Flandern – wo liegt das eigentlich? Ein kurzer Abstecher auf Google Maps zeigt uns, dass Flandern, zumindest das Französisch-Flandern, ein an Belgien angrenzender Teil Frankreichs ist. Eine sehr ländlich geprägte Region, wie uns der Film FLANDERN von Bruno Dumont (TWENTYNINE PALMS, HUMANITÄT) darstellt. Der Film erzählt eine zeitlich losgelöste Geschichte von drei Heranwachsenden, dem bescheidenen, wortkargen Kleinbauern André, seiner Jugendliebe, dem „leichten Mädchen“ Barbe, und dem stattlichen Jüngling Blondel, der mit Blondel anbandelt. André und Blondel werden zum Wehrdienst in ein arabisches Land abberufen. Barbe bleibt in der trostlosen Heimat zurück.
FLANDERN ist kein klassisches „Coming Out Of Age“-Drama á la REALITY BITES oder SINGLES, beinhaltet aber viele Bestandteile der Heranwachsenden-Thematik, so der schüchterne André, der Barbe gegenüber seine Liebe zu ihr nicht eingestehen kann, und Barbe, die völlig kühl und emotionslos von einem Kerl zum nächsten springt, Sex im Auto und im Kuhstall hat und nichts auf die Meinung anderer gibt. Zerrissen wird die Dreiecksbeziehung zwischen André, Blondel und Barbe als die jungen Männer zum Kriegsdienst eingezogen werden. In dem fernen Land, das namentlich nicht erwähnt wird, da nebensächlich, werden sie Zeuge und Mittäter von Kriegsverbrechen, Vergewaltigung, Folter und Tod.
Die Vergleiche zu Anti-Kriegsdramen wie FULL METAL JACKET oder DEAD PRESIDENTS hinken arg hinterher. Zu Letztgenanntem gibt es tatsächlich etliche Parallelen, doch verzichtet FLANDERN auf überkandidelte Gefühlsduselei und plakative Darstellungen von Tramata und Gewalt, wenngleich er sogar im Zuge einer Kriegsgefangenschaft eine Kastration andeutet. FLANDERN stimmt andere, ruhigere, feinfühligere Klänge an und erzielt ein Maximum an Wirkung durch das Weglassen innerer Vorgänge. Eifersucht, Verlangen, Leidenschaft, Lust… alles Dinge, die der Film thematisiert, ohne sie anzusprechen oder deutlich darzustellen. Trotzdem schwingt viel herber, bedeutungsschwangerer Unterton mit.
Ein Film, in dem nicht viel geredet wird. Lässt der Seele Platz zum Atmen.
Fazit:
Betörende Tristesse. Gelebte Anti-Coolness. Meisterlich!