Review

Aus „Music and Lyrics“ wurde in Deutschland kurzerhand einfach „Mitten ins Herz – Ein Song für dich“ gemacht. Schon da zeigt sich, dass man sich wohl nicht ganz einig war, womit man es hier zu tun hat. Der Originaltitel spielt deutlich auf den Musikpart des Films an, während der Film in Deutschland als typische RomCom vermarktet wird. Leider herrschen aber nicht nur da Unstimmigkeiten.

Alex Fletcher (Hugh Grant; „About a Boy“, „American Dreamz“) hat die beste Zeit seines Lebens schon hinter sich. In den 80er Jahren hatte er große Erfolge mit seiner Boygroup PoP, mit allem was dazu gehörte: Frisuren, die damals „in waren“, Kleidung, die damals auch „in war“, schlechte, krankheitsgefährdende „Dance Moves“ und die gleiche schreckliche Musik, wie sie die Boybands heutzutage machen.
Knapp 20 Jahre später kennt ihn kaum noch jemand; Pflanzenpflegerin Sophie (Drew Barrymore; „50 first Dates“, „Poison Ivy“) hat zwar von ihm gehört, erkennt ihn zuerst aber nicht. Als Alex für den neusten Stern am Pophimmel, Cora Corman (Haley Bennett), einen Song schreiben soll, bringt er nichts zu Papier. Wie der Zufall es will, zeigen sich in Sophie ungeahnte lyrische Qualitäten und so hilft sie ihm dabei, einen neuen Hit zu schreiben…

Unstimmigkeit die I.
Den Film über fragt man sich, was sich Marc Lawrence, der schon „Two Weeks Notice“ mit Grant drehte, bei diesem Film gedacht hat? Wollte er eine leichte RomCom drehen? Oder doch lieber eine leichte Satire auf das heutige Musikbusiness? Oder doch lieber ein leichtes Drama über einen Mann, der nach dem Niedergang seiner Band nichts Großes mehr erreicht hat und so nur noch vor sich hinvegetiert und den alten Zeiten nachtrauert, ohne je wieder etwas Neues anzufangen?
Leicht, leicht, leicht. Von allem etwas, von nichts genug.
Zumindest einer der drei angesprochenen Parts ist überflüssig, alles läuft immer so neben dem Rest her, passt nicht zu ihm und wirkt so störend. Dennoch ist es den eigenen Vorlieben überlassen, über welchen Teil man sich am meisten echauffiert. Ein Teil weniger hätte schon gereicht, um den Film runder wirken zu lassen.

Unstimmigkeit die II.
Aber nicht nur das Genre bleibt im Ungewissen, auch die Charaktere leiden unter dem Hin und Her des Drehbuchs.
Da wäre Hugh Grants Alex. Dieser ist leicht verbittert, trauert dem alten Leben hinterher und entwickelte somit eine Art trockenen Sarkasmus, der meistens sogar wirklich lustig ist und für die heitersten Filmminuten sorgt, ist zeitgleich aber in einigen Situationen zu wehleidig, was nicht zu seinem Humor passen will. Dass er frustriert ist, da seine anschließende Solokarriere alles andere als gut lief, ist verständlich, was aber aus ihm geworden ist, ist widersprüchlich.
Barrymores Sophie hat dagegen anfangs eine extrem nervige Art an sich, quatscht dummes, überflüssiges Zeug und dass sie irgendwann mal ansprechende Texte aufs Papier bringen soll, erscheint anfangs unwahrscheinlich. Wenn sie dann aber doch mal Texte schreiben soll, ist sie plötzlich ernst, nachdenklich, hat nichts mehr von der hibbeligen Person vom Anfang – nicht mal mit dem Argument des vor ihr stehenden ehemaligen Superstars könnte man ihre Aufgedrehtheit begründen, weiß sie es doch zu Beginn nicht, dass ein Mitglied von PoP gerade vor ihr steht.
Und zum Abschluss das Britney Spears ähnliche Popmädchen (nur mit Haaren), Cora, das, warum auch immer (macht sich wohl einfach besser), den Weg zur Religion gefunden hat, zeitgleich aber 100% Erotik auf der Bühne versprühen möchte und die auch durchführt; in ihr kommen dann satirische Spitzen durch. Dass der durchschnittliche IQ im Raum schlagartig steigt, sobald sie diesen verlässt, interessiert ja auch in der Realität keinen, wenn es um Popstars geht, doch wieso sie plötzlich am Ende des Films alle ihre Überzeugungen wegschmeißt, dient auch nur dem RomCom-Part, wirkt sie zu Beginn doch viel zu egoistisch dafür.
Die Charaktere ändern ihre Verhaltensweisen so, wie es gerade für den momentanen Fortschritt der Story am dienlichsten ist, vollkommen egal, ob das nachvollziehbar ist.
Ob das jetzt vielschichtig oder überfrachtet ist, muss jeder für sich entscheiden, ich tendiere zu letzterem, da die Charakterzüge doch zu unterschiedlich ausfallen.

