„Das Engelsgesicht“ ist ein unterhaltsamer Horrorfilm, der verschiedene klassische Motive des Genres vermischt.
Eli (Ronny Cox) und Caroline MacCleary (Bibi Besch) sind in Mississippi unterwegs, haben jedoch in der Nähe des Kaffs Nioba eine Panne. Als Eli Hilfe holen geht, verlässt Caroline mit dem Hund aus dem Auto – mächtig großer Fehler. Irgendetwas verhackstückt den Köter und vergewaltigt Caroline. Damit fängt der Film reichlich krude an, auch wenn die Szenen im dunklen Tannenwald doch für ein bisschen Gänsehaut sorgen.
17 Jahre später: Michael (Paul Clemens) ist das Ergebnis jener Nacht, aber trotzdem der Stolz seiner Eltern. Doch er liegt mit einer unbekannten Störung im Krankenhaus und die Ärzte sind ratlos. Eli und Caroline reisen nach Nioba, um dort nach Antworten zu suchen. Allerdings erweisen sich die Einwohner als alles andere als gesprächsfreudig, doch sie recherchieren erbittert weiter. Natürlich ahnt jeder halbwegs erfahrene Zuschauer, dass da was im Busch ist, aber wie bei derartigen Filmen liegt die Spannung in der Lösung des Rätsels.
Michael reist seinen Eltern nach und seltsamerweise hat sein Aufenthalt eine heilende Wirkung. Doch die MacClearys stoßen auf einige seltsame Dinge bei ihren Ermittlungen, die ihnen zu denken geben: Was haben ein Jahre alter, grausamer Mordfall, Skelette im Moor und Michaels Krankheit miteinander zu tun?
Es ist zwar jedem Zuschauer klar, dass Michaels biologischer Papi oder zumindest dessen Erbgut eine wichtige Rolle in der ganzen Story spielen, doch „Das Engelsgesicht“ schlägt seinen Spannungsbogen mit einem simplen Trick: Es kommen immer mehr seltsame Vorkommnisse in der Gegenwart und der Vergangenheit ans Licht und erst am Ende wird erklärt, wie dies alles zusammenhängt. Doch trotz der vielseitigen Vorkommnisse wirkt der Film nie überladen und auch die Auflösung macht fast komplett Sinn. Lediglich die Erklärung, wie das übernatürliche Element (Stichwort: Zikaden) in die ganze Sache passt, bleibt der Film einem schuldig, auch wenn es immerhin angedeutet wird.
Ansonsten ist die Stimmung recht düster, auch wenn die Optik teilweise übertrieben trist daherkommt. Die Vermischung vieler bekannter Horrorelemente (die Kleinstadt mit dem düsteren Geheimnis, die Moorleichen, Besessenheit usw.) formt hierbei etwas interessantes Neues, weshalb der Film auch ziemlich spannend ist. Die Subplots (Michaels Love Interest, die Beziehung Michaels zu seinen Eltern usw.) sind ganz ordentlich erzählt, auch wenn ihnen im Vergleich zum Haupthandlungsstrang doch irgendwie der Pep fehlt. Doch der Film ist recht spannend erzählt und vermeidet auch Längen, weshalb man über die Story an sich kaum motzen kann.
Auch die Freunde der derberen Gangart werden in „Das Engelsgesicht“ bedient: Es gibt einige Mordszenen, die wirklich ziemlich spannend gemacht sind (z.B. die in der Leichenhalle). Die Härte ist nicht übertrieben, aber die Goreeffekte sind stellenweise doch recht derbe. Ansonsten gibt es noch eine Verwandlung gegen Ende zu sehen, wobei das Verwandeln an sich noch gut gemacht ist, das Ergebnis hingegen recht billig aussieht. So ist das Finale auch leider der schwächste Teil, denn das Duell gegen das Böse ist nicht nur von den Effekten her schwach, auch Spannung und Action kommen hier zu kurz. Denn der Kampf ist weder besonders spektakulär noch passiert irgendetwas Unvorgesehenes, was den positiven Gesamteindruck leider trübt.
Ronny Cox ist sicherlich das bekannteste Gesicht in der Truppe und spielt auch ziemlich gut. Der Rest der Darstellerriege überzeugt ebenfalls, was bei 80er Jahre Horror ja eher die Ausnahme als die Regel ist. Aber selbst Cox muss sich von dem jungen Paul Clemens an die Wand spielen lassen, der seine Figur und vor allem deren unheimliche Seiten wirklich super rüberbringt.
Unterm Strich ist „Das Engelsgesicht“ ein spannender Horrorfilm mit einer überraschend guten Story, die aus bekannten Motiven Neues formt. Leider verhindern die triste Optik und der schwache Showdown, dass der Film mehr als „nur“ gut ist.