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"Los Angeles verdurstet."

Roman Polanski's "Chinatown" ist längst zum Klassiker der Filmgeschichte des Film Noir avanciert und genießt auch heute noch einen hohen Status. Augenscheinlich liegt dies an dessen hochwertig sowie komplexer Handlung um ein Netz von Lügen, Intrigen, Korruption, Mord und einem düsteren Familiengeheimnis.

Los Angeles in den 30er Jahren. Jake Gittes (Jack Nicholson) führt eine erfolgreiche Privatdetektei und beendet gerade einen Auftrag über die Beschattung eines Ehemannes und seiner geliebten als ein ähnlicher Auftrag eintrifft. Die vermeintliche Ehefrau des Ingenieurs der örtlichen Wasserwerke beauftragt Gittes ihren Mann Hollis Mulwray (Darrell Zwerling) zu beschatten, da sie ihn verdächtigt eine Geliebte zu haben. Tatsächlich hat dieser Umgang mit einer fremden Dame, und kurze Zeit später wird dieser Skandal in den Zeitungen veröffentlicht. Kurz danach taucht aber die richtige Ehefrau, Evelyn Mulwray (Faye Dunaway), auf und droht Gittes mit einer Klage.
Als der Ingenieur Hollis Mulwray plötzlich tot aufgefunden wird, beschließt Gittes eigene Nachforschungen anzustellen. Dabei entdeckt er, dass die Wasserwerke heimlich große Mengen Wasser in das Meer ableiten, obwohl in der vorherrschenden Dürreperiode jeder Tropfen kostbar ist. Eine weitere Spur führt zu Evelyn Mulwray, die wenig betroffen von dem Tod ihres Mannes zu sein scheint.

Der mittlerweile leicht angestaubte Klassiker beinhaltet alles was zu einer gut durchdachten Detektivgeschichte gehört. Ein nicht ins Bild passender Mord, geheimnisvolle Figuren die sich erst im Laufe der Zeit offenbaren, eine undurchsichtige, wendungsreiche Geschichte sowie eine überaschende Auflösung inclusive stimmigem, leicht offenem Finale.
Durch intelligente Dialoge und geschickte Erzählweise offenbaren sich langsam aber beständig immer mehr Teile des verworrenen Puzzles. Gerade durch die wohl portionierte und überschaubare Anzahl von Hinweisen fesselt der Plot welcher nur häppchenweise seine immer komplexer werdende Auflösung bekannt gibt. Dadurch verliert der Zuschauer nie das Interesse und ebenso wenig die Übersicht.

Anno 1974 gab es nur wenig Möglichkeiten einen Krimi temporeich und effektlastig zu inszenieren. Polanski umgeht die Problematik der noch eingeschränkten Möglichkeiten und bietet nur wenig Action. Auf dem Programm steht stattdessen ein ausgeklügeltes Charakterdesign welches glaubwürdig ist und Identifikationsmöglichkeiten bietet, sowie ein gespanntes agieren der Figuren untereinander. Das Resultat daraus ist, dass sich ein paar Szenen etwas in die Länge ziehen und zu dialoglastig wirken. Dies ist aber zu verschmerzen.
Ebenso souverän gestaltet sich die Ausstattung des Films, die das Los Angeles der 30er Jahre glaubwürdig darstellt. Viel Liebe zum Detail versteckt sich in Kostümen sowie Fahrzeugen, akkurat sind die stimmungsvollen Bilder eingefangenen.

An einem ausgeklügeltem Charakterdesign hängen immer Darsteller, die die Charaktere ansprechend visualisieren. Polanski hat hier mit dem Duo Jack Nicholson ("Shining", "Das Beste kommt zum Schluss") und Fay Dunaway ("Supergirl", "Flammendes Inferno") eine gute Wahl getroffen. Ersterer ist stets im Bild präsent und durch seine süffisant und zynische Vorstellung mit Freude anzusehen. Desgleichen gilt für die gern als Femme Fatale bezeichnete weibliche Hauptrolle in diesem Genre, in diesem Fall Dunaway, die durch ihre sehr facettenreiche Figur schnell Sympathien für sich verzeichnen kann.
Eine nette Dreingabe ist John Huston, der unter anderem für den Urgestein der Bond Filme "Casino Royale" verantwortlich ist.

Bis hierhin wäre es eigentlich an mir mindestens 7 Punkte zu vergeben. Wieso ist dem nicht so? Ganz einfach: "Chinatown" gehört zu den Filmen, die ich mir eigentlich nicht ansehe. Geschmäcker sind nunmal verschieden und das Genre des klassischen Film Noir gehört nicht zu meinem. Der indirekte Zwang ihn zu sehen führte aber zu der Erkenntnis, in der Zeit des modernen Pop Kinos ohne Sinn und Verstand mal wieder etwas mehr Geschichte zu erleben. Als Kind des neumodischen Kinos sind meine Augen aber leider eher durch eine "knalligere" Optik empfänglich. Und dies hat der Krimi selbstverständlich nicht zu bieten.
Bitte vergeben sie mir Herr Polanski, im Grunde ist ihr Film tatsächlich mehr Wert.

5 / 10

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