Stanley Kubricks schönster und bester Film. Und das nicht nur, weil er herausragend fotografiert wurde.
Kubrick, der ja größtenteils Literatur verfilmte, widmet sich hier einem Roman von William Makepeace Thackerey, dem Autoren von "Vanity Fair". Der Roman heißt im Original "The Luck of Barry Lyndon", was schon das Grundthema beschreibt: Barry Lyndon hat Glück, auch wenn er es manchmal erzwingt.
Redmond Barry steigt innerhalb der starren gesellschaftlichen Verhältnisse im Großbritannien des 18. Jahrhunderts vom armen irischen Gentleman zum Adligen auf. Ein fast kometenhafter Aufstieg. Dabei schiebt Barry moralische Bedenken zumeist beherzt beiseite und bleibt zeit seines Lebens ein Opportunist, der seinen eigenen Vorteil sucht. Wirkt er zu Beginn des Films noch sympathisch, so verliert er bald jeden sympathischen Charakterzug. Den Höhepunkt dieser Entwicklung bildet das Duell gegen seinen Stiefsohn, in dessen Person Barry alles das erkennt, was er selbst gerne gewesen wäre. Genau deshalb sind beide Charaktere unvereinbar. Dieses Duell vernichtet aber Barrys gesellschaftliche Stellung und er muß den Rest seines Lebens von einer kleinen Rente leben: Sein ganzer Aufstieg war umsonst, sein Glück hat ihn getrogen. Dabei ist es bezeichnend, daß sein Anfang und sein Ende mit einem Duell zusammenhängen (Der Film beginnt mit einem Duell, bei dem Barrys Vater stirbt).
Kubricks Grundthemen sind Moral und Kampf. Der Kampf des Individuums um Ansehen und Stellung. Die Moral bleibt dabei auf der Strecke und holt doch am Ende den Protagonisten wieder ein. Oder anders gesagt: Barrys Leben war sinnlos, gerade weil er seinem Leben aus dem Nichts einen überragenden Sinn geben wollte.
Über die technischen Besonderheiten des Films ist viel geschrieben worden. Daß Kubrick die Kunst der Epoche visuell wiedergeben wollte, ist bekannt. Die Bildkompositionen sind dabei in der Filmgeschichte einzigartig. Streckenweise sind sie den zeitgenössischen Künstlern des 18. Jhds. (z.B. Hogarth) direkt nachempfunden. Das ist der besondere ästhetische Wert des Films. Begleitet wird dies kongenial durch den Einsatz der ebenfalls zeitgenössischen Musik (auch ein Markenzeichen Kubricks). Die Detailgenauigkeit, auch in den Schlachtenszenen des Siebenjährigen Krieges, ist beeindruckend. Lediglich Hardy Krüger spielt etwas deplaziert, als hätte er nie richtig begriffen, was der Regisseur eigentlich von ihm wollte. Das kann aber den Gesamteindruck nicht trüben. "Barry Lyndon" ist ein 10 Punkte-Film.