Unstimmigkeit die III.
Abschließend wussten die deutschen Übersetzer wohl auch nicht, wie sie die englischen Texte nach Deutschland bringen sollten. Mal werden sie wirklich auf Englisch gesungen, manchmal, anfangs öfter, auf Deutsch, dann wieder nur eine Zeile auf Englisch; auch hier findet sich ein ständiges, nie stimmiges Hin und Her. Kein Part wird untertitelt, nur das große Finale, damit da jeder mitbekommt, was gesungen wird – hier geht es schließlich um die rettende Idee für die Beziehung. Was vorher gesungen wird, ist da eher untergeordnet. Wer da nicht ansatzweise der englischen Sprache mächtig ist, versteht sowieso nichts, obwohl die Texte oft nicht unwichtig sind für das Geschehen. Das geht so weit, dass Sophie und Alex auf Deutsch ausdiskutieren, welches Wort in der einen Textzeile besser passt, es später aber auf Englisch den Weg in den Song schafft.
Dadurch wäre die Alternative, alles auf Englisch zu belassen und zu untertiteln, für alle das Beste gewesen. So klängen die Texte nicht manchmal ein wenig holprig, alle, die Englisch sprechen, hätten es so genießen können, wie es vorgesehen war, und alle, die die Untertitel gelesen hätten, würden sich wahrscheinlich eh noch nicht die größten Gedanken über solche Kleinigkeiten machen.
Das Problem des deutschen Titels wurde oben schon angesprochen - wobei das dort wirklich Auslegung der Genrefragmente ist.

Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass Hugh Grant nicht singen, sein Hemd ab und an auch zuknöpfen und besser wieder das arrogante Arschloch spielen sollte. Es gibt einfach keinen, der das besser kann als Grant, und wenn dann mal sarkastische Bemerkungen über seine Lippen kommen, fragt man sich, warum man aus dem verbitterten Mann nicht gleich einen pessimistischeren gemacht hat. Das hätte wunderbar zum Grantschen Charakter Alex Fletcher gepasst; so passt er oftmals nicht zu dem Mann, der er ist.
Drew Barrymore wird wohl ihr Leben lang Durchschnittskomödien drehen – für etwas anderes wird sie anscheinend einfach nicht gecastet. Aber auch sie leidet hier unter ihrem Charakter.
Haley Bennett spielt einen oben auf der Spitze der Musikcharts angekommenen Star, muss dementsprechend nicht mehr tun, als gut auszusehen und sich ein wenig bewegen zu können. Schon stellt niemand mehr Fragen.

Zwischendurch ist das Geschehen wirklich witzig, aber über die restlichen Strecken oft zu albern und zu uneinheitlich. Spaß wird man daran gerade so haben, vielleicht hilft es bei Frauen Mitte 30 sogar, wenn man sich selbst an die Boygroups von damals erinnert, wie peinlich deren Auftritte doch meistens waren und sie werden dann still in sich hineinlachen und sich fragen, was sie da geritten hat, um sich diesem berechnenden Blödsinn hingegeben zu haben. So wird es den Fans von Tokio Hotel in 15 Jahren auch gehen.
Ich bin keine Frau und weit weg von Mitte 30.
Nett war’s trotzdem.
Im Genre (in welchem eigentlich?) gibt es aber trotzdem Besseres (in jedem).

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