Anthony Soprano, verheirat, zwei Kinder, beruflich sehr erfolgreich in der Abfallentsorgung tätig, ist gesundheitlich angeschlagen und besucht einen weiblichen Psychiater. Der Abfall den Mr. Soprano entsorgt besteht aus höchst ungewöhnlichen Material, es ist Menschenmüll.
In den nun folgenden sechs Staffeln dieser einzigartigen TV Serie wird der geneigte Zuschauer nun Mitwisser bzw. Komplize des wohl seltsamsten und einzigartigsten Charakters der Fernsehgeschichte. David Chase, der Erfinder dieses Wunderwerkes, foppt sein Puplikum mit einem genialen Schachzug. Chase beschreibt in Form einer monströsen Soap Opera das Familienleben eigentlich ganz normaler Menschen. Genau, auch Schwerverbrecher sind mit nervenden Eheweibern gesegnet , haben pupertäre Gören und flippige Geschwister oder hassen ihre Mutter. "T" wie Anthony Soprano von seinen engsten Mafiafreunden ehrfurchtsvoll genannt wird, ist ein Bombentyp den jeder einfach gerne haben muß. Mann lacht über seine Jokes, schüttelt den Kopf wenn man mal wieder Zeuge seiner Freßorgien geworden ist usw. Doch urplötzlich explodiert der Vulkan Tony Soprano und eine Gewalteruption wie sie in einer TV Serie noch nicht zu sehen war erschüttert das Nervenkostüm des Zuschauers. In solchen Momenten macht man sich erst wieder klar, mit welch soziopatischen Bestien man hier überhaupt sympatisiert. Diese Charakterbeschreibung trifft übrigens auf ein gutes Dutzend Personen des SOPRANOS Universums zu. Hier ist niemand nur böse oder "nur" total lieb. Jede einzelne Episode besitzt eine komplexe Story, ausgefeilte Dialoge und sarkastischen Humor. Alle Zutaten sind einfach nur vom Allerfeinsten!
Rein subjektiv möchte ich anmerken, das ich es toll gefunden hätte wenn Armand Assante Berücksichtigung in der Besetzungsliste gefunden hätte. Der Mann hätte perfekt gepasst, schade.
Die beteiligten Schauspieler erleben hier den Höhepunkt ihrer Karriere! Bei jedem einzelnen muß ich den Kinski Spruch zitieren: "Ich spiele das nicht, ich bin das". Neben den brillianten Hauptdarsteller James Gandolfini möchte ich aber trotzdem zwei Herren besonders lobend erwähnen. Als erstes wäre da Steven van Zandt. Der Leadgitarrist von Bruce Springsteens E-Street Band ist nicht wieder zu erkennen. Er spielt Silvio Dante, den Besitzer der kultigen Striptease Bar Bada Bing, der gleichzeitig Consigliere von Tony ist. Der Typ ist mit seiner schicken Perücke und der markanten Bulldoggenfresse einfach unwiderstehlich. Die zweite Granate ist Tony Sirico. Sirico hatte in den 60er Jahren ausgezeichnete Kontakte zum organisierten Verbrechen. Er wurde mehrfach wegen schwerer Delikte verhaftet und saß später wegen verschiedener bewaffneter Raubüberfälle auf Nachtclubs bis 1972 im Gefängnis. In der dortigen Theatergruppe wurde Siricos erstaunliches Talent bestätigt und er versuchte nach der Haft sein Glück beim Film. Seinen bisher größten Erfolg hatte Tony mit den Sopranos. Er ließ sich vertraglich versichern, dass sein Charakter Paulie Gualtieri im Verlauf der Serie nicht zum Verräter wird. Paulie ist Tonys ältester Mitarbeiter, link und hinterhältig, erbarmungslos zu anderen, weinerlich wie ein Waschweib, wenn es um sein eigenes Wohlbefinden geht. Einer meiner absoluten Favoritos!
Großartig an der Serie ist auch die Tatsache, das der Erwartungshaltung des erfahrenen Zuschauers nicht entsprochen wird. Ich nenne zwei Beispiele. 1) Die Seelendoktorin von Tony Jennifer Melfi (Lorraine Bracco) wird brutal von einem zunächst unbekannten Täter vergewaltigt. Die nicht nur seelisch, sondern auch körperlich verletzte Jennifer schwindelt ihren Patienten, von dem sie weiß, das er ein Mafiosi ist und sie mit größtem Vergnügen rächen würde, an und erzählt das sie einen Unfall hatte. Selbst als sie per Zufall den Täter ausfindig macht und ihr Ego (und das Ego des mitfiebernden Zuschauers) nach explizierter Bestrafung des Vergewaltigers schreit, kann Jennifer einfach nicht über ihren moralischen Schatten springen und Tony die Wahrheit erzählen. Der Sittenstrolch bleibt ungestraft und die Credits erscheinen. 2) Der Großverdiener der Soprano (Gangster) Familie Ralph Cifaretto (Joe Pantoliano) ist ein widerwärtiges impertinentes Stück Scheiße. Niemand kann ihn leiden, aber man erträgt ihn weil er Kohle wie kein anderer schäffelt. Als Ralphie im Kokswahn eine süße Stripperin so lange zusammenschlägt bis das Mädchen tot ist und Tony fassungslos vor Wut über die irre Koksnase herfällt, freute ich mich schon über Ralphies baldiges Ableben. Pustekuchen, der Güllewurm bekam nur eine viel zu kurze Abreibung, wurde sogar intern befördert und stolzierte noch eine weitere Season durch das Soprano Universum. bis ihm der qualvolle Tod eines Rennpferdchen zum Verhängnis wurde.
Ich möchte noch ein paar Worte zur Vermarktung der Serie in der BRD verlieren. Ich bin ein Fanatiker der ersten Stunde und mußte deshalb mit meinen Sopranos durch die Hölle des ZDF gehen.
Dieser unfähige durch Zwangseinnahmen finanzierte Kacksender kaufte sich die Rechte und begann im Jahre 2000 mit der Erstausstrahlung. Sendezeit: Sonntag 21 Uhr 15. Ok, ne merkwürdige Zeit um gute Quoten zu erreichen aber was soll's. Die Serie floppte beim Puplikum, denn neben den bescheuerten Sendeplatz hielten es die Mainzelmännchen auch nicht für nötig Werbung für diese außergewöhnliche Serie zu starten. Ein Jahr später erreichte den Sopranos Junkie die frohe Kunde das das ZDF einen zweiten Anlauf starten wolle und die Staffeln 1 bis 3 Samstags nach dem Sportstudio senden würde. Das geschah dann auch tatsächlich, es gab nur einen Haken. Da sich der deutsche Wetten das? / Musikantenstadl Geschädigte nicht für Sopranos begeistern konnte, wurde Tony und seiner Familie nun noch Faust (Lauterbach Pfeife) und Siska Wiederholungen vor die Nase gesetzt. Wenn Gottschalk mal wieder überzog, kamen nagelneue Sopranos Episoden schon mal nachts um 2 Uhr 30. Ich behaupte mal ganz bescheiden, wenn Pro7 die Serie gekauft hätte, wären THE SOPRANOS auch in Deutschland sehr erfolgreich gewesen.
Für meine Frau, meine Eltern und den Großteil meiner Freunde sind die Sopranos etwas ganz Besonderes. Für meinen Bruder und mich sind sie noch mehr, ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens.
SOPRANOS,ein TV Wunder! Eine Offenbarung paradiesischen Ausmaßes, welche mich immer wieder in Verzückung versetzt.