Obwohl der Vergleich mit "Ju-On" und thematisch ähnlich gelagerten japanischen Horrorfilmen desöfteren bemüht wurde, muss zunächst festgestellt werden, dass Kóji Shiraishis Horrorgurke "Carved" aus dem Jahre 2007 in der Schublade der sich rächenden Geistermädchen quasi nichts verloren hat. Einerseits, weil sich rein inhaltlich kaum Parallelen finden lassen, andererseits, weil kaum ein anderer Genrefilm als so kläglich misslungen bezeichnet werden muss wie eben "Carved".
Wenn man schon nach einer Viertelstunde all seine Geduld aufbringen muss, um den Film doch noch bis zum Ende anzuschauen, dann hat das mit Unterhaltung ehrlich gesagt nur noch wenig zu tun. Ein Grund hierfür ist die unsäglich belanglose Inszenierung einer simplen, wenn auch grundsätzlich tragfähigen Idee im Rahmen einer denkbar schlichten Story. Aufhänger der ereignisarmen Handlung ist eine ominöse scherenschwingende Frau mit aufgeschlitztem Mund, eine scheins in der japanischen Folklore verhafteten mythologischen Erscheinung, die sich kleine Kinder krallt um diese zu quälen und zu töten.
Für einen schauerlich unterhaltsamen - wenn handwerklich ordentlich gemachten - Horrorfilm wäre dieser Aufhänger sicherlich eine brauchbare Prämisse gewesen. Leider ist "Carved" dramaturgisch jedoch eine Zumutung. Dabei hat nicht nur die Regie heftig versagt, auch das während des Drehs scheinbar sedierte Ensemble trägt durch sein lustloses, oft ausdruckloses Spiel einen gehörigen Teil zum Misslingen bei. Die fernöstliche Mentalität mag sich von der hiesigen sicherlich grundlegend unterscheiden, die Verhaltensweisen der Figuren sind jedoch oft nicht nachvollziehbar und wirken teils gar unsagbar dämlich. Dazu kommen noch Darstellungen der Kinder, die nicht immer altersgemäß erscheinen.
Zwar fällt man recht bald mit der Tür ins Haus, sprich es dauert nicht lange bis die Schlitzmäulige erstmals in Erscheinung tritt, den Puls nach oben treiben diese Momente jedoch mitnichten. Denn egal ob die Unheimliche mit klappernder Schere Angst und Terror verbreitet oder die übrigen Beteiligten kontemplativ vor sich hinstarren und oberflächliche Dialoge führen, alles wird dem Zuschauer in ein und derselben rhythmischen Monotonie und Gleichförmigkeit präsentiert. Zu den Figuren eine emotionale Beziehung aufzubauen ist quasi unmöglich. Bezeichnend für die missglückte Inszenierung ist ferner, dass selbst das Schicksal der Opfer der Scherenfrau - schließlich handelt es sich hierbei um unschuldige Kinder - nicht in dem Maße anrührt, wie es eigentlich selbstverständlich wäre.
Die Entwicklung der Story ist so hohl, dass man von Brüchen und Wendungen kaum zu sprechen wagt. Und weil Shiraishi nur gar wenig eingefallen ist, um die dünne Story ansprechend zu verkaufen, packte er vermeintlich sozialkritisch noch das Thema Kindesmisshandlung mit in seine Schauermär hinein, vergaß aber dummerweise einen Subtext hinzuzufügen, der diesbezüglich eine Analogie zu den Untaten der Scherenfrau hätte enthalten können. Zumindest waren entsprechende Bezüge innerhalb der Handlung nicht einmal auf Verdacht hin erkennbar und auch die Motive der Schlitzmäuligen bleiben unbekannt. Sicherlich hat ein Japaner ein grundsätzlich anderes kulturelles Vorwissen als ein Westeuropäer, ich unterstelle jedoch, dass da innerhalb der Story einfach nicht mehr ist.
Immerhin jedoch konnte ein gewisser Jason an einem bestimmten Freitag oder auch ein Michael Myers an Halloween zumindest unterhaltungstechnisch ganz ordentlich punkten, auch ohne dass man als Zuschauer zunächst einmal die Werke der Gebrüder Grimm unter psychoanalytischen Gesichtspunkten hätte studieren müssen. "Carved" dagegen stellte sich als eine langweilige Geduldsprobe dar, was nicht einmal eine Empfehlung zur Investition der Leihgebühr zulässt.