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Die deutsche Nachkriegsgeschichte ist so ein Kapitel für sich und die Bewältigung der grausamen Ereignisse im Nationalsozialismus erst recht. Ein heikles Thema für Filmemacher, auch 60 Jahre nach der Kapitulation des Dritten Reiches. Doch so langsam ändert sich das Meinungsbild und auch solch brisante Themen werden aufgegriffen. So war es bisher tabu die Figur Adolf Hitler in einem Stück Kunst zu charakterisieren und mit menschlichen Wesenszügen zu versehen. Dennoch spielte sich Bruno Ganz in seiner eindringlichen Darstellung des gebrochenen Führers in die Köpfe der Zuschauer.
Zwei Jahre später ist das heikle Thema aktueller denn je und Adolf Hitler wieder im Mittelpunkt des Interesses. Dieses Mal geht es nicht um ein Drama im Führerbunker, eine Komödie soll es werden. Die Bedenken und Proteste schlugen hohe Wellen – die Frage: darf dieses traurige Kapitel der deutschen Geschichte in leichter Unterhaltung verharmlost werden? Noch schlimmer, darf ein größenwahnsinniger Diktator und Verbrecher als Clown gezeigt werden?

Die Antwort lautet ja, unabhängig von den inhaltlichen Qualitäten des Films. Wir Deutschen sind bei der Verarbeitung der Nachkriegsgeschichte immer noch etwas verklemmt. Wie kann man dem Faschismus also am besten den Nährboden entziehen? In dem man ihm der Lächerlichkeit preis gibt und dadurch sein abstruses Weltbild zum Einsturz bringt. Die Amerikaner haben es exzellent vorgemacht, Charlie Chaplin als „Der große Diktator“ ist legendär und in seinem entlarvenden Humor unerreicht.
Jetzt sind aber wir Deutsche an der Reihe unsere eigene Geschichte aufzuarbeiten und was eignet sich besser dafür als die Galionsfigur der Nazis, den Führer Adolf Hitler zu parodieren? Kein geringerer als Katzeklo-Erfinder Helge Schneider wurde für die Rolle besetzt, ein Mann dessen schauspielerische Qualitäten eigentlich gegen Null tendieren. Dennoch, der Mann hat Format und seine Darstellung von Hitler ist gar nicht so weit weg vom Original. Wenn mal von der nicht vorhandenen schauspielerischen Tiefe absieht, kommt Schneiders Darstellers erstaunlich nah an die von Bruno Ganz heran, zumindest was Auftreten und Ausdruck anbelangt. Unter der dick aufgetragenen Maske geht eines jedoch völlig unter, Helges persönliche Note. Man braucht keinen bekannten Comedian wenn sein Sinn für Humor im ganzen Film nicht einmal auftaucht, es bringt daher auch nichts dieses Film mit anderen Frühwerken von Schneider zu vergleichen. Nur selten kann der Führer zu der Hochform auflaufen, die man im Vorfeld erwartet hat. Die Sexszene mit Eva Braun ist so ein Moment oder wenn Hitler beim rasieren einen Teil seines Schnauzbartes verliert. Der grotesken Figur Adolf Hitler kann Schneider nur selten gerecht werden, was nicht an seinem gelungenen Schauspiel sondern vielmehr am fehlenden Freiraum und der Implementierung eigener Ideen liegt. Die Kritik Schneiders am fertigen Film ist daher durchaus verständlich, vielleicht sind die besten Szenen ja im Schneidraum verloren gegangen. Nebendarsteller wie Katja Riemann und Ulrich Noethen (wieder in der Rolle des Himler) werden obendrein zu Statisten degradiert und bekommen kaum eine gute Szene zugestanden.

„Mein Führer“ scheitert irgendwo am eigenen Anspruch und das obwohl Kulisse und technische Umsetzung stimmen. Regisseur Dani Levi, bekanntlich selber Jude, wollte dem ganzen Nazireich den Spiegel vorhalten, verliert dabei aber den Blick fürs Wesentliche. Kurzum, vom erhofften Witz und entlarvendem Humor ist wenig geblieben. Oft weiß man nicht so recht ob es moralisch vertretbar ist zu schmunzeln, besonders dann wenn so heikle Themen wie Judenverfolgung und Konzentrationslager geradezu beiläufig für Pointen herhalten müssen. Hier wird der gute Geschmack arg strapaziert und nicht Jeder wird darüber lachen können. Wenig originell ist auch die Handlung an sich, die den Eindruck erweckt nur überflüssiges Füllwerk zu sein.
Wo der Film punkten kann sind die mehr oder wenigen kleinen Details, welche das realitätsfremde Erscheinungsbild vom Dritten Reich hervorragend aufs Korn nehmen. Schon allein der Hitlergruß dient für ungeheuer witzige Situationskomik, wenn bei jeder Kleinigkeit alle Soldaten und Offiziere salutieren. Auch der Bürokratismus wird gut parodiert, so wird für den Judenbesuch extra ein Formblatt XYZ durch alle Instanzen geschickt.

„Mein Führer“, oder die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler ist ein Film der polarisiert und hat damit seinen Zweck eigentlich erfüllt. Es geht weniger darum ob dieses Werk ein guter Film ist, sondern ob er durch seinen kontroversen Inhalt zum diskutieren anregt. Die größte Leistung ist es aber wohl das auch in unseren Breitengraden mit dem Trauma Nazi-Deutschland unterdessen locker umgegangen werden kann, ohne es zu verharmlosen. Ein guter Film ist „Mein Führer“ dennoch nicht, dafür mangelt es an guten Ideen, Ironie und Feingefühl. Auch eine Person wie Helge Schneider vermag hier nicht die nötigen Impulse zu geben, wenn ihm nicht der entsprechende Spielraum gewährt wird.

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