Wutentbrannt spuckt er beim Abendessen Kartoffelstückchen durch die Gegend, sondiert mit manischem Blick vor einer großen Deutschlandkarte die Kriegsschauplätze und ereifert sich über die Unfähigkeit seiner uniformierten Idioten.

Stundenlang könnte man ihm dabei zusehen, wie er das größte Monster unserer Vergangenheit der verdienten Lächerlichkeit preisgibt. Die Grenze zwischen dem krakeelenden Führer aus alten Wochenschauen und der Darbietung Schneiders ist papierdünn, dieses Schauspiel nimmt einen bis zu dem Punkt für sich ein, an dem man sich belustigt zurücklehnt und denkt: "Wie amüsant, Adolf in der Badewanne". Dass man es hier mit dem Interpreten solcher Heuler wie "Katzeklo" zu tun hat, ist einem gar nicht mehr bewusst. Dani Levy müsste nicht mehr tun, als einfach die Kamera auf dieses bizarre Wesen ausrichten.

Doch er möchte auch eine Geschichte drumherum erzählen. Hitler ist nur der Dreh- und Angelpunkt eines größeren Bildes, das uns vom jüdischen Schauspiellehrer Adolf Grünbaum (Mühe) nahegebracht wird. Hitlers Namensvetter hatte ihn schon einmal "fit" für die Öffentlichkeit gemacht und soll ihn nun, in den letzten Tagen des Krieges, noch einmal zur Höchstform führen. Wuttraining für den Führer. Doch dafür muss Grünbaum erst einmal aus dem KZ geholt werden...

Nun ist es legitim, anzunehmen, dass "Mein Führer" aus dieser Idee eine Geschichte destilliert, die die Schmerzgrenzen der Satire neu auslotet. Stellenweise kommt der Film auch mit Szenen daher, die nur mit dickem Kloß im Hals zu ertragen sind. Sei es nun die Eröffnungsszene mit Grünbaum unter der Dusche oder Hitlers Führungsstab mit seinen KZ-Quartettkarten, hier erreicht Levy (er schrieb auch das Drehbuch) eine beißende Qualität, wie es sie im deutschen Kino noch nie gegeben hat. Und gerade deshalb ist es umso ärgerlicher, dass der Film diese Schärfe nicht über die volle Laufzeit retten kann. Stellenweise wirkt es so, als habe man verschiedene humoristische Konzepte ausprobiert. Da wird auch mal in munterer Slapstickmanier herumgeturnt oder die tragische Kindheit des Diktators via Psychocouch aufgearbeitet. Hier zerfällt der Film immer wieder mal in belanglose Kabinettstückchen, die nicht nur nichts zum Handlungsverlauf beitragen (diesen Vorwurf muss man sich schon gefallen lassen, wenn man unbedingt eine breit angelegte Geschichte erzählen will), sondern einem gerade im Hinblick auf die bissigeren Elemente kraft- und mutlos vorkommen. Dabei wäre diese Unentschlossenheit wirklich nicht nötig: Macht doch mit dem ollen Adolf, was ihr wollt, welche moralische Grenze gilt es denn schon in Bezug auf seine Person zu wahren?
Dramaturgisch wäre weniger mehr gewesen. Eine Fokussierung auf die beiden Hauptfiguren ohne aufgesetzte Verschwörungshandlung rund um Goebbels und Himmler drumherum, und der Film hätte voll aufgedreht. So aber opfert er sein humoristisches Potential dramaturgischen Standardschienen.

Dennoch rate ich nicht ab, weil: Helge, pardon, den Führer, muss man einfach gesehen haben.

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