Selten habe ich einen so ausgelaugt und deprimiert wirkenden und bei allem innewohnenden Pessimismus doch so durch und durch selbstsicheren George Clooney in einer Hauptrolle gesehen. Er gibt dieser Figur nicht nur das Gesicht, sondern verkörpert diesen "Ausputzer" einer edlen New Yorker Anwaltskanzlei wahrhaftig. Er hat sich in diese Rolle hineingelebt, das spürt man. Er kümmert sich um Rechtsfälle, die am Rand der Gesetzgebung spazieren, die ganze Multimillionendollarklagen nach sich ziehen könnten, die einfach nur schmutzig sind.
Wie schmutzig dieser Fall ist, lässt sich anfangs nicht annähernd erahnen. Regisseur Tony Gilroy kreiert zunächst ein den Zuschauer fast überlastendes Mysterium, ein Story-Gebilde, dass man noch nicht ganz begreifen kann. Tom Wilkinson spielt einen anerkannten, brillanten Rechtsanwalt, der die Seiten wechselt, der nicht mehr die Großen und Reichen schützen und nichts mehr schönreden oder gar vertuschen will. Er scheint sich den Schmutz wortwörtlich abwaschen zu wollen. Doch auch wenn seine Erleuchtung zunächst in Zusammenhang mit seiner labilen und medikamentös behandelten Psyche in Verbindung gebracht wird, so entdeckt auch Michael Clayton nach und nach die Tiefe der Richtigkeit dieser anfangs grotesk anmutenden Rebellion gegen den so furchtbar bösen Chemie-Konzern "U/North".
Die Aufklärung dieser verzwickten Ereignisse gelingt Tony Gilroy wirklich grandios. Erst lässt er den Film dahinplätschern und dann zieht er die Plotschraube an. Vor allem vertieft er die titelgebende Figur zunehmend, was großartig funktioniert. Man taucht nun tatsächlich ab in der Welt des Michael Clayton, in der doch so viel weniger Glanz und Gloria herrscht, als es man sich bei Angestellten einer so noblen Kanzlei ausmalen würde. Er ist geschieden, hat Schulden und sieht seinen Sohn nur selten. Währenddessen muss der Zuschauer das Puzzle, welches sich aus vielen losen Perspektiven auf den Fall ergibt, zusammensetzen und fortan angestrengt kombinieren. Wer nicht mitdenkt, bleibt auf der Strecke. Und auch wenn man die letzten Fragezeichen nicht ganz wegwischen kann und wahrscheinlich auch nicht soll, so kann man durchaus behaupten, dass sich das Bild nach einer zweiten Betrachtung mit Sicherheit noch geordneter ergibt.
Ein Thriller über Anwalts- und Polizeiarbeit, über Recht und Unrecht, über Wohltaten und Verbrechen und vor allem über das, was es dazwischen gibt. Tom Wilkinson und George Clooney spielen sensationell gut. Im Mittelteil liefern beide die Szene des Films ab, als Clooney in einer Seitengasse zunächst argumentativ zuschlägt, um seinen eigentlich zutiefst verehrten Kollegen wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen, nur um dann von Wilkinson - mit einer übervollen Tüte Baguettes auf dem Arm - in die rhetorischen Schranken verwiesen zu werden. Das ist Schauspielerei am Limit. Beide hätten den Oscar für ihre Rollen durchaus verdient gehabt. Warum ihn letztlich die bis zum Schluss recht blass und sehr dezent aufspielende Tilda Swinton einsacken durfte, ist wohl ein ebenso großes Mysterium wie der Wall an Fragen, den Gilroy noch zu Beginn seines Films aufbaut.