Review

Angesichts der Tatsache, dass es sich bei dieser Adaption um eine Fernsehproduktion handelt, sollte man die Erwartungshaltung entsprechend anpassen. Wer ein überproduziertes und überinszeniertes Spektakel á la Coppolas "Bram Stoker's Dracula" erwartet, wird sicherlich enttäuscht werden. Bei Bill Eagles Produktion für BBC Wales werden (nicht zuletzt wohl aus budgetbedingten Gründen) wesentlich kleinere Hostien gebacken. Dennoch entbehrt das Ergebnis nicht einem gewissen Charme.

Den Ereignissen des weltberühmten Romans folgt der Film im Grunde nur dem groben Ablauf nach. Tatsächlich wurden ganze Handlungsstränge und Figuren der Literaturvorlage gestrichen, dafür aber einige neue Facetten eingebracht. Am besten man betrachtet diesen Streifen nicht als Versuch einer genuinen Verfilmung des Romans, sondern vielmehr als ein eigenständiges Werk.

Positiv zu erwähnen sind Details, welche die traditionelle Vampirlegende betreffen. Demnach kann ein Vampir etwa nur dahin gehen, wohin er zuvor freiwillig eingeladen wurde. Im Film geschieht dies auf die Bitte eines mysteriösen Kultes, an den sich ein verzweifelter Arthur Holmwood wendet, weil dieser sich durch eben jenen Blutkult die Heilung seiner vererbten Syphillis erhofft. Seine Krankheit hindert ihn nämlich daran, die Ehe mit seiner geliebten Lucy körperlich zu vollziehen. Leider ist dem guten Arthur dabei die Tragweite seiner Handlung nicht bewußt...

Der Film überzeugt vor allen Dingen durch eine schöne, düstere Atmosphäre und sehr stimmungsvolle Locations. Hier sind insbesondere Draculas Schloss zu erwähnen und der Friedhof auf der Klippe mit Blick aufs Meer. Leider mangelt es der Inszenierung insgesamt aber deutlich an Spannung und schließlich auch an Tiefgang, insbesondere was das eigentliche Potential der neuen Handlungselemente angeht und welches nicht annähernd ausgeschöpft wurde. Ein weiterer erheblicher Kritikpunkt ist die ausdrucksschwache Darstellung des Vampirgrafen. Marc Warren hat leider nicht den Hauch der Ausstrahlung, welcher dieser mythischen Figur gerecht würde. Das liegt nicht einmal zwangsläufig an mangelnder Schauspielfähigkeit, sondern an dem wenig beeindruckenden Gesamtbild, welches für den Grafen entworfen wurde. Im übrigen wirkt die Gewichtung der Protagonisten seltsam verschoben. Mina und Jonathan treten quasi nur als notwendige Teilnehmer bei der ganzen Geschichte auf, während Arthur und Lucy die eigentlichen Hauptfiguren darstellen.

Nach dem Anschauen bleibt schließlich gar der Eindruck, man habe lediglich einen Pilotfilm für eine Serie gesehen, deren weiterführende Folgen jedoch bis dato auf sich warten lassen. Zum einen mag das mit der unbefriedigenden inhaltlichen Ausarbeitung zusammenhängen, zum anderen deuten bestimmte Aspekte auf eine mögliche Fortsetzung hin. Diesbezüglich ist insbesondere das Schicksal der beiden eigentlichen Gegenspieler zu nennen, welches letztendlich offen bleibt. Im Falle von Jonathan Harker vermeidet der Film gänzlich eine definitive Aussage zu dessen Schicksal. Gewissheit erhält der Zuschauer ebensowenig wie Mina. Wenn man diese Tatsache noch als eine ungewollte Nachlässigkeit im Drehbuch ausmachen könnte, so bleibt an der beabsichtigten Aussage der finalen Szene, welche die Existenz des Vampirs betrifft, kein Zweifel.

Fazit: Der Film bemüht sich erkennbar um eine Gratwanderung zwischen Tradition und Originalität. Dabei bleibt er insgesamt leider etwas unter den vorhandenen Möglichkeiten zurück. Wer ein weitgehend unblutiges Horrordrama auf TV-Niveau zu schätzen weiß, darf ebenso einen Blick riskieren, wie eingefleischte Liebhaber des Vampirismus im Film. Wer dagegen auf drastische, explizite Darstellungen, innovative Special Effects oder eine bombastische Kinoproduktion hofft, der ist hier ziemlich sicher falsch. 6 / 10 Punkten.

Details
Ähnliche Filme