Review

Es hat mehr als 60ig Jahre gedauert, dass sich Deutschland wagt seine traurige Vergangenheit mit Witz und Zynismus mal etwas anders filmisch aufzuarbeiten.

„Mein Führer. Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler.“


Wir schreiben den 25 Dezember 1944. „Der totaaale Krieg“ mit der Hoffnung auf den „kolossalen“ Endsieg scheint aussichtslos verloren. Speziell Adolf Hitler (Helge Schneider) ist von manifesten Selbstzweifeln geplagt und zudem depressiv. Goebbels (Sylvester Groth) schmiedet jedoch den Plan seinen Führer einer charismatischen Verjüngungskur zu unterziehen, da jener am Neujahrstag eine Rede vor dem materiell und psychisch ausgebombten Volk halten soll. Professor Grünbaum (Ulrich Mühe), Jude und renommierter Schauspieler, soll Hitler wieder die Ausstrahlung und demagogische Präsenz von 1939 verleihen. Dementsprechend werden Grünbaum und seine Familie vom KZ Sachsenhausen zum Führer in die Reichskanzlei nach Berlin deportiert.
Grünbaum hat nun fünf Tage, um den Führer fit fürs Volk zu machen. Ihn erwartet jedoch nicht ein omnipotenzbesessenes Diktatorschwein, sondern ein von Selbstzweifeln und Vaterkomplexen gepeinigtes Häufchen Elend!
Hier ist wohl mehr Therapie von Nöten als Schauspielunterricht...


Helge „alias Katzenklo und Käsebrot“ Schneider als Hitler? Der absurde Dadaismus Komiker soll die Schande Deutschlands humoresk verkörpern? Das ist wohl ein Scherz! Und ob das einer ist - und zwar ein recht gelungener!
Ich hatte anfänglich meine Zweifel an Schneiders Rolleninterpretation von Adolf Hitler, da seine eigenwillige Art belustigend zu wirken nicht wirklich meinem Humorverständnis entspricht. Doch jene Zweifel wurden sehr schnell beseitigt, da Schneider nicht seinem Interpretationsdrang nachgehen durfte, sondern eine strukturierte Rolle mit vorgegebenen Text bekam. Nun gut, für manche Helge Fans mag das wohl eine arge Kastration darstellen, für mich jedoch war dies eine Wohltat. Helge Schneider stellt in „Mein Führer“ unter Beweis, dass er auch durchaus schauspielerisches Talent besitzt, auch wenn man ihm in den ersten Minuten des Films eine scheinbare Rollenunsicherheit anmerkt. Im Fortgang des Films überzeugt er jedoch durch sein Talent die Gestik, Mimik und eigenwillige Sprachperformanz Adolf Hitlers, perfektionistisch dem Publikum darzubieten.
Ein kleines jedoch verzeihbares Übel liefert die Maske. Bei Nahaufnahmen schimmern die Latexspielereien in Schneiders Gesicht (Nasenaufsatz und Wangenknochen) deutlich durch.
Neben Schneider können alle anderen Darsteller, speziell Sylvester Groth als Goebbels und Ulrich Mühe als Professor Grünbaum überzeugen. Schneider vereinnahmt jedoch durch seine Präsenz und darstellerischen Fähigkeiten. Aber dies soll ja auch so sein.

Natürlich werden auch hier wieder Stimmen laut, die Kritik am filmischen Sujet nehmen. Natürlich mag einem das Lachen im Hals stecken bleiben, wenn Goebbels Grünbaum ein KZ-Quartett vor die Nase hält und meint, dass er sich doch ein anderes KZ aussuchen solle als Sachsenhausen, was befreit werden soll. Aber Humor soll doch auch so sein. Jegliche Behauptung die in Richtung geht, dass der Holocaust verunglimpft wird macht sich die Tatsache nicht bewusst, dass Humor auch eine Form der Kritik ist, welche meines Erachtens eine große Bedeutungskraft besitzt. Dani Levy zieht auch nicht alle Register! Wenn man sich die Nebenhandlung mit Grünbaums Familie betrachtet merkt man deutlich, dass auch eine ernsthafte Komponente einfließt, welche wiederum auch einen leicht gehemmten Umgang– zuweilen ein typisch deutscher Charakterzug – mit der deutschen Historie im humoresken Sinne reflektiert. Diese Nebenhandlung ist keineswegs störend, doch beweist sie, dass wir Deutschen noch immer nicht unsere traurige Vergangenheit verarbeitet haben und Schamgrenzen besitzen!
Hitler war grausam aber auch unbeschreiblich lächerlich! Zweitere Facette erkannte schon Charlie Chaplin – wir sollten sie auch häufiger thematisieren!

Fazit:

Helge als Hitler ist ein Hit! Die Lachnummer sitzt und ist der beste Beweis dafür, dass wir uns auf dem Besten Weg befinden mehrdimensionaler zu verarbeiten, um niemals zu vergessen!!!


9 Punkte

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