Review

  Michael Clayton ist einfach nur erwachsenes, reifes, halbwegs realistisch gehaltenes Spannungskino. Weder mehr, noch weniger. Man mag meinen, dass dies einer jener guten Filme ist, die nur in den guten alten investigativen 1970er Jahren des damals sogenannten New Hollywood hergestellt wurden.Kann man so sagen, muß man aber nicht. Ich persönlich halte das für zu einfach gehalten, nostalgisch verklärt und zu simpel gestrickt.
Denn Michael Clayton ist mehr eine spannende Psychostudie eines Einzelgängers als ein Anwaltsthriller. Es wird nicht großartig eine Paranoia-Geschichte wie sie in den 70ern vorherrschte aufgetischt, sondern eine plausible Anekdote aus dem Leben des Protagonisten aufgeführt. Wir haben hier keine moralisch integere Identifikationsfigur, die einem großem Schwindel auf die Schliche kommt, keine Verschwörung, nur eine persönliche Geschichte.Dabei ist der Protagonist selten zu durchschauen, man weiß auch nie, wie er sich entscheiden wird. Dies wiederum liegt nicht an der mangelhaften Ausleuchtung des Charakters sondern am Charakter selbst:Weder seine Geschwister, noch seine langjährigen Kollegen, noch sonst wer weiß genau, wie er tickt. Selbst er weiß es manchmal nicht.Was er weiß, ist dass er gut ist in dem was er tut.
Und was tut er? Er räumt auf und hält die Schnauze. Insofern ist er eine Vertrauensperson. Doch eine, der keiner so richtig traut, eben weil er zwischen den Stühlen sitzt: Ausgebildeter Anwalt, der keine Fälle hat, obwohl er seit Jahren in der gleichen Kanzlei schuftet.Wie gesagt, er räumt den Dreck weg, weiß daher über so gut wie jeden vieles Dreckiges und schweigt. Läßt er sich dafür fürstlich entlohnen? Eben nicht, mehr oder weniger nur was er für's Leben braucht, vielleicht ein bisschen mehr, aber das war es dann wohl.Warum ist er so? Man weiß es nicht, aber das ist der Hauptgrund warum er so gut ist: Er bereichert sich nicht an diesem Wissen sondern ist tatsächlich im Dienste des großen ganzen Anwaltsapparats.Kann so einer der Held eines Films sein?
Gute Frage, genau darum geht es in Michael Clayton, und eine der Spannungen des Films ergibt sich genau aus dieser Frage: Ein Mann ohne Prinzipien kann jeden verraten, tut er es aber auch?
Und da macht dieser Film gar keinen Hehl daraus, was die eigentliche Entscheidung des Protagonisten gewesen wäre, man muß nur alles was oben steht, verstehen. Und dennoch gelingt diesem Film die Gratwanderung - fast schon im Stile der frühen Film Noir Filme eines John Huston - warum Clayton seine Entscheidung revidiert. Das hat nichts Edles an sich, nichts Heroisches. Und genau das zeichnet Michael Clayton aus. Er ist durch und durch auf menschliche Entscheidungen und versuchte Realitätsnähe getrimmt.Und für so ein Unterfangen ist Michael Clayton genau die richtige Figur, da er in einer festen Welt eine scheinbar unberechenbare Konstante zu sein scheint.
Spielt George Clooney seine Rolle gut? Das ist eine Frage, die zu beantworten schwer ist, da Clayton sein Pokerface braucht, daher gebraucht Clooney seine Mimik minimal. Und hier passt es auch sehr gut ins Bild. Aber spielt er die Rolle auch gut?Könnte ein Steven Seagal die Rolle nicht genauso gut spielen? Ich denke schon. Das soll jetzt nicht Clooneys Auftritt schmälern, denn er trägt den Film quasi im Alleingang, nein, das soll nur diesen interessanten Charkter Michael Clayton aufwerten.Clayton ist zweifelsohne ein großer Filmcharakter, der den Zuschauer sofort in seinen Bann zu ziehen in der Lage ist.
Nun zum Film selbst und dem Vergleich mit den 70ern: Aus heutiger Sicht betrachtet sind die meisten damaligen Super-Investigations-Filme eigentlich langweilig und ausgelutscht, mit wenigen Ausnahmen. Damals mögen sie revolutionär gewesen sein, aber heute betrachtet ist bei vielen dieser Filme fehlende Logik durch billige Action und unnötige Explosionen und Attentate ersetzt worden, damit der Zuschauer das alles nicht hinterfragt. Auf diese Schiene begibt sich Michael Clayton glücklicherweise nicht, auch wenn es hier auch eine Explosion gibt, welche allerdings der Handlung und dem Handeln des Protagonisten einen Richtungswechsel in Richtung publikumswirksam gibt. Gute Filme heutzutage, die sich mit diesen Themen beschäftigen, sind da eindeutig mehrschichtiger angelegt (seltsamerweise hat Mr Clooney auch relativ häufig seine Fingerchen im Spiel, z.B. Syriana), weitaus realistischer angelegt und nicht unnötig reißerisch inszeniert, kurz reifer. Alles in allem gibt es an Michael Clayton so gut wie nichts auszusetzen, außer vielleicht der letzten Einstellung der Visage Clooneys, wo er anfängt zu lächeln, aber sei's drum. 8 Punkte

Details
Ähnliche Filme