Review enthält Spoiler
Tim Ritter gehört zu jenen Regisseuren, die ihre Werke anscheinend gern im Heimvideo – Stil drehen. Leider ist dies die denkbar ungünstigste Technik, einen wirklich eindrucksvollen Film zu schaffen und ist meist den Attributen „Spannung“ oder „Atmosphäre“ eher hinderlich. Dieses Problem zieht sich nicht nur durch „Creep“, sondern auch durch weitere Machwerke des Regisseurs wie „Killing Spree“ oder „Wicked Games“. Womit man zu dem Schluss kommt, dass „Creep“ ein Amateurfilm ist. Und somit sollte, wie oft gefordert, die Bewertung nicht zu hart ausfallen, da hier ja mit wenig Mitteln viel erreicht werden will. Leider schaffte Tim Ritter dies, in seinem von mir teilweise verfolgtem Schaffen, nie wirklich. Meist sind seine Filme überambitionierte Sickos, die an den für solche Filme weit verbreiteten Krankheiten wie mittelschlechten Darstellern und vor allem im Falle Tim Ritter, an meist miesen Effekten und Masken leiden. So beschränkt sich das Gezeigte meist auf Vorher / Nachher Szenen, in denen wir mit Kunstblut besudelte Körper sehen dürfen. Hier haben deutsche Amateurproduktionen, die auch noch einige Jahre früher an den Start gingen, eindeutig die Nase vorn. Erinnert sei hier vor allem an „Black Past“ oder den zweiten „Violent Shit“ – Film erinnert. Natürlich ist dieser Vergleich nicht allgemein gültig.
„Creep“ leidet durch die Videotechnik unter einer wirklich schrecklichen Pornooptik, welche durch die, vor allem in dem Nebenrollen agierenden Laiendarsteller, noch zusätzliche Unterstützung erhält. Entweder wird überagiert, oder völlig teilnahmslos und unambitioniert am Geschehen teilgenommen. Das macht wenig Spaß beim zuschauen. Zumal so manche Länge zu überbrücken ist. Denn Tim Ritter versuchte hier in den Film eine Menge Geschichte hinein zu stopfen, die es gilt zu erzählen.
Angus Lynch ist ein ziemlich irrer Killer, der aus dem Knast flieht. Schon auf seiner Flucht geht es recht blutig, aber simpel zur Sache. Unterschlupf findet er nach seiner Flucht bei seiner Schwester Kascha, die nicht weniger irreversibel abnorm veranlagt ist. Und so kann das fröhliche Gemetzel beginnen. In die nicht immer leicht zu durchschauende Story, obwohl sie an sich auch sehr simple ist, nur werden die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Charakteren nicht immer klar herausgearbeitet, wird noch die Polizistin Jackie und ihr Vater David Ketchum eingebracht. Beide sind Polizisten. Jackie schmeißt aber ihren Job und erwischt ihren Freund mit einer anderen Frau beim Liebesspiel. Kurz darauf wird sie auch noch beim Joggen fast vergewaltigt. Wie sich John Peel zu diesem Gastauftritt hinreißen lassen konnte, ist mir allerdings ein Rätsel. Aber schließlich war er auch für den Tonmix des Films zuständig.
Am Ende des Films treffen sich aber die Wege von Angus, Jackie und David. Der Zusammenhang wollte mir aber trotzdem nicht so recht einleuchten. Zwar ist David auf der Spur von Angus, aber beide scheinen gute Freunde zu sein. Jedenfalls bietet David Angus seine Tochter an, nachdem er selber jene fast missbraucht hätte. Ja, Inzest ist ein Thema in diesem Film. Hier wird zwar nur angedeutet, aber das nicht zu knapp. So vollziehen Angus und seine Schwester Kascha auf einem Friedhof den Akt der familiären Nächstenliebe. Dies tun sie aber nicht nur so, sondern im Grab ihrer Mutter, welche sie soeben ausgegraben haben. Mama darf also zuschauen. In dieser Szene wollte Tim Ritter sicher Alfred Hitchcock und seinem Film „Psycho“ ein Denkmal setzen. Denn Angus spricht ebenfalls die Rolle der toten Mutter wie es Norman Bates einst tat. Leider geht dies nach hinten los. Die Nebelmaschine macht dem Treiben einen peinlichen Strich durch die leicht nekrophile Rechnung auf einem Friedhof, welchen man auch sofort als schlecht gestallte Kulisse enttarnen kann.
