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J-ok'el ist scheins eine alternative Bezeichnung für die Llorona, eine in Lateinamerika bekannte mythische Frauenfigur, die einst ihre eigenen Kinder in einem Fluss ertränkte und sich fortan vor lauter Gram als weinendes Schreckgespenst der Kinder anderer Menschen bemächtigt. Dieses sagenhafte Wesen muss also für den Titel von Benjamin Williams' Horrorthriller aus dem Jahre 2007 herhalten, wobei er keineswegs der erste ist, der sich diesem Stück lateinamerikanischer Folklore zwecks TV-Adaption annimmt.

Leider kommt seine Produktion auf keiner Ebene auf einen grünen Zweig, selbst bei wohlwollender Betrachtung bleibt "J-ok'el" oft sogar noch unter dem Anspruch einer handelsüblichen Telenovela zurück. Obwohl man die Anzahl der Charaktere an einer Hand abzählen kann, gelingt es weder Williams noch den Darstellern, diesen Figuren Leben einzuhauchen. Dies gilt natürlich insbesondere für den Protagonisten George, der verzweifelt sein verschwundenes Schwesterlein sucht und dabei die Bekanntschaft der geschiedenen Carmen macht, deren gescheiterte Ehe - welch' Überraschung! - nicht kinderlos geblieben ist. Es ist wohl kaum nötig die weiteren Ereignisse der Handlung zu spoilern, um absehen zu können, wie das Schicksal in Form der ollen Heulsuse zuschlagen wird. Warum diese im übrigen permanent ein weißes Brautkleid trägt, ist mir entgangen, vielleicht gehört dies einfach zur Legende, vergleichbar mit der berühmten Lady in Weiß in hiesigen Gefilden. Eine andere Erklärung wäre, dass die Farbe Weiß in manchen Kulturen symbolisch für Trauer steht.

Im Grunde spielt dieser Umstand aber auch weiters keine Rolle, da die Llorona (oder J-ok'el) bis zum Finale gerade mal drei oder vier Auftritte hat. Davon ist der erste sogar recht gelungen, denn wenn die Dame im abgedunkelten Kinderzimmer plötzlich hinter der Tür hervortritt, hat das im Prinzip die gleiche Wirkung, wie manch langhaariges Geistermädchen in besseren Asia-Horrorflicks. Im weiteren Verlauf beschränkt sich die Leinwandpräsenz der Unholdin jedoch auf einen Fetzen Kleid, der im Wind flattert oder auf eine Nahaufnahme der Pranken mit schwarzlackierten Fingernägeln und weißen Spitzenhandschuhen. Kurzum: es ist wenig Anlass zum Gruseln geboten und erst recht keine Spannung. George läuft sich auf der Suche nach Schwesterherz den Wolf und kommt dabei Carmelitas Ex quer sowie zwei Klischeebullen vom Dienst, die sich herzlich wenig um den Fall des vermissten Mädchens scheren.

Der finale Showdown ist dann mindestens so läppisch wie der ganze Rest der Geschichte, die eher die Bezeichnung eines Melodrams mit Gruseleinschlag als die eines Horrorthrillers verdient. Am Ende zieht man sogar noch einmal als Joke(r)l die Gespensterkarte, nachdem sich die in jeder Hinsicht anspruchslose Geistergeschichte als an den Haaren herbeigezogenes (Familien-)Drama entpuppt hat. Somit wage ich als Fazit die Prognose, dass "J-ok'el" im TV-Nachtprogramm bei den meisten Zuschauern kaum über die erste Werbeunterbrechung hinauskäme. 2 / 10 Bettlaken.

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