Der Kriminaldauerdienst, hier ein fiktiver Ableger der Berliner Polizei im 5. Dezernat, hat die Aufgabe, sich sämtlicher kriminalpolizeilicher Verbrechen und Vergehen anzunehmen - Geiselnahmen, Überfälle, Morde, Entführungen, Gewaltdelikte. Der im Zentrum der Serie stehende KDD operiert von einer Wache im Kiez Kreuzberg aus, welche früher einmal als preußische Heeresbäckerei diente. Hier sind 24 Stunden am Tag, verteilt auf zwei Schichten, Kriminalkommissare aber auch Streifenpolizisten aller Ränge anwesend, um, wie sie selbst sagen, "Fälle zu lösen, anstatt Akten zu wälzen".
Im Fokus steht die Mannschaft der Tagschicht, bestehend aus Schichtleiter Helmut Enders, der Wachtdienstleiterin Kristin Bender, den Kommissaren Jan Haroska, Leo Falckenstein und Mehmet Kilic sowie der Kommissarin Sylvia Henke und der Schutzpolizistin Maria Hernandez. Ferner spielen auch immer wieder die Familien der Beamten eine Rolle, als auch Figuren wie Hugo Stieglitz von der Dienstaufsichtsbehörde oder der junge Flüchtling Enes, der von Kristin Bender in Pflege genommen wird.
Getreu dem vorher genannten Motto beschäftigt sich die Serie hauptsächlich mit den Hauptfiguren und ihren Familien, ihren Liebschaften, ihren Beziehungen untereinander, mit ihren Problemen und Sorgen, mit den Auswirkungen des Berufs auf ihr Privat- und Seelenleben. Und genau hierbei liegt die besondere Stärke von "KDD" gegenüber so vielen anderen Krimiserien aus Deutschland, wobei das Ganze viel eher eine Art Crime-Drama darstellt. Denn die Polizeiarbeit kommt bei weitem nicht zu kurz, im Gegenteil, der rote Faden einer jeden der leider nur drei Staffeln hat einen kriminellen Hintergrund, welcher auch Auswirkungen auf alle Beteiligten hat.
Entgegen des sonst so beliebten "Fall der Woche"-Schemas wartet der KDD mit persönlichen Dramen auf, aber auch mehr oder minder realistischen Kriminalfällen, derer es manchmal pro Folge zwischen 2 und 10 gibt, die manchmal auch erst in der darauffolgenden Episode abgeschlossen werden oder gar niemals.
Zuweilen wird der aufmerksame Zuschauer (hier handelt es sich definitiv nicht um "Bügel-Fernsehen" a la "Tatort") vom Tempo der Serie, das sich deutlich an amerikanischen Vorbildern wie "The Shield" oder "The Wire" orientiert, ohne Gefahr zu laufen, keinen eigenständigen Charme und Charakter zu präsentieren, geradezu mitgezogen und in einen Schlund aus Gewalt, Hass, Sex, Verzweiflung und Schicksalsschlägen gesogen. In der einen Einstellung beobachtet man den Säufer Haroska, wie er sich vor einem Einsatz einen Klaren hinter die Binde kippt, um zu funktionieren, in der anderen springt eine Mutter in einer Sozialbausiedlung vom Balkon in die Tiefe, nachdem sie sich die Pulsadern aufgeschlitzt hat ...während unten ihre Kinder stehen. Permanent wird man Zeuge des inneren Kampfes der Kristin Bender, die partout nicht zu ihrer Homosexualität und somit auch ihrer Partnerin stehen will, aus Angst vor Angriffspunkten und der vermeintlichen Intoleranz seitens der nach außen hin harten Kollegen.
Allgemein hat jede der Hauptfiguren ihren persönlichen Stein zu schleppen, muss und will trotzdem weiter machen und zusammen halten, möge die Scheiße, durch die sie waten, noch so tief sein. In der Tradition eben erwähnter Vorbilder entwickeln sich auch ganz undeutsch alle Charaktere von Episode zu Episode, von Jahr zu Jahr, weiter, in den meisten Fällen nicht unbedingt zum Guten hin, doch laut der Macher sind gerade die Figurenvielfalt und ihre verschiedenen Transformationen ein Garant dafür, dass sich ein jeder seinen ganz speziellen "Liebling" aussuchen kann - und natürlich auch eine Hassfigur. Dies mag vom Prinzip her auch an eine Soap erinnern, jedoch versteht es Erfinder Orkun Ertener sehr gut, nie in's Kitschige oder Pathetische abzudriften, denn neben der durchaus an die Realität angelehnten Verfahrensweisen der Polizisten (zur Vorbereitung gab es Testeinsätze mit echten KDD-Leuten) sind all die Schicksale und Abgründe durchaus aus dem echten Leben gegriffen. Wenngleich natürlich außer Frage steht, dass der Dramaturgie wegen weitaus mehr auf einzelne Charaktere darnieder prasselt, als es wohl bei Bullen in der realen Welt möglich wäre.
Positiv erwähnt werden sollte auf jeden Fall noch die Kameraarbeit, stets befindet man sich mitten im Geschehen, alles läuft flüssig ab, Zwei-Kamera-Technik sei Dank. Passend zum Grundtenor der nur manchmal durch Situationskomik und umso öfter mit Sarkasmus und bitterer Ironie versetzten Krimi-Reihe präsentiert sich das Dargebotene in weitestgehend musiklosen, düsteren Bildern, die dreckigen Abgründe Berlins und seiner Insassen werden perfekt wiedergegeben und stets beendet man die Sichtung einer jeden Folge mit einem befriedigten, aber auch mulmigen Gefühl.
Leider fand "KDD" nie den Geschmack des Massenpublikums bzw. erreichte nie die Quoten, die ausgereicht hätten, um noch eine vierte oder mglw. gar eine fünfte Staffel zu produzieren. Die schnelle und doch flüssige Schnitt- und Erzählweise, die vom Unglück verfolgten Beamten, die für deutschen Fernsehstandard teils rohe, jedoch nie zweckmäßige Gewalt(darstellung), der Tanz um die Abgründe, der Sex und die Drogen sowie die fordernden Plots scheinen, obwohl es weitaus komplexere Beiträge aus derselben Ecke gibt, zu viel für das Gros der Konsumenten gewesen zu sein. Vielleicht auch besser so, so können sich auch heute noch Feinschmecker am Leid der Beteiligten laben, ihre Abstürze und Aufstiege verfolgen und sich freuen, als einer von wenigen ein Stück deutsche Filmkulturgeschichte miterlebt zu haben.