Kascha ist übrigens die Frau mit den hässlichsten Silikonbrüsten, die ich je in einem Film sah. Man muss es wirklich selber gesehen haben. Das sind keine Brüste mehr, dass sind Silikonsilos, weit entfernt von jeglicher Schönheit. Und so sind dann auch die Szenen mit Kascha meist von übermäßiger Peinlichkeit gezeichnet, da sie kaum mehr Talent als ihre Plastikbrüste besitzt.
Aber nicht nur in der Friedhofsszene wollte Tim Ritter seinen übergroßen Vorbildern Tribut zollen. So gibt es auch eine „Schraubenzieher ins Ohr“ – Szene, welche aber wie alle anderen FX auch, unter der Schlichtheit der Umsetzung leidet. So gibt es noch eine weitere Sequenz, in welcher einem Mann der Kopf mit einem Schweißgerät entstellt wird. Auch dies sieht sehr einfach aus und hinterlässt außer einem fiesen Grinsen angesichts des leicht durchschaubaren Effekts, keinen bleibenden Eindruck.
Das Ende des Films kommt dann sehr schnell. Jackie nimmt gar schreckliche Rache an Angus und gibt den Film damit vollends der Lächerlichkeit preis.
Und auch wenn ich jetzt hier eine Menge Handlung des Filmes preisgegeben habe - es warten trotzdem noch einige Überraschungen auf den Zuschauer, die hier nicht erwähnt wurden.
Aber, ich wollte doch gar nicht so hart mit dem Film ins Gericht ziehen! Also schauen wir mal, was auf der Haben - Seite bleibt.
Die Kameraführung ist meist gelungen. Zwar verhindert die Videotechnik ausgefeilte Ansichten, aber Tim Ritter hat das was ging, aus der Technik rausgeholt. Auch die Bildqualität an sich stimmt. Das Bild ist scharf und klar, natürlich immer mit dem Verweis darauf, dass hier mit Homevideo gedreht wurde. Man erinnere sich nur an die schrecklichen VHS-Videotapes von solchen Filmen wie „Black Past“ oder „Violent Shit“. So etwas bleibt dem Betrachter hier erspart.
Einige brauchbare bis gute Schauspieler sollten nicht unerwähnt bleiben. Tom Karr als David Ketchum und Joel Wynkoop als Angus, sind durchaus positiv zu erwähnen. Wobei Wynkoop anscheinend je nach Tagesform agiert, hat er doch auch einige völlig verpatzte Auftritte zu verzeichnen. Auch Patricia Paul in der Rolle der Jackie weiß zu gefallen und agiert von allen noch am überzeugendsten. Alle anderen Akteure siedeln sich im unteren Mittelfeld an.
Für alle, die vielleicht mal gehört haben, dass Tim Ritter besonders blutige Splatterfilme drehen würde, sei hier eine Warnung ausgesprochen. Auf einer Skala von 1- 10 würde ich dem Film maximal 5 Punkte geben. Weder die gezeigte Gewalt, noch die eventuell dazugehörigen Splattereffekte sind besonders ekelig, brutal oder blutig.
Am Ende bleibt ein stellenweise wirklich kranker Film von einem Regisseur, welcher zwar ambitioniert zu Werk geht, dem aber die zur Verfügung stehende Technik immer wieder ein Bein stellt. Denn in seiner Gesamtheit ist „Creep“ für den Freund des Amateurfilm im Bereich Horror und Splatter mit Hang zu solchen Widerwärtigkeiten wie „Man – Eater“ oder „Maniac“ sicher eine Bereicherung. Für alle anderen gilt: Finger weg, dass hier ist ein Film für Freaks von Freaks. Und das muss ja nichts schlechtes heißen.