Sport ist Mord oder Im Sport und in der Liebe ist alles erlaubt
Dank einiger Anreiseschwierigkeiten aus Österreich, Orientierungskonflikten in der Münchner Innenstadt und anschließenden Parkplatzproblemen (da in dieser verdammten Stadt sogar die Parkhäuser ständig überfüllt sind) war mein Eröffnungsfilm des diesjährigen Fantasy Film Fests nicht wie geplant der Anime „Paprika“ sondern Lionel Baillius „Fair Play“, der im Zuge der so genannten French Connection des Festivals seine deutsche Premiere feierte.
Dieser Umstand war jedoch kein Nachteil, da der interessante Thriller eine durchaus positive Überraschung darstellte und somit einen passenden Einstieg für meinen mehrtägigen Filmmarathon bot.
Der französische Regisseur Lionel Bailliu ist noch relativ neu im Filmgeschäft und somit wohl nur den wenigsten (und jenen wahrscheinlich höchstens durch seinen oscarnominierten Kurzfilm „Squash“) bekannt.
Rund um die Handlung eben dieses abgründigen Kurzfilms, in dem ein Squashspiel zwischen Firmenchef und Angestelltem aus dem Ruder läuft, baut Baillius gekonnt „Fair Play“, seinen Survivalthriller der etwas anderen Art, auf.
Die beiden Arbeitskollegen Jean-Claude (Benoît Magimel aus „Sky Fighter“ und „Purpurne Flüsse 2“) und Alexandre (Jérémie Renier, „Pakt der Wölfe“) kämpfen mit allerlei fiesen Tricks und unfairen Mitteln um große Projekte, den Aufstieg im Unternehmen und die Gunst ihres skrupellosen Firmenbosses Charles (Eric Savin, „Agents Secrets“). Als eben dieser zu einem Hochleistungs-Outdoortrip mit zwei Assistentinnen aufruft, wird der Firmenausflug zum Überlebenstraining mit unabsehbaren Konsequenzen.
Eine anstehende Anklage wegen sexueller Belästigung, exzessives Mobbing und Betrügereien machen den Ausflug auch nicht ungefährlicher.
Schon der Beginn von „Fair Play“, mit der augenzwinkernden Aufzählung der Fairnessregeln im internationalen Sport der AGIFS (Association Générale des Fédérations Internationales des Sports) gibt die satirische und kritische Sichtweise des weiteren Filmverlaufs vor und sollte bei all jenen, die sich im Vorfeld schon etwas über den Film informiert haben, zumindest zu einem teuflischen Grinsen führen.
Ich für meinen Teil konnte mir somit die sportlichen und sozialen Tiefschläge, die natürlich ganz im Gegensatz zu eben diesen Regeln stehen bereits nach wenigen Sekunden, nahezu bildlich Vorstellen.
Infolgedessen sind eben diese, mit zahlreichen Anspielungen auf die Geschäftswelt gespickten Sportszenen (vom Rudern über Laufen und Canyoning bis hin zum Golfen ist alles vertreten) die besten und intensivsten des gesamten Films.
Vor allem das sicherlich 15 Minuten lange Squashmatch zwischen Charles und Alexandre gehört mit seinen Dialogen rund um Erfolg, Misserfolg und Erpressung, der Härte der Inszenierung und der Kompromisslosigkeit, mit der sich die beiden Kontrahenten bis aufs Blut bekämpfen, zu den besten Momenten von „Fair Play“.
Das wiederum ist jedoch problematisch, da keine nachfolgende Szene (mit Ausnahme der beiden kurzen Konfrontationsszenen zwischen Benoit Magimel und Marion Cotillard während des Canyoningtrips) auch nur annähernd an dieses intensive Spiel heranreicht.
Des Weiteren verliert sich der Film zwischen den sportlichen Wettkämpfen in zu langen und (pseudo-)tiefgründigen Dialogen, büßt dadurch merklich an Schwung ein und enttäuscht vor allem durch das zwar innovative und einfallsreiche, aber äußerst abrupte und etwas aufgesetzte Ende.
Die französischen Darsteller spielen ihre Rollen gut und mit vollem Einsatz, wobei vor allem Benoît Magimel als übergewichtiger Rotschopf, mit übermäßiger Gewinnermentalität und Marion Cotillard („Taxi“ Trilogie), als gar nicht so harmloses Opfer hervorstechen.
Baillius Film zeichnet sich weiters durch einen weitgehend ruhigen Inszenierungsstil und einen langsamen Aufbau aus und ist folglich eher eine abgedrehte Sozialstudie als ein Horrorfilm. Das soll jedoch nicht heißen, dass der Film ganz ohne Gewalt auskommt, sondern nur darauf hinweisen, dass man keinen blutigen Splatterstreifen alla „Severance“ erwarten darf.
Fazit:
Lionel Bailliu baut rund um seine einfache Grundidee eine spannende, aber auch überzeichnete und extreme Geschichte auf und bringt sie routiniert an den Mann. Es ist wirklich spannend zu beobachten wie die verschiedenen Charaktere sich selbst und andere systematisch zerstören, nur um selbst weiter zu kommen.
Insgesamt ist der Film für meinen Geschmack jedoch etwas zu sprunghaft und löchrig, was aber einerseits daran liegen könnte, dass "Fair Play" auf einem Kurzfilm basiert und somit storytechnisch nur gestreckt wurde oder andererseits daran, dass ich diesen, doch sehr dialoglastigen Film, im Original mit englischen Untertiteln gesehen habe.
Ein etwas konstanterer Spannungsaufbau und ein besser getimtes Ende hätten dem Film dennoch nicht geschadet.